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Da gewöhnze dich dran

Da gewöhnze dich dran

Titel: Da gewöhnze dich dran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Giese
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fallen lasse. Bunke setzt sich neben mich, mit einem Grillrippchen in der linken Hand und Bier in der rechten.
    «Du bist ja schon knülle», sagt er und grinst mich an.
    «Nur ein bisschen», antworte ich, spieße das Würstchen auf und beiße ab.
    Kaleu kommt auf uns zu. Nach der Flunkyball-Niederlage hat er erst mal Hegel rund gemacht, hat ihn angeschissen, wie man nur so blöd sein und seinen Mund nicht finden könne, das sei ja nun das einfachste von der Welt – Futterluke auf, Bier rein, ob er auch eine Anleitung brauche, wenn er sich einen runterholen wolle. Hegel hat ihm den Mittelfinger gezeigt und sich getrollt, Kaleu hingegen tanzte auf der Wiese wie Rumpelstilzchen, bis Mörtel ihm einen Stoß versetzte und ihn daran erinnerte, dass alles nur ein Spiel sei und er jetzt gefälligst die Fresse halten und sein Maul mit Grillgut stopfen solle.
    «Na, wie wär’s mit uns zweien heute Abend?», fragt Kaleu und setzt sich auf meine andere Seite, und zu Bunke: «Oder ist die Dame schon besetzt?»
    Bunke macht eine abwiegelnde Geste. Er hat gerade von seinem Schnitzelbrötchen abgebissen und kann nichts entgegnen, deshalb bleibt Kaleu sitzen.
    «Nee, lass mal», sage ich, denn Kaleu ist nicht nur ein Choleriker, sondern auch ein Antatscher, einer dieser Männer, die andere ständig berühren, wenn sie mit ihnen reden. Auch jetzt legt er mir seine Hand aufs Knie.
    «Du hast doch im Moment keinen», haucht er. «Ich erzähl’s auch niemandem.» Schmierig wie ein Böblinger Saunaclubbesitzer schmiegt er sich an mich. Jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt für Bunke, seine Männlichkeit zu beweisen und mir Kaleu vom Hals zu halten. Stattdessen tupft er sich mit einer der dünnen Papierservietten Ketchup aus dem Mundwinkel, steht auf und murmelt: «Ich lass euch mal allein.»
    «Was ist denn mit deiner Frau und deiner Tochter?», frage ich Kaleu, um in die Offensive zu gehen, aber er überhört meine Frage und steht auf. Doch anstatt ins Dämmerlicht des Abends zu verschwinden, kommt er mit zwei Plastikpinnchen Schnaps zurück. Er reicht mir eins und setzt sich wieder neben mich, die Hand auf dem Knie, Schenkel an Schenkel.
    «Meine Tochter ist ’ne supersüße Maus», lallt er. Obwohl er nur eine Runde Flunkyball gespielt hat, ist er stramm wie eine Natter. «Wenn ich abends nach Hause komme und sie mir entgegenläuft, ist es das Größte, das kannste mir glauben.»
    Er hält das Pinnchen mit dem Klaren in die Höhe. Ich stoße mit ihm an, wir kippen das Zeug hinunter. Vielleicht geht er dann ein neues holen, und ich kann verschwinden.
    Doch Kaleu bewegt sich nicht. Schwitzend klebt er an meiner Seite. «Na ja», sagt er, macht eine bedeutungsvolle Pause und sieht mir dabei tief in die Augen, sein Kopf schwankt, sein Blick ist glasig.
    «Eigentlich», faselt er, «wollte ich keine Kinder haben, aber Anja wollte unbedingt welche. Deswegen ist es auch ihr Ding, sich um die Blagen zu kümmern. Sie macht das auch echt super. Sie ist wirklich die beste Mutter, die es für meine Tochter geben kann. Echt jetzt.»
    Er kneift mir mit der Hand ins Knie. Ich schiebe sie beseite. «Habe ich dir schon gesagt», brabbelt er und beugt sich leicht vor, «dass du schöne Augen hast?» Eine Atemwolke aus Bier und Zigaretten umwabert mein Gesicht.
    Ich rücke ein wenig beiseite und stehe auf, damit er mich nicht weiter befummeln kann.
    «Du bist ein ganz anderer Typ als Anja», fährt er fort, nun zu mir aufsehend. Er wirkt hundehaft. «Eine Frau ohne Kinder ist immer geil. Viel geiler. Weil da noch keiner dran war, verstehst du.»
    Plötzlich steht Schnecke da und hat Kaleu im Nacken gepackt wie einen kleinen Hund.
    «Wolltest du nicht gehen?», fragt sie mit zusammengekniffenen Augen, und ihre Stimme klingt wie ein Rasiermesser. Sie greift seinen Arm, zieht ihn aus der Schaukel hoch und gibt ihm einen Schubs. Kaleu fällt vor Schreck fast ins Beet, kann sich aber auf den Beinen halten.
    «Du laberst also deinem Weib ein Mutterkreuz an den Stillbusen und hältst gleichzeitig unsere Nessy für so bedürftig, dass sie unter der Kraft deiner Lenden noch heute Abend ihren Garten Eden erleben soll? Das widert mich an.»
    Mit den Händen in den Hüften steht sie breitbeinig da. Kaleu hält sich am Gestell des Schwenkgrills fest und glotzt Schnecke an. Dann torkelt er, ohne sich noch einmal umzusehen, gebeugt in Richtung Flunkyballwiese davon.
    «Manchmal sind Männer echt eklig», murmelt Schnecke und stapft mit angewinkelten Armen um

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