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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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beeil dich, such dir draußen aufm Theodor-Heuss-Platz ‘ne Telefonzelle und… Sag, daß du das Geld bis Geschäftsschluß haben mußt, bis achtzehn Uhr am besten. Ach, ich komm mit! Leg Carsten ‘n Zettel hin, daß wir gleich wieder da sind. Das wird ja auch noch dauern bei ihm, mit der Vergrößerung!» Mannhardt sprach immer schneller und schneller, war ganz kurz davor, völlig durchzudrehen. «Und an Wuthenow mußte auch noch denken, wenn der zurückkommt. Ruf die Kudernatsch an, daß die aufpaßt. Die hat doch deine Wohnungsschlüssel, das zweite Paar, nich, daß die ihn dann reinläßt, wenn er da ist. Ich weiß ja nicht, wie lange wir brauchen, im Zug oben. Also, Tempo jetzt!»
    Sie hinterließen die besagte kurze Nachricht für Corzelius, dann jagten sie los, fanden erst im nahen Busbahnhof eine freie Zelle, und es brauchte geraume Zeit, ehe Jessica in der Bank zum richtigen Menschen durchgestellt wurde.
    In einem Maße konzentriert, das Mannhardt größte Bewunderung abnötigte, erledigte sie nun alles.
    «… ja, ich will da in ein Filmprojekt einsteigen, bei dem es sofort auf Bargeld ankommt. Genaueres darf ich Ihnen heute noch nicht sagen, nur daß ich eben bis achtzehn Uhr fünfzigtausend Mark haben muß. Ja, kratzen Sie von meinen Konten alles zusammen, was sich da in den letzten Jahren angesammelt hat, und wenn’s nicht reichen sollte, lassen Sie mir ‘n Kreditantrag fertig machen.»
    Auch Frau Kudernatsch war ein Problem, vor allem, weil sie andauernd nach dem Baby fragte, ob es denn im Krankenhaus sei und wie es ihm denn ginge.
    «Nein, bei meiner Großmutter ist es, und wir holen es heute abend oder spätestens morgen früh wieder ab. Und wenn mein Onkel aus der DDR kommt, der Professor Wuthenow, dann lassen Sie ihn bitte rein. Wir kämen gleich zurück, und er möchte auf uns warten. Danke, ja!»
    Sie hängte ein und stöhnte. «Gott, sind die alle tranig heute!»
    «Sind sie nicht, das kommt uns nur so vor, weil wir uns alle überschlagen. Zeit und Tempo, das ist doch alles relativ.»
    «Mannhardt philosophus est, o nein, komm zum Sender zurück!»
    Dort brauchten sie nur noch ein paar Minuten zu warten, dann war Corzelius mit einer Vergrößerung zurück, die fast schon Plakatformat hatte, und trotz der nun außerordentlich groben Körnung konnte man hinreichend sicher erkennen, daß und wie sehr Mannhardt recht gehabt hatte: Im Spalt zwischen der linken und der rechten Vorhanghälfte, kaum einen Zentimeter breit, war vor grauem und erdbraun ungewissem Hintergrund ein Streifen anderer Farbe auszumachen, irgendwo in der Mitte zwischen Orangerot und Eidottergelb, wie aus der Dose hingesprüht, aber doch mit scharfen Rändern oben wie unten, schien auf den ersten Blick nur Teil eines Blumenbretts zu sein, erwies sich aber doch, sah man genauer hin, wegen einer gerade eben noch erratbaren Fensterecke als U-Bahn-Wagen. Und was sie zuerst für ein Gitter angesehen hatten, angebracht, um das Herabfallen von Geranientöpfen zu verhindern, das gehörte zweifellos zum Stahlskelett der aufgeständerten Bahn beziehungsweise war an dieses festgeschraubt. Weit hinten ließen sich Mietskasernen erahnen, alte Gründerzeitfassaden, doch es konnte auch smogschmutziger Berliner Himmel sein; die Tiefenschärfe war nicht eben berauschend.
    Und doch war da noch etwas, das Mannhardt aufmerken ließ.
    «Was is’n das für’n grüner Fleck da…?»
    «Wo’n?»
    «Da – direkt überm Zug.»
    «Das wird ‘n Fehler im Film sein», vermutete Corzelius. «Oder aufm Papier hier…»
    «Ich halt das eher für ‘ne Reklame auf der andern Seite von ‘er Hochbahn », sagte Jessica.
    «Da sollten wir auf alle Fälle drauf achten.» Mannhardt wendete die Vergrößerung immer wieder hin und her. «Fest steht jedenfalls, daß sie deine Tochter in einem Raum gefilmt haben, der direkt an der U-Bahn-Linie 1 gelegen ist… Fast auf gleicher Höhe mit dem Bahnkörper, im ersten Stockwerk wahrscheinlich oder aber Hochparterre.»
    «Da werden Hunderte von Wohnungen liegen!» fiel Corzelius ein. «Wie willsten da ‘ne Chance haben!?»
    «Trotzdem müssen wir’s probieren: agieren statt reagieren!»

 
    18.
     
     
     
    Mannhardt sprang am Schlesischen Tor aus der Taxe, die ihn im Eiltempo hergebracht hatte, und lief in den Bahnhof hinein, der ihn mit seinen vielen Backsteinmauern, Erkern und Türmchen, zumal in einer Kurve gelegen, seit Kindheitstagen immer wie eine kleine Festung erschien, Burg Hohenkreuzberg, deutsche

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