CyberCrime
nach Süden nimmt, gehören Sun Microsystems, Yahoo! und McAffee. Je mehr Unternehmen man aufsucht, um über Sicherheitsfragen zu sprechen, desto mehr ehemalige Beamte lernt man kennen. Sie kommen aus dem FBI , dem Secret Service, der CIA , der Drogenbehörde DEA (Drug Enforcement Administration) und dem Sicherheitsdienst der US -Post (Postal Inspection Service). Eine ganze Armee ehemaliger Spione und verdeckter Ermittler ist aus der klinisch sauberen Umgebung Washingtons in die lebenslustige Atmosphäre im Silicon Valley abgewandert, angelockt von den gleichen großartigen Bedingungen, derentwegen auch die Filmindustrie nach Hollywood gegangen war.
Diese Abwanderung von staatlichen Behördenmitarbeitern in den privaten Sektor hat zur Folge, dass die Regierung deutlich im Nachteil ist. Das Finanzministerium investiert Geld in die Ausbildung von Cyber-Ermittlern, die dann, nachdem sie die Erfahrung einiger Jahre auf dem Buckel haben, in ein angenehmeres Klima wechseln. Dennoch ist die Investition nicht ganz und gar vergeblich, denn sie führt zur Festigung enger Verbindungen zwischen staatlichem und privatem Sektor. Google ist nicht nur ein Privatunternehmen, sondern in den Augen des Weißen Hauses auch ein nationaler strategischer Aktivposten. Die Botschaft aus Washington ist nicht misszuverstehen: Wer Google angreift, greift die Vereinigten Staaten an. Vor diesem Hintergrund wird die lebenswichtige Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor im Bereich der Internetsicherheit viel einfacher, wenn jemand wie Cory Louie nur zum Telefon zu greifen und mit seinen alten Kumpels beim Secret Service zu sprechen braucht, um sie beispielsweise über einen größeren Angriff auf Gmail in Kenntnis zu setzen.
Ich weiß es nicht, aber ich würde wetten, dass Corys Lebensstandard sich verbessert hat, seit er in den Westen umgezogen ist. Allerdings muss er auch äußerst hart dafür arbeiten. Google ist einer der beiden größten Datenspeicher in der Welt – der andere ist Facebook. Deshalb sind sie gewinnbringende Unternehmen (Werbekunden zahlen gern für die geheimen Erkenntnisse über persönliche Gewohnheiten, die durch die Daten zutage treten), und deshalb sind sie auch der Heilige Gral für Hacker, die im eigenen Interesse, für den Untergrund, für die Industrie und konkurrierende Staaten tätig werden.
Gegen Ende unseres Gesprächs erzählte mir Cory von einem Bekannten, einem Polizisten, der viel Zeit darauf verwendet hat, Freundschaft mit Hackern zu schließen. Er war dabei so erfolgreich, dass er schließlich die Verwaltung einer riesigen kriminellen Website übernahm. »Ich nehme an, er wird gern mit Ihnen sprechen«, sagte Cory. »Die Site, die er betrieben hat, hieß DarkMarket.« Es war das erste Mal, dass ich von der Website und dem FBI -Spezialagenten J. Keith Mularski hörte. Und es war der Beginn einer seltsamen Reise.
Nun ging ich daran, möglichst viele zentrale Gestalten aus der Geschichte von DarkMarket kennen zu lernen und zu befragen. Sie verteilten sich auf ein Dutzend Staaten – Diebe, Polizisten, Doppelagenten, Anwälte, Hacker, Cracker und eher banale Verbrecher. Ebenso wälzte ich einen großen Berg von Gerichtsunterlagen, die mit DarkMarket und den beteiligten Personen zu tun hatten. Frühere und heutige Cyberkriminelle und Polizisten lieferten mir zusätzliche Papiere und Informationen. Zu einem vollständigen Archiv der Website selbst erhielt ich nie Zugang, aber es gelang mir, bedeutende Teile davon zu durchsuchen. Der Agent Mularski verfügt über ein nahezu vollständiges Archiv von DarkMarket und ist unter den beteiligten Personen, die ich kennenlernte, der Einzige, der einen vollständigen dokumentarischen Überblick hat.
Von dem schwer fassbaren Archiv einmal abgesehen, waren auch manche anderen dokumentarischen Indizien zwar nützlich, aber auch ungenau. Dies gilt insbesondere für Material, das Ermittler in vielen Prozessen präsentierten. Nach meiner Einschätzung waren die Ungenauigkeiten keine Folge von Nachlässigkeit oder Rachsucht, und sie unterliefen den Betreffenden auch nicht absichtlich. In ihnen spiegelt sich vielmehr die stark technisch geprägte und oftmals verwirrende Natur der Indizien in Prozessen um Cyberkriminalität wider. Wie alle anderen Menschen, so kommen auch Richter und Staatsanwälte nur schwer mit dieser eigenartigen Kultur zurecht, wenn sie es zum ersten Mal mit Internet-Verbrechen zu tun bekommen.
Das Kernstück meiner Geschichte machen also
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