Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch
zustimmend. „Ich will herausfinden, was diese Umweltverschandler dort treiben!” Er richtete sich steil auf, und mein Sessel gab besorgniserregende Knarrlaute von sich. „Ich bin bereit, mir Ihre Mitarbeit einiges kosten zu lassen.”
Und dann machte er mir ein Angebot, das mich schlagartig vergessen ließ, daß ich auf einem steinharten Holzhocker saß. Trotzdem vergaß ich nicht, daß ich ein äußerst pfiffiges Kerlchen war.
„Unter einer Bedingung”, schränkte ich ein.
„Welcher?”
„Daß Sie zu dem Erfolgshonorar noch hundert Liter Buttermilch zulegen. Für Sie als Molkereimann ja eine Kleinigkeit.”
Er musterte mich mißtrauisch. Und dann donnerte es aus seinem Mund: „Ist das nun ernst gemeint oder grobgestrickter Blödsinn?”
„Ich bin ein Buttermilchnarr, deshalb ist es ernst!”
Er ließ die Faust auf die Tischplatte sausen, daß der Obstkorb hüpfte. „Und zweihundert Liter Buttermilch gratis!”
Mittwochabend
Blasius Stein und ich waren mit dem Auto bis zur „Forstschenke” gefahren und von dort aus zu Fuß weitermarschiert. Und jetzt standen wir im Schatten einiger Tannen und sahen zu dem Haus hinüber, von dem in der Tat eine gewisse Beklemmung ausging. Aber das lag wohl in erster Linie an dem Zaun, der irgendwie an ein Gefängnis erinnerte. Vier Autos hatten das Tor bereits passiert, das sich jeweils auf ein bestimmtes Hupzeichen hin öffnete und schloß. Die Damen trugen lange Kleider, die Herren dunkle Anzüge.
„Sieht nach geschlossener Gesellschaft aus”, sagte ich leise. Der Riese Blasius brummte etwas, was ich nicht verstand. Ein fünftes und ein sechstes Fahrzeug trafen ein.
„Scheint sich alles in Helgards früherem Wohnzimmer abzuspielen. Da sollte man einen Blick hineinwerfen können."
Wenn ich mich nicht verhört hatte, so waren das Herrn Steins Zähne, die da eben knirschten.
„Um über den Zaun zu kommen, braucht man eine Leiter!" stellte ich fest.
„Ich werde Ihnen dann etwas zeigen!”
„Wann dann?”
„Wenn es noch dunkler geworden ist.”
Na ja, und dann war es dunkel.
„Kommen Sie, bleiben Sie immer hinter mir!” hörte ich ihn mit leiser Baßstimme röhren. Ich tat es. Nach drei Minuten erreichten wir den Zaun, und an dem ging es dann entlang, bis wir in Höhe der Rückfront des Hauses waren. Plötzlich prallte ich auf Blasius, der stehengeblieben war.
„Hier”, flüsterte er, „das ist die einzige Möglichkeit!” Er deutete nach unten, wo eine Mulde zu erkennen war. Der Zaun reichte nicht ganz bis auf den Boden.
„Dort kommt ja nicht einmal eine Katze durch”, sagte ich.
„Eine Katze nicht, aber wir! Sind wir am Haus, stellen Sie sich auf meine Schultern und sehen durch das Fenster.”
„Aber, Herr Stein”, ich deutete nach unten, „ich bin doch keine Briefmarke. Ich passe nie hindurch.”
„Los, probieren wir es. Ich schieb’ von dieser Seite nach!”
Heiliges Kanonenröhrchen, wie gut hatte es da doch Inspektor Schulz. Der saß jetzt sicher vor seinem Fernsehapparat und aß Eingemachtes. Und ich... ich sollte mich jetzt von den Pranken eines Riesen durch einen Briefkastenschlitz schieben lassen.
Ich klopfte tröstend auf meinen Bauch. „Nur dieses eine Mal!” flüsterte ich ihm zu.
„Was ist??" rauschte es neben meinem Ohr.
„Nichts. Ich habe mich mit meinem Bauch unterhalten!” gab ich zurück und ließ mich auf die Knie nieder.
Es roch nach Erde, Tannennadeln und Maulwürfen. Ich legte mich auf den Bauch und machte mich flach wie eine Flunder. Und schon spürte ich Blasius’ Riesenhände um meine Knöchel. Er schob mich zwei-, dreimal hin und her und dann nur noch geradeaus. Ich fühlte Eisen über Hinterkopf, Rücken und Hintern kratzen und wunderte mich, daß ich die Prozedur lebend überstanden hatte.
„Ich komme mit den Beinen zuerst”, hauchte der Molkerist durch den Zaun. „Sie ziehen und ich schiebe mit den Händen. Alles klar?”
„Alles klar!”
Er keuchte, schnaufte und röchelte mindestens ebenso laut wie ich.
Und es hätte mich nicht gewundert, wenn jetzt die ganze Gesellschaft aus dem Haus zum Beifallklatschen aufgetaucht wäre.
„Geschafft!!” rief Blasius und spuckte einen Mund voll Nadeln aus.
Zehn Sekunden später hatten wir das Haus erreicht.
Der andere „Indianer” preßte seine Lippen gegen mein Ohr: „Erst steigen Sie auf mein Knie, dann auf meinen Rücken, und dann stehe ich auf!”
Ich nickte, und er hielt mir das angewinkelte Bein hin. Der Aufstieg konnte
Weitere Kostenlose Bücher