Cyclop
der Wind uns keinen Strich durch die Rechnung macht, ist es vielleicht drin. Aber falls sie auch nur ein paar Böen zuviel bekommen, sind sie erledigt.«
Im Cockpit der
Gettysburg
hatte niemand Angst. Es gab einfach keine Zeit dafür. Jürgens verfolgte jeden Meter des Landeanflugs genau auf den Monitoren. Wie ein Klavierspieler bog er immer wieder seine Finger, aufgeregt darauf wartend, für die letzten Meilen wieder selbst die Steuerung zu übernehmen.
»Wir haben Begleitung«, verkündete Burkhart.
Zum ersten Mal sah Jürgens wieder von den Instrumenten auf und aus dem Fenster. Er sah den F 15-Jäger in zweihundert Metern Entfernung. Während sie das Flugzeug beobachteten, schaltete der Pilot die Navigationslichter ein und winkte mit den Flügeln. Zwei andere Flugzeuge folgten in einiger Entfernung. Jürgens schaltete den Funk auf eine Militärfrequenz.
»Wo kommt ihr denn her?«
»Wir kamen gerade in der Nachbarschaft vorbei und überlegten fieberhaft, wen wir Vor uns haben«, antwortete Hollyman. »Können wir irgend etwas für euch tun? Ende.«
»Haben Sie ein Abschleppseil? Ende.«
»Leider gerade keines dabei.«
»Danke, daß ihr uns nicht allein laßt, Ende.« Jürgens fühlte sich ein wenig besser, denn selbst wenn sie vor Key West im Wasser herunterkamen, gab es jetzt wenigstens jemanden, der ihre Position sofort durchgeben konnte. Burkhart begann ihm die Geschwindigkeit und die Höhe durchzugeben, während Jürgens sich jetzt ganz auf die Steuerung konzentrierte. Er schaltete den Autopiloten ab.
»Gettysburg,
Sie sind dreihundert Fuß zu tief«, gab Foley durch. »Aber wenn Sie jetzt noch mal hochziehen, verlieren Sie die Kontrolle.«
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Landebahn größer wurde. Das Shuttle war nur noch vier Meilen vor ihr, aber es sah aus, als wären es hundert. Jürgens wußte plötzlich, daß er es schaffen würde. Er mußte es schaffen.
Das Shuttle fraß förmlich die letzten Höhenmeter seiner Gleitbahn. Jürgens zog es so weit hoch wie nur irgend möglich. Aber es hatte einfach keinen Schub, es war, als müsse er einen Papierflieger landen. Deutlich sah er jetzt die Küste und keine vierzig Meter dahinter den Beginn der erleuchteten Landebahn. Bis zur letzten möglichen Sekunde wartete er, dann betätigte er den Knopf für das Fahrwerk. Unter normalen Umständen hätte er achtzehnhundert Meter weiter aufgesetzt, aber Jürgens hielt den Atem an in der Hoffnung, daß sie überhaupt Asphalt unter ihre Räder bekamen.
Der Sandstreifen des Strandes fegte unter ihnen vorbei. Burkhart gab weiterhin ungerührt die Daten durch. »Geschwindigkeit 205. Fahrwerk auf 10 Fuß… 5 Fuß… 3 Fuß … 2 Fuß … i, 2, Kontakt!«
»Sie haben es geschafft!« brüllte Hollyman begeistert über Funk.
»Gettysburg
an Houston Control«, meldete Jürgens mit einem hörbaren Seufzer. »Wir haben auf der Landebahn aufgesetzt.«
»Großartig! Großartig!« schrie Foley.
»Gratulation, Dave«, setzte Mitchell hinzu. »Niemand hätte das besser machen können.«
Langsam rollte das Shuttle aus. Die Bodenberührung hatte keine zehn Meter hinter dem Beginn der Landebahn stattgefunden.
Burkhart sah zu Jürgens hinüber und sagte nichts, sondern hielt nur stumm den Daumen nach oben.
Jürgens lehnte sich zurück, spürte noch immer das Adrenalin in seinen Adern pulsen, freute sich über diesen Triumph gegen alle Wahrscheinlichkeiten. Zum ersten Mal wanderten seine Gedanken zurück zu den Ereignissen der letzten Stunden, und er fragte sich müde, wer wohl dieser Dirk Pitt gewesen war. Er schaltete die Bordverbindung ein.
»Mr. Steinmetz.«
»Ja, Kapitän?«
»Willkommen daheim auf der Erde. Wir sind zu Hause.«
59
Als Pitt in Velikows Arbeitszimmer zurückkehrte, knieten alle auf dem Boden um Raymond LeBaron, der flach ausgestreckt dalag. Jessie hielt seine Hand und murmelte unverständliche Worte. Gunn sah bei Pitts Ankunft auf und schüttelte den Kopf.
»Was ist passiert?« fragte Pitt teilnahmslos.
»Er war aufgesprungen, um dir zu helfen, und hat die Kugel erwischt, die dein Ohrläppchen mitgenommen hat«, erklärte Giordino.
Bevor er sich ebenfalls hinkniete, starrte Pitt einen Augenblick auf den tödlich getroffenen Millionär hinab. Auf der Brust hatte sich durch Hemd und Jackett ein großer dunkler Fleck ausgebreitet. In den Augen war noch Leben, und LeBarons Blick konzentrierte sich ganz auf Jessies Gesicht. Sein Atem war schnell und keuchend.
Pitt ging neben Jessie in die
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