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Da gewöhnze dich dran

Da gewöhnze dich dran

Titel: Da gewöhnze dich dran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Giese
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die Jacke. Vielleicht ist es auch die Müdigkeit, vielleicht ist es der Alkohol – oder beides zusammen.
    «Ich zeige dir gleich noch etwas», sagt Björn. Er gräbt seine Finger fester in meine Hand. Ich fände es schön, wenn er jetzt stehen bliebe und mich küsste.
    An der nächsten Kreuzung, an die wir gelangen, ist der Bahnhof. Doch er geht nicht zum Bahnhof, sondern zieht mich nach rechts, an ein Geländer. Wir stehen jetzt über der A 40 , Autos fahren unter uns hindurch, Scheinwerfer durchziehen die Nacht, rote und weiße. Ein blaues Schild weist den Weg zur Ausfahrt Huttrop. Rechts von uns türmen sich Hochhäuser auf, Evonik, RWE , ThyssenKrupp. Ihre Lichter glänzen in der Dunkelheit, die Farben, das Rot, das Weiß, das Blau. Wir sind mittendrin, doch plötzlich ist das Drumherum ganz fern. Auto um Auto fährt unter uns hindurch, hinein in einen Tunnel, monoton, die Motorengeräusche verschwinden unter unseren Füßen. Hinter uns setzen feiernde Menschen von Ampel zu Ampel über wie Fähren über einen Fluss. Sie gehen in Richtung Bahnhof, aber es ist egal, dass sie dort sind. Wir blicken hinunter auf die Autobahn, wo unter unseren Füßen die Autos abtauchen und im Schlund des Tunnels verschwinden. Ich komme mir vor wie eine Riesin und fühle fast, wie die Fahrzeuge unter meinen Füßen kitzeln. Die Brücke vibriert leicht. Ein Windhauch streichelt meinen Nacken.
    «Was sagst du?», fragt Björn, lässt meine Hand los, stellt sich hinter mich und umarmt mich von hinten. Mein Rücken lehnt vor seiner warmen Brust.
    «Schön», sage ich. Er küsst mich auf mein Haar. Dann lässt er mich los.
    «Ist das da oben deine Bahn?» Er deutet mit der Hand auf eine S-Bahn im Bahnhof.
    «Wenn das Gleis zwölf ist», sage ich, noch leicht benommen von seiner Nähe, den Lichtern, dem Essen, dem Wein und der Nacht.
    «Ist es.» Er fasst mich an den Schultern und dreht mich zu sich um. «Du musst heim. Mach’s gut, ja?» Er küsst mich auf die Lippen. Ich stehe da, meine Arme hängen herab.
    «Wir sehen uns.» Er wendet sich um.
    Ich bin erstarrt. Er kann doch jetzt nicht einfach gehen.
    Er dreht sich noch einmal zu mir. «Ganz bestimmt!», ruft er.
    Dann verschwindet er zwischen den Hochhäusern.

    «Ich hatte mal einen, den habe ich hinterher ‹Karl Kuhzunge› genannt», erzählt Lisa. Sie bewegt ihren linken Zeigefinger träge auf und ab. «Alta, hat der schlecht geküsst!»
    Es ist Samstag, wir sind in einer Sporthalle in Bochum, stehen in der Umkleide, haben soeben ein Turnier gespielt. Ich habe von meinem Erlebnis mit Björn erzählt, es ließ sich nicht verbergen. Schnecke hat sofort bemerkt, dass ich verliebt bin.
    «Und dann war da mal so ’n Holländer, auf ’nem Turnier im Emsland. Der hat mir zwei Whiskey-Cola ausgegeben und mir dann seine Zunge in den Hals gesteckt. Die lag da wie ein rohes Schnitzel. Ich war kurz vorm Ersticken.»
    «Das ist alles besser als diese Mixer», sagt Rosi, die einen Slip anhat, auf dem vorne «Buxe der Pandora» draufsteht. «Diese Typen, die in deinem Mund herumquirlen und sabbern wie ein Bernhardiner.»
    «Ich hatte mal einen», sagt Kerstin, «der konnte gut küssen. Den habe ich dann mit nach Hause genommen. Ich sag euch, das war ein Fehler. Er lag über mir, Missionarstellung, hat mich begattet und dabei nur seinen Trizeps angeguckt.» Sie stützt sich an der Wand ab, bewegt ihren Körper vor und zurück und glotzt sich dabei auf den Oberarm. «Ich habe dagelegen wie ein Seestern und gehofft, dass es bald vorübergeht.»
    «Mein erster Freund hat ein Huhn nach mir benannt», sage ich. «Aber erst, nachdem Schluss war.»
    «Uuuuuh», macht Schnecke. «Hat er’s direkt auf den Schlachtblock gelegt?»
    «Der Fuchs hat’s geholt», sage ich.
    Schnecke kichert, geht in die Knie und scheucht ein unsichtbares Huhn durch die Umkleide. «Geh, putt, putt, putt! Geh schön in den Wald … husch, husch …»
    Die Mädels lachen.
    «Weiß eigentlich jemand, wo meine Bürste ist?», fragt Kinga in die Unterhaltung hinein.
    «Du meinst, die unsichtbare Bürste?», fragt Katrin zurück. Kinga hatte bislang noch nie eine Bürste dabei und musste sich immer aus dem Beauty-Kästchen bedienen.
    «Hier», sagt Alina. «Nimm Schneckes.» Sie greift Schneckes Bürste und wirft sie Kinga zu.
    «Das ist ja dieselbe wie deine», stellt Katrin fest.
    «Wir haben Freundschaftsbürsten.»
    «Kämmt ihr euch damit auch gegenseitig?»
    «Das stellt sich unsere Herrenmannschaft vielleicht so

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