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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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arm dran seien, weil sie mit so ‘nem Scheiß ihr Geld verdienen müßten, alles Plastik sei, Kolportage und Klischee.
    Alles menschliche Leben verlief nach ganz bestimmten Mustern, und wenn die Filmemacher diese wenigen Grundmuster auch dreist so lange wiederholten, bis alle über sie lachten, so blieb der Alltag für all die wirklichen Akteure doch immer noch eine essentielle Sache: ernst, blutig, eigentlich.
    Sie hatte beträchtliche Mühe, diesen Zusammenhang in seiner Tragik richtig zu begreifen, hielt irgendwie noch immer an der Täuschung fest, nicht Tatjana zu sein, sondern die Rolle Tatjana zu spielen, zumal ja auch Carlo, wie er jetzt aus dem privaten Hinterzimmer kam, mehr Reißbrett-Type war als sozusagen natürlicher Mensch, Bud Spencer-Verschnitt, gescheiterter Kempinski-Koch, gescheiterter Rennstall-Besitzer, gescheiterter Ehemann und Vater, Kindskopf und Chaot, weich und mit vielen Phobien und Ängsten gesegnet, Plüschtier-softig in allem; das Matscho hier als Therapie, alles überkompensiert.
    Sie erzählte ihm, daß Torro ante portas sei.
    Er knöpfte sich Hemd und Hose zu, toll italienisch, und nickte, «…als ob’s wirklich alles sein Geld ist! Dabei gibt’s doch keinen Zweifel dran, daß er’s von Etzel hat.»
    «Beweisen kannstes nich!»
    «Was ist denn die Upward Consult weiter als ‘ne Tarnfirma, um krumme Sachen zu machen!? Klar, haben sie da auch ‘ne ganze Latte legaler Geschäfte, aber nur, damit das andere nicht auffällt. Da werden Politikern und Beamten, deren Unterschrift man braucht, keine dicken Tüten mehr ins Jackett gesteckt, da hilft ihnen die Firma bei der Grundstücks- und Kreditbeschaffung, bei der Baubetreuung und so weiter… Für zehn, fünfzehn, zwanzig Prozent weniger, als sie auf dem freien Markt bezahlen müßten.»
    «Sicher!» Tatjana sah es ebenso. «Und weil Grobi das wußte, das alles nachweisen konnte, deswegen ist er auch im Sarg gelandet, und deswegen haben sie auch Corzelius die Schüsse vor den Bug gesetzt.»
    «Torro als Subunternehmer und Torro als Killer…»
    «Dieses Schwein!»
    Carlo stöhnte auf. «Wo leben wir…!?»
    «Du hast es nötig!» Tatjana lachte ebenso anklagend wie zynisch. «Das war doch schließlich deine Idee…»
    Carlo verstand nicht, was sie meinte. «Mit den fünfzigtausend Mark Kredit von Torro, mit dem Matscho hier…?»
    «Quatsch! Mit Yemayá. Ich hab lediglich gesagt, daß Vera nicht mehr sauber tickt, daß sie schizophren ist. Von wegen meine Katharina und ihrem Mann irgendwo in Afrika: geklaut hatte sie das Kind!»
    «Aber hundertprozentig ist es doch noch immer nicht, daß es wirklich Jessicas Baby ist…?»
    «Gott, du hast doch selber angerufen da!» rief Tatjana. «Wie die reagiert haben! Diese Ähnlichkeit mit Jessi, das hab ich auf ‘n ersten Blick gesehen. Und dann bin ich doch selbst bei Jessica gewesen: kein Baby da. Und die Ausrede, die sie da… Blödsinn alles!»
    «Na bitte: du bist doch drauf gekommen; was schiebsten mir das alles in die Schuhe!?» Carlo, vor dreißig Jahren im Berliner Wedding als Karl Ogrowski eingeschult, goß sich an der Bar einen Calvados ein und stürzte ihn hinunter.
    «Weil’s deine Idee war, das mit dem Lösegeld. Ich hätt ihr das Baby so zurückgebracht.»
    «Edel von dir! Und dich von Torro zermanschen lassen wie ‘ne Zitrone!» Er zeigte ihr, was er meinte; es war ihm gerade eine Frucht vom Barfach auf den Boden gerollt. «Das ist auch keine Entführung, das ist kein Lösegeld, das ist nur der Finderlohn, der steht uns zu! Wenn du da nicht was geahnt hättest, dann… Vielleicht hätt Jessica ihr Kind nie wiedergesehen!»
    Tatjana schluckte, brach dann in Tränen aus, zehnjähriges Schulkind, schluchzte. «Trotzdem… Jessi ist ‘ne alte Freundin von mir… Ich komm mir furchtbar schäbig vor…»
    «Meinst du denn, sie hätte dir auch nur eine müde Mark geliehen, wenn du sie drum gebeten hättest? Unter Garantie nicht, du!»
    «Es ist irgendwie unmenschlich alles!»
    Carlo sank auf einen seiner Barhocker, verlor in Sekunden alles Aufgeblasene. «Bitte, geb’n wa auf. Nimm das Kind und bring’s ihr hin…»
    Nun hing er da wie ein fetter Säugling, eine blasse Made, und genau diesen Anblick brauchte sie, um wieder zu ihrer alten Stärke zu finden.
    «Du hast ja recht!» Sie schnellte hoch, zumal jetzt auch Yemayá im Hinterzimmer zu schreien begann. «Uns schenkt ja auch keiner was! Und fünfzigtausend Mark, die hat sie bald wieder im Kasten; es trifft ja keinen Armen!

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