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Cyclop

Cyclop

Titel: Cyclop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Nur bei der Uhr ihres Mannes wirkte sie merkwürdig unsicher. »Kann ich jetzt die Leiche meines Mannes sehen?« fragte sie dann.
    »Es gibt keine Möglichkeit, Sie davon abzubringen?« drängte Rooney noch einmal voller Mitgefühl.
    »Nein, ich muß darauf bestehen.«
    »Sie tun besser, was Mrs. LeBaron von Ihnen erwartet«, meldete sich der -Anwalt zu Wort, auf dessen Vorstellung Rooney bisher noch immer vergeblich gewartet hatte.
    Rooney warf Sweat einen Blick zu und hob dann resigniert die Hände. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen. Der Tote wird im Kühlraum aufbewahrt.«
    Gehorsam ließen sich alle von dem Arzt zu einer dicken Tür mit einem kleinen Fenster führen, die von einem schweren Hebel gesichert wurde. Als sie aufschwang, wehte eisige Luft über die Schwelle. Jessie schüttelte sich, während Rooney sie zu sich winkte. Ein Helfer im blauen Kittel erschien und öffnete eine der kleinen Türen an der Wand. Er zog einen Stahltisch daraus hervor und trat zur Seite.
    Rooney griff nach einem Zipfel des Tuches, das über die Leiche gebreitet war, und zögerte.
    Dies war das einzige an seinem Job, was er wirklich haßte. Die Reaktionen derjenigen, die sich den Tod ansehen mußten, ließen sich meist in vier Kategorien aufteilen. Die einen übergaben sich, die anderen fielen einfach in Ohnmacht. Eine dritte Kategorie wurde hysterisch. Aber es war der letzte Typ, der Rooney wirklich beunruhigte. Diese Menschen standen einfach da, wie zur Salzsäule erstarrt, und zeigten keinerlei Gefühle. Er hätte ein Monatsgehalt dafür gegeben, die Gedanken dieser Menschen zu erfahren.
    Er hob das Tuch.
    Der Anwalt warf einen Blick auf die Leiche darunter, gab ein pathetisches Stöhnen von sich und fiel dem Sheriff ohnmächtig in die Arme. Der Tod zeigte hier sein Gesicht auf wirklich grausame Weise.
    Rooney war von Jessies Reaktion erstaunt. Sie starrte das groteske Ding, das dort verwest auf dem Tisch lag, lange und scharf an. Dann holte sie tief Luft. Ihr Körper spannte sich. Sie hob den Blick, und dann sprach sie mit ruhiger, beherrschter Stimme.
    »Das ist nicht mein Mann!«
    »Sind Sie sicher?« fragte Rooney freundlich.
    »Schauen Sie doch selbst«, sagte sie mit fast monotoner Beharrlichkeit. »Der Haaransatz stimmt nicht. Auch die Gestalt des Skeletts. Raymond hatte ein dreieckiges Gesicht. Dieser hier hat ein rundliches.«
    »Die Verwesung verändert oft die Gesichtsformen«, erklärte Rooney.
    »Dann beachten Sie doch die Zähne.«
    Rooney sah genau hin. »Was ist denn mit ihnen?«
    »Sie haben Silberfüllungen.«
    »Da kann ich nicht folgen.«
    »Mein Mann hatte Goldfüllungen.«
    Darüber ließ sich nicht streiten, dachte Rooney. Ein Mann von Raymond LeBarons Reichtum würde sich kaum mit billigen Zahnplomben zufriedengeben.
    »Aber die anderen Sachen, die Kleidung, Sie haben das doch alles identifiziert.«
    »Es ist mir völlig egal, was ich gesagt habe!« schrie sie. »Dieses widerliche Ding dort ist nicht Raymond LeBaron.«
    Ihre Wut verblüffte Rooney. Einen Augenblick stand er erschüttert da, und er wußte nicht, was er sagen sollte, während Jessie aus der Kühlkammer stürmte. Der Sheriff reichte den ohnmächtigen Anwalt an den Mann im blauen Kittel weiter und kratzte sich den Kopf. »Was, zum Teufel, sollen wir denn nun davon halten?«
    Rooney zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »Vielleicht hat sie einfach nur einen Schock. Sie hat die Beherrschung verloren, als sie diesen verfaulten Kadaver sah. Du weißt ja besser als ich, daß manche Menschen den Tod von jemandem, der ihnen nahesteht, einfach nicht verkraften können. Sie weigern sich, ihn als Tatsache anzuerkennen.«
    »Ich glaube nicht, daß sie die Beherrschung verloren hat.«
    Sweat sah ihn scharf an. »Wie würdest du das denn nennen?«
    »Das war ein raffiniertes Schauspiel.«
    »Wie kommst du denn darauf? Meinst du, sie hat uns nur etwas vorgemacht?«
    »Schon mit der Uhr stimmte etwas nicht«, antwortete Rooney. »Das war keine teure Cartier-Uhr, wie sie eine Mrs. LeBaron ihrem Mann schenkt. Das war eine billige Imitation, irgendwo aus Taiwan oder Mexiko. So etwas trägt doch kein Millionär mit Stil wie LeBaron.
    Sie muß schon bei der Uhr etwas gemerkt haben, und dann hat sie sich auf das seelisch vorbereitet, was dann folgte.«
    »Willst du damit sagen, daß sie uns etwas vorgespielt hat und daß sie lügt, was die Identifizierung der Leiche angeht?«
    »Nein, das würde ich nicht sagen. Ich glaube nur, daß sie auf diese

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