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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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waren schon im Behandlungszimmer gewesen und hatten in den umliegenden Straßen gesucht werden müssen. Was hätte er allein mit dem unentwickelten Film anfangen sollen? Zu seinen Kollegen von der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle fahren und es dort versuchen? a) wußte er nicht, ob sie das in der Eile konnten, b) zweifelte er daran, ob sie es durften, und c) war zu vermuten, daß man ihn vorher geradezu Verhören unterzog. Das schied also aus. Das große Kopierwerk in Neukölln fiel ihm noch ein, Geyer oder so, in der Harzer Straße. Aber da fuhr er eine halbe Stunde hin und kannte dort auch niemanden, der sich der Sache angenommen hätte. In den ganz normalen Fotoläden war ganz sicher nichts zu machen, die ließen ja alle nur noch entwickeln, und wie die Fotofreaks finden, die in ihren Dunkelkammern die chemischen Substanzen hatten, die für seinen Film die richtigen waren?
    Blieb nur Corzelius mit seinen Kontakten zum Sender.
    Endlich fand er ihn mit Jessica auf einer Bank am Olivaer Platz. Gleichsam mit Blaulicht waren sie dann zum Kaiserdamm-Ende gerast, und beim SFB hatte sich in der Tat jemand gefunden, Corzelius den kleinen Gefallen zu tun und ihren Film in aller Eile vorführfertig zu machen.
    Es war ein fensterloser Raum, in dem sie nun saßen, klein und vollgestellt wie eine Besenkammer. Vorn die Leinwand, die ätzend chemisch roch, hinten, auf einem wackligen Gestell, der Projektor, der wegen seines ungeölten Ventilators derart vibrierend dröhnte, daß es sie unwillkürlich an eine Turbopropmaschine denken ließ. In der Mitte drei ausrangierte Stühle beziehungsweise Teile einer alten Sendesaalbestuhlung. Links außen hatte Mannhardt Platz genommen, neben ihm hatte sich Jessica hingekauert, und auf den freien Sitz am rechten Rand ließ sich nun, nachdem er den Projektor auf Filmvorlauf geschaltet hatte, Corzelius fallen.
    Weiße Blitze, schwarze Zacken, vorbeigerissene Perforierungen, dann schmutziggelbe Flatschen und endlich das Bild.
    In der linken Ecke auf einem Stummen Diener ein angejahrter Fernsehapparat, die Mitte und der rechte Rand vollkommen ausgefüllt von einem goldbraunen Vorhang und davor ein runder Tisch mit einem Baby darauf, das aber sein Gesichtchen noch von der Kamera weggedreht hatte.
    Beginn der 13-Uhr-Nachrichten im ZDF-Programm, die zweite Heute- Sendung.Und obwohl sie den Originalton nicht mithören konnten, sagten ihnen die eingeblendete Schrift und die stehenden wie laufenden Bilder sehr deutlich, daß es aktuelle Themen waren.
    … Lyon, Prozeß gegen Barbie, den früheren Gestapochef – Erhoffter Rückgang der Arbeitslosenzahl ausgeblieben – Die Hanauer Uranfabrik sollte wegen erheblicher Sicherheitsmängel stillgelegt werden – Ausschreitungen bei Straßenfest in Hamburg…
    «Das ist wirklich von heute!» rief denn auch Corzelius.
    Die Kamera wurde aufgezogen, und zugleich mit der Fernsehsprecherin erschien nun auch das Baby vor ihnen auf dem schreibtischgroßen Leinwandstück. Es reckte sich und strampelte, krähte offenbar, wurde dann von einer Hand, die mit einer Windel fest umwickelt war (vermummt, wie Mannhardt dachte), so zur Seite gedreht, daß man nun, als die Kamera wieder zur Großaufnahme überging, ganz deutlich sein Gesichtchen sehen konnte.
    «Das ist sie!»
    Jessica sprang zur Leinwand hin und streckte ihre Arme vor, stieß ihre Hände fast hinein in das perlig-rauhe Tuch, um das Kind herauszureißen und wieder an sich zu pressen, doch da sie mit dem Rücken in den Lichtstrahl geriet, war es schon verschwunden, ehe sie recht zupacken konnte.
    «Setz dich doch!» Corzelius zog sie auf den Stuhl zurück, und auch Mannhardt war zu sehr auf die Frage fixiert, wo das alles aufgenommen worden sein könnte, als daß er jetzt ihre Gefühle voll und ganz nachvollzogen hätte.
    Schnitt. Und in den Sekunden oder Minuten nach der ersten Einstellung mußten sie die Kleine aufgerichtet haben, denn nun saß sie frontal zur Kamera und sabberte ganz hingegeben am Griff ihrer Rassel. Unverwechselbar Yemayá mit ihren dunklen kreolischen Augen und dem schmal-ovalen, fast eulenhaften Köpfchen aus den Genen ihrer Großmutter mütterlicherseits, gleichzeitig aber inmitten dieses Rahmens breit-wendische Backenknochen und ein Stups-, ein Himmelfahrtsnäschen, wie es typisch für die Wuthenows war.
    Hinten vor dem goldbraunen Vorhang erschien nun, als die Kamera sich etwas weiter öffnete, ein aktendeckelgroßes Stück Papier, schnell abgefetzte Küchenrolle wohl, mit

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