Cynster 07 - Nur mit deinen Kuessen
Andeutungen machen? Wie sieht dieses Ausbund an Tugend denn aus? Ist sie dunkel oder blond, groß oder klein oder was?«
Gyles öffnete die Tür und blickte über seine Schulter. »Du wirst sie in wenigen Minuten sehen.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Denk daran, ich habe dich darauf aufmerksam gemacht, dass ich aus Pflichtgefühl und nicht aus Liebe heirate.«
Devil sah ihn eindringlich an. »Ich hoffe, du weißt, was du tust. Ehen sind normalerweise auf Lebenszeit angelegt.«
»Dies war einer der Aspekte, der mich umgestimmt hat«, gab Gyles zu, als er in den Flur hinaustrat.
Die Kapelle lag im ältesten Teil des Schlosses. Die Gäste hatten bereits Platz genommen. Gyles ging in den Vorraum, wo Hector, der Bischof von Lewes und Cousin seines Vaters, gerade sein Messgewand anlegte.
»Ah, da bist du ja, mein Junge!«, begrüßte Hector ihn mit einem Lächeln.
Gyles stellte ihm Devil vor.
»Wir haben uns gestern Abend bereits kennen gelernt.« Hector erwiderte Devils Kopfnicken, dann hob er eine Hand, während er der Musik lauschte, die aus der Kapelle kam. »Ah-ha! Das ist unser Zeichen. Die Braut ist schon da, und wir müssen jetzt zu unseren Plätzen gehen. In Ordnung?«
Gyles winkte ihn durch und folgte ihm mit Devil. Hector ging langsamer, als er die Kapelle betrat. Gyles musste aufpassen, dass er ihm nicht in die Hacken trat. Er vernahm ein Rascheln, höfliches Flüstern, sah jedoch die Gäste nicht an. Hector führte sie zum Altar. Gyles wusste, dass er vor einer der Stufen stehen bleiben musste. Er hob den Kopf und straffte die Schultern. Devil stellte sich neben ihn, und Schulter an Schulter blickten sie auf den Altar.
Gyles fühlte absolut nichts.
Hector erklomm die Stufe, drehte sich majestätisch um und blickte auf die Gemeinde. Die Musik, die von Hectors Frau auf einem Spinett, das an einer Seite stand, gespielt wurde, verstummte, dann erklangen die ersten Akkorde eines Hochzeitsmarsches.
Gyles warf Hector einen Blick zu. Der Prälat hob den Kopf - der Ausdruck auf seinem engelhaften Gesicht war liebenswürdig wie eh und je - und blickte den Gang entlang.
Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er riss die Augen auf, und seine Wangen liefen rot an. »Du meine Güte!«, murmelte er.
Gyles erstarrte. Was um Gottes willen hatte seine unterwürfige, sanftmütige Braut gemacht?
Röcke raschelten, als die Damen ihren Hals verrenkten, um etwas sehen zu können. Die gespannte Stille wurde durch aufgeregtes Flüstern unterbrochen. Die Anwesenden zogen hörbar die Luft ein. Gyles bemerkte, wie Devil erstarrte und dagegen anzukämpfen versuchte, dann wandte Devil den Kopf und verstummte.
Sicher hatte Charles dafür gesorgt, dass das Mädchen zur Hochzeit nichts Ausgefallenes tragen würde. Gyles wollte endlich wissen, was jeder in der Kapelle bereits wusste. Mit zusammengepressten Lippen drehte er sich um …
Er ließ den Blick über die vordere Kirchenbank auf der anderen Seite des Ganges schweifen, die für die Familie der Braut reserviert worden war. Dort saß eine knochige Frau mittleren Alters mit einem verklärten Ausdruck auf dem lächelnden Gesicht und beobachtete, wie die Braut näher kam. Neben ihr saß …
Seine unterwürfige, sanftmütige Braut. Ihre hellblauen Augen waren noch größer, als er sie in Erinnerung hatte, ihr Mund war weit geöffnet; sie starrte ihm direkt ins Gesicht, als hätte sie einen Geist gesehen.
Gyles konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen.
Er konnte nicht atmen, sein Kopf drehte sich.
Wenn sie dort saß, wer war dann …
Langsam dämmerte es ihm.
Langsam und steif drehte er sich um, und seine Augen bestätigten, was sein geplagter Geist hinausschrie.
Selbst als er sie sah, konnte er es nicht glauben.
Sein Herz stand still.
Ihr Anblick ließ starke Männer schwach werden. Ein Schleier aus feiner Spitze, gesäumt mit kleinen Perlen, war auf ihrem Kopf befestigt, der ihr üppiges rabenschwarzes Haar - ein schöner Kontrast zu dem elfenbeinfarbenen Schleier - verdeckte, aber nicht verbarg. Unter dem Schleier leuchteten ihre lebhaften smaragdgrünen Augen. Von dort, wo er stand, sah er, dass der Rand des Schleiers ihre Lippen verbarg; er erinnerte sich daran, dass sie sehr üppig waren.
Sie trug ein altmodisches elfenbeinfarbenes Kleid aus steifem Seidenstoff, das über und über mit Perlen bestickt war. Der tiefe, viereckige Ausschnitt bildete den perfekten Rahmen, um ihre beeindruckenden Brüste hervorzuheben. Durch den Goldton ihrer Haut,
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