Cyclop
Sowjets haben ihre eigenen ökonomischen Schwierigkeiten. Die Paranoia des Kremls hat das Militärbudget inzwischen in eine so astronomische Höhe ansteigen lassen, daß die Partei sich ihre eigene Armee kaum noch leisten kann. Der Lebensstandard der Bürger ist trotz aller Versprechungen wieder einmal dramatisch gesunken. Nichts funktioniert so, wie es im Fünfjahresplan steht – die Ölexporte, die Ernteergebnisse, die Industrieproduktion, alles geht in den Keller. Und was Kuba angeht, dürften die Russen an einem Punkt angekommen sein, wo sie endlich mehr sehen und weniger investieren wollen. Die Tage der billigen Millionen-Dollar-Hilfen, der kostenlosen Waffenlieferungen und billigen Kredite sind endgültig vorbei.«
Sandecker schüttelte den Kopf. »Aber wenn ich in Castros Schuhen stecken würde, hielte ich das für ein schlechtes Geschäft. Es gibt keinen Weg, den Kongreß dazu zu bewegen, Kuba zu subventionieren, und ohne Importe können die zwölf Millionen Kubaner doch gar nicht überleben.«
Der Präsident warf einen schnellen Blick auf seine Schreibtischuhr. »Ich habe nur ein paar Minuten. Aber Castros größte Angst sind eigentlich nicht die ökonomischen Katastrophen, es ist auch nicht die Konterrevolution. Was ihn wirklich beunruhigt, ist der ständig wachsende sowjetische Einfluß in allen Winkeln seiner Regierung und Partei. Die Burschen aus Moskau bohren sich überall tief in das kubanische Establishment und warten geduldig ab, bis sie wieder einen von Castros Leuten durch jemanden ersetzen können, der ihnen völlig hörig ist.
Irgendwann muß Castro aufgewacht sein, und dann hat er gesehen, daß ihm der Kreml sein eigenes Land unter dem Hintern wegstiehlt. Die russische Infiltration des Offizierskorps und der hohen Parteifunktionäre ist unglaublich weit fortgeschritten.«
»Das überrascht mich. Die Kubaner mögen doch die Russen eigentlich nicht sehr. Im Grunde vertragen sich die Lebensstile Kubas und Rußlands überhaupt nicht.«
»Sicher hat Kuba nie vorgehabt, ein Satellit des Kremls zu werden, aber seit der Revolution haben Tausende von kubanischen Studenten russische Universitäten besucht.«
»Castro wird noch immer vom kubanischen Volk verehrt«, meinte Sandecker. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Kubaner mit ansehen, wie er sich von Moskau völlig unterjochen läßt.«
Der Präsident nickte ernst. »Genau das ist der springende Punkt. Die wirkliche Gefahr liegt darin, daß die Russen die Castro-Brüder eliminieren und die Schuld dem CIA in die Schuhe schieben. Da wir ja selbst schon einmal einige dilettantische Versuche in dieser Richtung unternommen haben, würde so etwas durchaus glaubwürdig wirken.«
»Und der Kreml braucht nur hereinzuspazieren und sein eigenes Marionettenregime zu installieren.«
Der Präsident nickte wieder. »Und das bringt uns zum wirklichen Hintergrund eines amerikanisch-kubanischen Paktes. Castro will die Russen nicht so verschrecken, daß sie ihn gleich in die Luft jagen, bevor er etwas mit uns in die Wege leiten kann. Deshalb bemüht er sich um so geheime Kanäle bei seinen Verhandlungen. Unglücklicherweise hat er das Spiel eröffnet, aber seitdem keinen Zug mehr unternommen,
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Douglas Gates und ich haben keine einzige weitere Botschaft erhalten.«
»Sieht mir nach der alten Masche mit der Mohrrübe am Stock aus, die ständig Appetit machen soll.«
»So kommt es mir auch vor.«
»Und was haben nun die LeBarons mit dieser Sache zu tun?«
»Sie stolperten sozusagen hinein«, erklärte der Präsident in einem Anflug von Ironie. »Sie kennen doch die Geschichte. Raymond LeBaron suchte mit seinem alten Zeppelin nach einem Schatz. Aber in Wirklichkeit hatte er ein anderes Ziel, um das sich aber weder NUMA noch Sie selbst Gedanken machen müssen. Wie das Schicksal es wollte, befand Raul Castro sich gerade in der Nähe, als LeBaron von kubanischen Patrouillen aufgebracht wurde. Der Gedanke kam ihm, daß er hier einen Weg gefunden hatte, völlig unauffällig mit uns in Verbindung zu treten. Er benutzte den Zeppelin, um uns eine Botschaft zukommen zu lassen.«
»Den Rest kann ich mir denken«, sagte Sandecker. »Obwohl das ja eine recht unsichere Methode gewesen ist, einen Zeppelin über die Karibik treiben zu lassen. Warum keine Brieftauben?«
»Ein bißchen genauer hat man es schon vorbereitet«, meinte der Präsident grinsend. »Sie schickten einen Mann an Bord der Gondel mit der Botschaft rüber. Er wird den Zeppelin bis in die Nähe der
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