Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
des Matscho, rauchte eine selbstgedrehte Zigarette und war um einen tiefergehenden Dialog mit jenem mysteriösen Wesen bemüht, das ihr aus einem ovalen Spiegelchen entgegenblickte.
    Sag mir, wer ich bin!
    Aus siehste wie diese kleine, herzerweichende Nutte aus «La Strada».
    Quatsch! Um ein Haar hätt ich doch in Jessis nächstem Film ‘ne Rolle als Mannequin gekriegt.
    Für Totenhemden, ja.
    Nicht mal die Schell früher hat das zu bieten gehabt: so ‘ne Vergißmeinnicht-Augen wie ich.
    Augen wie ‘n kastrierter siamesischer Kater.
    Ich kann ja meine Haare mal von weizenblond auf kupferrot umstellen.
    Paß bloß auf, daß sie dich nicht mal als Mop zum Staubwischen nehmen!
    Bin ich denn wirklich so fies?
    Guck mal: deine wulstigen Lippen! Und diese harten Züge um den Mund, diese Canons, die auf die Mundwinkel zulaufen!
    Soll ich dir mal alle aufzähln, den’ ich schon geholfen hab!? Gerettet, aus der Gosse geholt, aus ‘m Sumpf gezogen.
    ‘n Monster bist du!
    Ich hab auch meine guten Seiten!
    Klar, sieht man ja an deinen Pornofilmen!
    Draußen am Tresen klingelte das Telefon, und da das Matscho, was bekannt war, erst viel später öffnete, konnte der Anruf kaum einem anderen gelten als Carlo oder ihr. Sie beeilte sich, durch die schmalen Pfade zwischen den vielen Stühlen und Tischen zu laufen, ohne sich blaue Flecken zu holen, und schaffte es gerade noch, den Hörer hochzureißen, ehe die letzte Lärmkaskade abrupt in sich zusammenbrach.
    «Hallo…?» hauchte sie.
    «Torro hier!»
    Sie zuckte zusammen, verfluchte ihren Eifer. Wäre sie nicht an den Apparat gegangen, hätte er vielleicht für heute Ruhe gegeben.
    «Du schon wieder…?»
    «Kommt ihr nun rüber mit dem Kurant oder nicht!?»
    «Es dauert noch ‘n bißchen…»
    «In spätestens ‘ner Stunde bin ich da, und wenn da von euch wieder nichts kommt, wird alles plattgemacht, du, gnadenlos aber!»
    Tatjana schluckte. Sie hatte alles immer nur als Spiel verstanden, hatte sich mit feinem roten Pulver den Körper bemalt, um auf der Bühne Leben zu tanzen, und hörte nun, daß es sich um hoch radioaktiven Staub gehandelt hatte, begriff jetzt endlich, daß für andere Menschen andere Regeln galten, und sie hatte wieder ihren Vater vor Augen, wie der einen wunderschönen Nachtfalter erschlug, nur weil der ihm beim Skatspiel mit Freunden einen Grand vermasselt hatte, weil ihm beim Wegwedeln der Herzbube aus der Hand geglitten und offen auf den Tisch gefallen war. Lache du über den Panzer, der dich bedroht: er zermalmt dich dennoch!
    Die Ostsee, zwanzig Jahre zuvor. Plötzlich aufkommender ablandiger Wind, und sie treibt mit ihrer Luftmatratze auf das offene Meer hinaus, von keinem zu fassen, und die Küstenwacht weit weg. Nach fünf Stunden erst wird sie von Seglern gerettet.
    Rettung, nicht aufgeben, kämpfen!
    Und so sagte sie noch, bevor Torro wieder auflegen konnte, daß er und seine Auftraggeber sich das alles sehr sorgfältig überlegen sollten.
    «Wozu ‘n det!? Entweder ihr bezahlt eure Schulden, cash aber, oder ihr verschlechtert euch gesundheitsmäßig ganz entscheidend, wenn de weeßt, wat ick damit meine…!»
    «Wir brauchen bloß zur Polizei zu gehen, als Zeugen, und aussagen, daß du Grobi umgebracht hast…»
    «Wer mich verpfeifen will, der pfeift ooch bald, aber wie! Kennste doch: wenn einem die Kehle durchgeschnitten wird, wie der noch pfeift! Und außerdem: Für zwee Zeugen wie euch schaff ick zwanzich andere herbei, die genau det Gegenteil behaupten!»
    Tatjana registrierte genau, wie er immer stärker zu berlinern anfing, wegkam vom Gehabe welterfahrener Gangster, sie also doch auch fürchtete. «Warum hast du mich denn immer wieder bedroht und schließlich auch auf mich geschossen, wenn du meinst, daß ich dir wegen Grobi nicht gefährlich werden kann.»
    «Geschossen hab ich nur auf diesen Schnüffler von der Presse!»
    «Paß auf: Ich halt ‘n Mund wegen Grobi, und du gibst uns noch vierzehn Tage Zeit mit dem Geld…»
    «Wegen Grobi, da lachen doch die Hühner! Nee, du: Wenn mein Kurant in ‘ner knappen Stunde nich beisammen ist, dann hält die Feuerwehr bei euch im Schuppen mal ‘ne kleene Übung ab! Mach’s gut, meine Süße!»
    Tatjana, ihren Dialog noch frisch im Ohr, glaubte einen Augenblick lang, in irgendeiner Kulisse zu stehen und in einem der Wegwerf-Krimis zu spielen, wie sie die rating- fixiertenFernsehmacher so liebten, hörte den Regisseur mit seinen Protagonisten das immer gleiche Klagelied singen, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher