Da hilft nur noch beten
systematisch nach diesem grünen Flecken abzusuchen.
Erst die Reklame an und über den Läden, die Plakate, die Neonröhren und Transparentkästen.
Nichts.
Dann aber sah er es: Über einer Imbißstube, einem Lokal mit der stolzen rot-schwarz-grünen Fahne Libyens, Halbmond und Sternchen weiß in ihrer Mitte, war eines der unproportional hohen Altbaufenster fast zur Gänze mit einem Poster gefüllt, das für Gaddafis Grünes Buch Werbung betrieb.
Mannhardt hörte Jessica Yemayá ihr Lieblingsliedchen vorsingen: Grün, grün, grün sind alle meine Kleider, weil mein Schatz ein Jägermeister ist… Und Corzelius dazwischen:… trinkt!
Am letzten Montag erst, aber scheinbar Ewigkeiten her.
Der grüne Fleck, das Grüne Buch … Der entscheidende Fingerzeig war also nicht von den alten Yoruba-Göttern gekommen, wie sie es ihrer Yemayá an sich recht eigentlich ja schuldig waren, auch nicht vom alten Platzhirsch Christengott aufgrund seines, Mannhardts, vielleicht ungewollten, aber immerhin ja gedachten Gebetes eben in der Hochbahn oben, sondern von Allahs Seite.
Mannhardt feixte innerlich.
Er stürzte zur anderen Straßen-, zur Neubauseite hinüber, im Slalom durch die Fahrzeugsalven hindurch, von Kugeln der Kaliber Audi, Mercedes, BMW und Volvo mehrfach gestreift, schaffte es aber, ohne zu fallen, postierte sich nun vor jenen Hochhauseingängen, die vom Winkel her am meisten versprachen, prüfte alles mit Geometer-Akribie.
Wenn ihn nicht alles täuschte, kamen nur zwei Häuser in Frage; wo aber anfangen?
Er ging nach links hinüber, an einer braunen Wand vorbei, die allerfeinst nach Hundepisse stank, warf einen schnellen Blick auf die vielen aufgereihten Namen und resignierte leicht. Selbst wenn er unterstellte, daß die Schildchen alle irgendwie geordnet waren, nach Stockwerken wahrscheinlich, dann machte es kaum Sinn, überall in der ersten und zweiten Etage zu klingeln und höflich zu fragen, ob hier das entführte Baby vielleicht versteckt worden sei.
Er fuhr unwillkürlich herum, als schräg über ihm ein Hochbahnzug röhrte, dröhnte, donnerte und mit jenem fürchterlichen Geräusch die Schienen abschliff, das er sonst nur vom Zahnarzt her kannte.
Ein Trupp schlammschmutziger Knaben kam fröhlich vom Fußball zurück, mit fünf Türken und zwei deutschen Minikickern voll der Kreuzberger Statistik entsprechend, und Mannhardt fragte sie, wo denn hier im Haus ein Baby wohne, schreie; er sei der Kinderarzt und wisse nur, daß es irgendwo im ersten oder zweiten Stockwerk sein müsse.
«Weeß ick nich!» rief eins der beiden deutschen Kinder.
«Sie haben ja gar keinen Arztkoffer dabei…!» wunderte sich einer der türkischen Jungen.
Mannhardt staunte über den IQ von Hassan, Achmed oder Mustafa und behalf sich mit der Ausrede, daß er den noch im Auto liegen hätte.
Die Jungen klingelten und verschwanden im Haus, ohne ihm noch einen Tip geben zu können.
So ging er zum anderen Eingang hinüber, nicht ohne vorher noch einmal dem apfelsinengelben Lindwurm nachzusehen, der oben auf den stählernen Bögen Richtung Ruhleben zog.
Wieder stand er vor einem sogenannten Klingelklavier, hatte die Auswahl zwischen, so überschlug er schnell, 4x15 Namen. Altdeutsch wie Böttcher, Schumacher, Gerber und Vogt; berlinisch wie Krause, Lemke, Buchholz und Schönbier; polnisch wie Kubicki, Orlowsky, Grabowski und Orczechowicz; türkisch wie Külcü, Küksar, Tasyürek, Tascioglu oder Sükriye.
Sollte er irgendwo klingeln und sagen, er sei Vertreter von Sicherheitsschlössern (da verstand er etwas von – «Sei schlauer als der Klauer!») und bitte, eingelassen zu werden? Sollte er versuchen, die Tür mit Hilfe seines Taschenmessers gewaltsam zu öffnen?
Eine ältere Dame, voll amerikanisiert und flott gemacht, kam mit dem Fahrstuhl herunter und trat auf die Straße hinaus.
«Entschuldigen Sie bitte…!» Mannhardt verbeugte sich knapp und war bemüht, Amtsautorität in Haltung und Stimme zu legen. «Hartmann mein Name, vom Jugendamt hier. Uns liegen da Beschwerden vor, daß hier in diesem Hause…» Er sah nach oben, nannte Nummer und Straße. «… daß hier ein Baby so häufig und so schrecklich schreien würde, daß…» Daß, daß, daß! hörte er seine alte Deutschlehrerin jammern, «…wir nachsehen müssen, ob es sich um einen Fall von Kindesmißhandlung oder Kindesvernachlässigung handeln könnte…!» Gott sei Dank, das war endlich heraus.
«Schrecklich, ja! Aber ich habe nichts…! Kinder brauchen auch mal
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