CyberCrime
Filmproduktion erfordert häufig einen ähnlich hohen Einsatz von Mitteln wie die Entwicklung komplexer Software. Während die Produktionskosten in die Höhe gingen, schmälert ein neu entstandenes, weltweites Netzwerk von DVD -Herstellern, die häufig mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung standen, die Filmeinnahmen. Das gilt insbesondere während einer Rezession. Wenn man die Wahl hat, 15 Dollar für eine Kinokarte auszugeben oder den Film zwei Monate vor dem Kinostart auf einer technisch einwandfreien DVD für einen Dollar zu erwerben, ist die zweite Möglichkeit nahezu unwiderstehlich.
Ganz ähnlich ergeht es möglicherweise auch einem Unternehmen, das in einer stark von Konkurrenz geprägten Branche tätig ist und beispielsweise mit einem Produkt von Autodesk arbeiten muss. Die erforderliche Software und die Lizenzen, beim Hersteller gekauft, schlagen dann vielleicht mit 20.000 Dollar zu Buche, kauft man sie dagegen über eBay bei dem Burschen aus der Ukraine, belaufen sich die Kosten nur auf 800 Dollar. Seien wir ehrlich: Es mag illegal sein, aber es ist verlockend.
Seit den 1970er Jahren, als Software erstmals kommerziell erhältlich war, bemühen sich die Hersteller vergeblich um die Entwicklung einer Kopierschutztechnik (das Gleiche versuchte man auch mit CDs und DVD s). Keine derartige Technik hatte mehr als ein paar Jahre Bestand, dann wurde sie von einem der vielen zehntausend Hacker und Cracker auf der ganzen Welt geknackt. Das Ganze war in den letzten dreißig Jahren eine der weltfremdesten Branchen der Hightech-Industrie.
Eine besonders wichtige Rolle beim Knacken der Sicherheitsmechanismen, mit denen Software ausgestattet wurde, spielten Cracker aus Osteuropa. In den 1980er Jahren, vor dem Zerfall des Kommunismus, hatte die Sowjetunion sich in ihrem Handelsblock COMECON – insbesondere in Bulgarien und der DDR – eine Reihe von Verbündeten gesucht, um einen Personal Computer zu entwickeln und eine Softwareindustrie aufzubauen. Die kommunistischen Computer hatten die charakteristischen Eigenschaften aller Konsumprodukte aus dem Ostblock: Sie waren hässlich und ständig defekt. Dies stellte die heranwachsenden Computertechniker der Region vor derart schwierige Aufgaben, dass sie, was die Überwindung von Pannen und Fehlern anging, einen besonderen Erfindungsreichtum entwickelten.
Außerdem konnten die Softwarefabriken, die man in den 1980er Jahren in Osteuropa aufgebaut hatte, in den 1990er Jahren und nach dem Fall der Berliner Mauer nicht mehr mit denen im Silicon Valley mithalten – Geld, das man in Forschung oder Ausstattung hätte investieren können, war nicht vorhanden. Die mächtigen neuen Syndikate des organisierten Verbrechens jedoch, die in der Wirtschaft der früheren kommunistischen Staaten so großen Einfluss hatten, erkannten in den Fabriken eine günstige Gelegenheit. Zuerst erwarben sie die Firmen (meist nicht legal, sondern auf fragwürdigen Wegen), und dann stellten sie die begabten Ingenieure ein, die nun in großindustriellem Maßstab gefälschte Software produzierten. Das Tempo gaben Bulgarien, die Ukraine und Russland vor, die Rumänen lagen dicht dahinter.
Als man bei Autodesk merkte, dass ein einzelner eBay-Verkäufer eine gefälschte Version des firmeneigenen Produkts in beträchtlichen Stückzahlen von der Ukraine in die Vereinigten Staaten lieferte, fühlte man sich natürlich veranlasst, etwas dagegen zu unternehmen. Nach einigem Zögern wurde das FBI eingeschaltet, und das wiederum alarmierte das Büro des US -Generalstaatsanwalts im kalifornischen San Jose. Und da eBay in den Betrug verwickelt war, setzte die Generalstaatsanwaltschaft einen ganz bestimmten Ermittler darauf an: Greg Crabb vom US Postal Inspection Service ( USPIS ), der seinen Dienstsitz zu jener Zeit in San Francisco hatte.
In den Vereinigten Staaten gibt es drei große Behörden, die für sich die Zuständigkeit bei Fällen von Cyberkriminalität beanspruchen: das FBI , dessen Aufgabe die Verbrechensbekämpfung ist, der Secret Service, zu dessen Aufgabenbereich der Schutz der US -Währung und die Bekämpfung von Kreditkartenbetrug gehören, sowie der USPIS , der die Aufgabe hat, alle illegalen Vorgänge im Zusammenhang mit dem staatlichen Postdienst zu überwachen. Letzterer musste sich vor allem deshalb mit Cyberkriminalität befassen, weil Betrügereien, die über eBay oder ähnliche Einrichtungen ablaufen, häufig den Postversand von Waren beinhalten, die entweder illegal oder im
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