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Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Titel: Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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persönlich. Würde er in einer Gemeinschaftspraxis arbeiten, hätte vielleicht auch einer seiner Kollegen uns die Tür geöffnet.
    Sie suchen den Empfangstresen und die Sprechstundenhilfe? Nein, so etwas gibt es hier nicht. Ich kenne zumindest keinen Kollegen, der eine Sprechstundenhilfe hat. Sie würde sich auch zu Tode langweilen. Einmal in der Stunde einem Patienten die Tür aufmachen und sich ansonsten die Nägel feilen? Das ist doch kein Leben. Auch den Rest schaffen wir allein. Abrechnungen sind durch moderne Praxisprogramme so einfach geworden, dass fast ein einziger Klick genügt, und was sonst noch an Schreibkram anfällt, kann uns keiner abnehmen. Im Gegenteil, die meisten Arbeiten dürfen wir gar nicht delegieren. Also, keine Sprechstundenhilfe.
    Das Wartezimmer ist eher klein. Manche Psychotherapeuten haben lediglich eine Wartezone mit ein paar Stühlen. Dass wir hier keine anderen Patienten vorfinden, bedeutet nicht, dass wir einen Therapeuten erwischt haben, der so schlecht ist, dass niemand zu ihm kommt. Es liegt vielmehr daran, dass es in der Regel einfach keine Wartezeiten gibt. Der Patient, der um 15 Uhr einen Termin hat, kommt auch um 15 Uhr dran. Und wenn er klingelt, ist der 14-Uhr-Patient normalerweise schon wieder verschwunden.
    Die Aufenthaltsdauer im Wartezimmer ist also minimal, es sei denn, der Patient ist sicherheitshalber ein bisschen früher gekommen. Die meisten Therapeuten finden es allerdings wünschenswert, wenn er nicht sehr viel früher kommt. Weil es eben keine Sprechstundenhilfe gibt, die die Patienten hereinlässt, muss er sonst nämlich die laufende Stunde unterbrechen. Vor allem bei Minusgraden wird er aber Verständnis dafür haben, wenn der Patient nicht draußen vor der Tür ausharren möchte. Aber ein Patient, der seinen Therapeuten glücklich machen will, reißt ihn nicht jedes Mal aus der Arbeit mit seinem Vorgänger. Kurz vor dem Termin ist okay, zeitlich so bemessen, dass man seinen Mantel ausziehen und vielleicht noch einmal auf die Toilette gehen kann. Höchstens zehn Minuten vorher.
    Apropos Toilette. Die gibt es natürlich auch. Es muss keinem Patienten peinlich sein, wenn er vorher noch mal muss. Auch nicht, wenn er hinterher noch mal muss. Es gibt alle Varianten. Manche Patienten müssen nie, manche manchmal, manche immer, manche vorher und nachher.
    Falls Sie sich wundern, dass ich mich diesem Thema mit einer solchen Inbrunst widme: Gerade weil die meisten Menschen so viel weniger über Psychotherapie wissen, als Sie das jetzt schon tun, trauen sie sich erst mal nicht, sie selbst zu sein, sondern glauben, sie müssten »normal« sein. Besonders beim Psychotherapeuten. Denn der ist doch der Fachmann in Sachen Normalität, oder? Das geht bis hin zu dem Punkt, dass Patienten glauben, sie würden sich etwas vergeben, wenn sie häufiger aufs Therapeutentöpfchen müssen als der statistische Durchschnitt. Wer weiß, was der daraus für Schlüsse zieht!
    Ich erwähnte bereits, dass wir Psychotherapeuten nichts dagegen haben, dass unsere Patienten Individuen sind. Jedenfalls ist es uns viel lieber, sie gehen vorher noch mal, als dass sie sich in der Sitzung nicht aufs Gespräch konzentrieren können, weil ihre Blase ihre volle Aufmerksamkeit fordert.
    Schleichen wir uns ins Behandlungszimmer, bevor der erste Patient auftaucht, und sehen uns dort um. In der Regel stehen dort Bücherregale, eventuell der Schreibtisch des Therapeuten. Ansonsten Sessel oder eine kleine Sitzgruppe. Beim Psychoanalytiker steht auch die berühmte Couch. Vielleicht auch beim Verhaltenstherapeuten, der Patienten, die unter Ängsten leiden, Entspannungsübungen anbietet. Über diese unterschiedlichen therapeutischen Richtungen reden wir gleich noch.
    Ansonsten gibt es im Behandlungszimmer meist ein paar Bilder, vielleicht Teppiche, und das war’s dann. Irgendetwas zwischen Wohnzimmer und Arztpraxis, aber eher Richtung Wohnzimmer. Meist nichts Spektakuläres, eher Ikea als Top-designer. Psychotherapeuten und Hausärzte gehören bei den Ärzten zu den unteren Einkommensklassen. Je weniger Kontakt man als Arzt mit Patienten hat, desto höher klettert man auf der Einkommenspyramide. Radiologen verdienen mehr als viermal so viel wie wir. Wenn Sie das nicht schön finden, versuchen Sie, die Weltherrschaft an sich zu reißen und es zu ändern.
    Kein Grund, uns zu bemitleiden. Schließlich haben wir uns den Job ausgesucht.
    Häufig wird der Therapeut dem Patienten nicht direkt gegenübersitzen, schon

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