Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin
deren Liebesbedürfnis ein Leben lang nicht gestillt wurde, endlich jemanden hat, der sie lieb hat und der immer zu ihr gehört. Es soll, nachdem den Eltern die anderen Kinder bereits vom Jugendamt aufgrund von Vernachlässigung oder Misshandlung weggenommen wurden, beweisen, dass sie doch gute Eltern sind und dass seine Vorgänger einfach besonders schwierige Kinder waren. Es soll, nachdem die älteren Geschwister aus dem Haus sind, dafür sorgen, dass die Eltern im Alter nicht allein sind.
Zur Vordiplomsprüfung habe ich noch gelernt, dass in manchen Bergdörfern früher dem jüngsten Sohn von klein auf Wein gegeben wurde, damit der Hof später einmal einen schwachsinnigen Knecht hatte, der willig die einfachen Arbeiten übernahm, für die man niemand sonst hätte bezahlen können. Das waren andere, harte Zeiten, und es galten andere Maßstäbe. Heute sollten Kinder keine Funktionen übernehmen müssen. Sie sollten als ein Geschenk betrachtet werden.
So. Ich glaube, ich habe nun ziemlich viele der Fragen beantwortet, von denen ich nur annehmen kann, dass Sie sie gerne gestellt hätten. Einigen davon werden Sie im Folgenden noch einmal begegnen, und wir werden uns ausführlicher mit ihnen befassen.
Im nächsten Kapitel werden wir gemeinsam in eine psychotherapeutische Praxis gehen. Sie können sich dort ein wenig umschauen, und ich erzähle Ihnen, was in so einer Psychotherapie üblicherweise geschieht.
Wir können ja die Tür offen lassen, damit Sie jederzeit wieder rauskönnen.
Kapitel 2
Durchs therapeutische Schluesselloch
Kleiner Führer durch den Psychoschilderwald
Schön, dass Sie noch dabei sind! Jetzt wollen wir also gemeinsam in eine psychotherapeutische Praxis gehen. Ganz unverbindlich natürlich. Zunächst einmal sollten wir überlegen, wohin genau wir überhaupt wollen. Sie wissen ja bereits, wie schwer es ist, die ganzen Psychoberufe auseinanderzuhalten.
Also, was ist denn nun der Unterschied zwischen einem Psychologen, einem Psychotherapeuten und einem Psychiater? Machen Sie sich nichts daraus, wenn Sie das nicht wissen. Viele meiner Patienten kennen den Unterschied auch nicht. Ich habe es ihnen irgendwann erzählt, und sie haben auf Durchzug geschaltet, weil sie sich dachten: Interessiert mich nicht mehr, ich hab ja jemanden gefunden.
Bei der Beschreibung der verschiedenen Psychoklempner beschränke ich mich auf die, deren Leistungen von der Krankenkasse übernommen werden. Abitur gemacht und studiert haben sie alle. Und dann haben sie noch zusätzliche Ausbildungen absolviert.Im Einzelnen haben wir da:
Die Psychologen
Psychologen sind Leute, die Psychologie studiert haben. Sie können in vielen Bereichen arbeiten, beispielsweise in der Forschung oder in der Personalberatung. Oder beim TÜV, beim sogenannten Idiotentest, der natürlich eigentlich Medizinisch-Psychologische Untersuchung heißt.
Manche Psychologen machen nach dem Studium noch eine Weiterbildung zum Psychotherapeuten. Manche!
Psychologen nervt es, dass jeder glaubt, ein Psychologe sei automatisch Psychotherapeut, und dass sie ständig gefragt werden, warum das Kind der Nachbarin immer unter dem Tisch sitzt oder was man gegen Schlafstörungen tun kann.
Die Psychotherapeuten
Psychotherapeuten sind Psychologen, also Menschen, die Psychologie studiert haben. Oder es sind Mediziner, also Ärzte, die Medizin studiert haben. In beiden Fällen wurde nach dem Studium noch eine mehrjährige psychotherapeutische Zusatzausbildung absolviert. Psychotherapeuten arbeiten in Kliniken, in Beratungsstellen, in der Forschung, oder sie lassen sich mit einer eigenen Praxis nieder. Uns interessiert hier nur die letzte Sorte. Auf dem Praxisschild des Psychotherapeuten mit Kassenzulassung steht entweder:
Psychologischer Psychotherapeut
Das bedeutet, jemand hat Psychologie studiert und dann eine psychotherapeutische Zusatzausbildung gemacht. 62,65 Prozent aller kassenzugelassenen Psychotherapeuten gehören in diese Gruppe (Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, 2008).
Oder da steht:
Ärztlicher Psychotherapeut
Das bedeutet, jemand hat Medizin studiert und dann eine psychotherapeutische Zusatzausbildung gemacht. 23,34 Prozent aller Psychotherapeuten gehören zu dieser Gruppe.
Und zur Ergänzung, damit Sie sich beim Zusammenzählen nicht wundern: Die restlichen 14,01 Prozent sind Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Das heißt, sie behandeln nicht Erwachsene, sondern Patienten vom Kleinkindalter an. Die Arbeit mit Jugendlichen
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