Da gewöhnze dich dran
vor.»
Die Männer der 1 . Herrenmannschaft stehen schon auf dem Pausenhof vor der Halle, als wir aus der Kabine kommen. Sie gruppieren sich um einen Kasten Bier. Peppi, Bunke, Hegel, Mörtel, Willi, Kaleu – es scheint, als besäße keiner von ihnen einen bürgerlichen Namen. Im Gegensatz zu uns waren sie auf dem Turnier erfolglos, wir haben sie trotzdem angefeuert. Bunke öffnet mir ein Bier.
«Hier», sagt er, «bitte schön. Du bist neu bei den Damen, oder?»
Bunke ist ein großgewachsener Typ mit braunen Haaren. Er erinnert mich an ein Monchichi. Seine Haare sind kurz, dicht und dunkel, seine Augen groß und seine Wangen voll. Seine rundliche Mitte ist nicht dick, aber kompakt. In einer öffentlich-rechtlichen Försterserie könnte er gut den Waldarbeiter geben – oder den Almbesitzer, der sich in die Industriellentochter verliebt. Ich bin sicher, er trägt Brusthaar vom Kehlkopf bis zur Leiste.
Ich sage, dass ich seit ein paar Wochen dabei bin, dass ich mich sehr freue, hier zu sein, und was man sonst noch sagt, um Smalltalk zu machen. Bunke nickt wohlwollend, nimmt einen großen Schluck aus seiner Bierflasche, das Gesöff gluckert seine Kehle hinunter, dann fragt er, ob es mir in Dortmund gefällt. In diesem Moment haut ihm Mörtel von hinten auf die Schulter und blökt: «Bunke, du alter Schmuser! Schon wieder eine Braut am Start?»
«Hau ab, Speisfuzzi. Davon hast du keine Ahnung.»
«Ein Spätberufener bemüht sich um Chancen!» Mörtel zwinkert mir zu. Er ist das Gegenteil von Bunke: flachbrüstig, aschblond und gedrungen, mit einer Hakennase und einem Fünftagebart, der bei anderen schon zwei Stunden nach der Rasur wieder steht. «Wo ist Willi?»
«Am Büdchen, leere Flaschen spülen, du Blindfisch. Geld ist knapp bei ihm zurzeit.»
«Red keinen Scheiß. Der hat noch meine Hose an.»
«Damit du heute Nacht beim Einschlafen dran riechen kannst, oder was?»
«Dafür habe ich doch sein Unterhemd, du Dullek. Kommst du gleich mit zum Grillen? Darfst auch das Weib mitbringen.» Mörtel deutet auf mich.
«Gibt’s Bisonsteak?»
«Für dich knall ich auch 900 Kilo Wapiti-Hirsch aufs Feuer.» Er macht eine Bewegung, als lüde er einen Sack von seiner Schulter ab und ließe ihn vor sich auf die Erde fallen.
«Bin dabei.» Bunke stupst mich mit dem Ellbogen in die Seite. «Kommt ihr auch, du und die Mädels? Muss man ausnutzen, wenn Mörtel generös ist. Passiert nicht oft.»
Grillen, nun ja, warum nicht. «Wo müssen wir denn hin?»
«Zum Mörtelinksi in den Schrebergarten. Kleingartenanlage ‹Glückauf Hansa›. Kennste?»
«Nee.»
«Macht nix. Kannst bei mir mitfahren.»
Eine Stunde später stehen wir in Jogger und T-Shirt im Schrebergarten vom kleinen Mörtel, der Mario heißt und, wie Bunke mir auf der Fahrt erzählt hat, Bauingenieur ist und deshalb seinen Spitznamen trägt. Der Garten ist zwanzig Schritt breit und fünfzig lang, mit Hollywoodschaukel, Gemüsebeet und Fahnenmast. Auf einem Rasen vor der Schaukel hat Mörtel einen Schwenkgrill am Start, auf dem man ein halbes Nashorn braten kann. Die Männer kippen zwei Säcke Kohle in die Wanne und machen mit Grillanzünder rum, die Mädels stehen breitbeinig, mit verschränkten Armen im Kreis und geben die Jury. Hegel, der alte Philosoph, Spieler im rechten Rückraum und Dr. phil. der Herzen, hat es raus, der Grillanzünder brennt, und die ersten Kohlen werden zu Asche.
Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche. Keine SMS von Björn, schon seit drei Tagen nicht. Nach unserem Treffen in Essen hat er mich am nächsten Morgen angerufen, wir haben geredet, zumeist über uns, er sagte, ich sei hübsch gewesen, er habe sich schon lange nicht mehr so gut unterhalten. Ich habe das Kompliment zurückgegeben, ihm gesagt, wie wohl ich mich gefühlt habe – und dass ich es mochte, meine Hand in seiner zu spüren. Unser Gespräch: ein einziges liebestrunkenes Säuseln.
Doch seit Mittwoch ist es still um Björn. Nur kurz hat er mir seither geschrieben: Er sei in den kommenden Tagen viel unterwegs, ich solle nicht auf seine Nachricht warten. Ich versuche es – und mache dadurch genau das Gegenteil. Ich bin sehnsüchtig und enttäuscht, voller Vorfreude auf die nächste Mail, wütend, dass er nicht einmal eine SMS sendet, und dann wieder sauer über mich selbst, dass ich nicht einfach tue, was er sagt, dass ich nicht einfach mein Leben lebe, sondern dass ich mich stattdessen so innig an ihn binde, an einen Mann, der mich nur mit einem Kusshauch und
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