Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
Stück an.
„Dafür, dass du schon ein paar Tage in diesem Loch steckst, bist du aber immer noch ganz schön eingebildet“, erwiderte Leonardo. Daraufhin schwieg Luca.
Nachdem Carlo seine Mahlzeit beendet hatte, ging er unruhig hin und her, um sich etwas aufzuwärmen. Das ohnehin schon spärliche Licht war noch schwächer geworden. „Wenn ich daran denke, die Nacht in diesem Loch verbringen zu müssen!“, murmelte er und rieb sich die Arme.
„Du gewöhnst dich daran“, glaubte Luca.
„Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen“, murmelte Carlo.
„Die erste Nacht ist die Schlimmste. Danach geht es eigentlich.“
Es wurde immer dunkler. Schließlich konnte man kaum noch die Hand vor Augen sehen.
Geräusche ließen Leonardo aufhorchen. Ein Rascheln war zu hören.
„Das sind die Fledermäuse“, meinte Luca. „Du kannst sie kaum sehen, aber es gibt Tausende in diese Höhle. Und sie werden immer erst in der Nacht aktiv.“
Hin und wieder sah Leonardo einen dunklen Schatten über sich. Er setzte sich in eine Ecke und lehnte sich gegen die kalte Grubenwand.
Carlo war ganz in seiner Nähe und auch Luca war nicht weit entfernt.
So sehr Leonardo die überhebliche Art von Luca auch störte – auf der anderen Seite begann er den Jungen langsam auch zu bewundern. Schließlich hatte er es schon mehrere Tage hier an diesem ungastlichen Ort ausgehalten.
Und zwar allein!
Eine ganze Weile herrschte Schweigen. Sie versuchten zu schlafen, aber das stellte sich zunächst als unmöglich heraus. Dann ließ ein weiteres Geräusch die Jungen aufhorchen.
„Hufschlag!“, stellte Leonardo fest.
„Ja, es bleibt normalerweise nur ein kleiner Teil der Bande hier. Ich kann natürlich nicht abschätzen wie viele – aber es sind garantiert nicht mehr als zwei bis drei Mann. Der Rest verschwindet zwischendurch. Vielleicht bis sie die nächsten Gefangenen herbringen, so wie es bei euch der Fall war.“
„Wo reiten sie hin?“, fragte Leonardo.
„Meine Güte, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du einem Löcher in den Bauch fragst?“
„Ja, mein Großvater zum Beispiel, bei dem ich wohne. Aber er ist nicht der einzige.“
„Gewöhn dir das ab! Das ist ja furchtbar! Ich hoffe, auf dem Land sind nicht alle so!“
„Du hast mir noch keine Antwort gegeben!“
„Meine Güte, woher soll ich das wissen? Vermutlich brechen sie auf, um unsere Eltern zu verständigen oder ihnen noch ein bisschen mehr Angst zu machen, damit sie mehr Lösegeld zahlen.“
„Ist dir eigentlich aufgefallen, dass der Anführer der Bande eine Narbe über dem linken Auge hat. Außerdem habe ich gesehen, dass er den Dolch mit der linken Hand wirft.“
„Ein Linkshänder!“
„Richtig. Und die sind doch nicht so häufig. Wenn das alles hier vorbei ist, kann man ihn vielleicht dadurch erkennen…“
„Es ist unwahrscheinlich, dass du ihm noch mal begegnest, Leonardo“, erklärte Luca. „Abgesehen davon, scheint mir unsere Zeit in diesem Loch noch nicht allzu schnell vorbei zu sein…“ Eine Pause folgte. Leonardo wollte zunächst etwas erwidern, aber dann sprach Luca weiter und zwar im Flüsterton. „Sag das ja nicht zu laut, dass du einen der Kerle wieder erkennen könntest!“, meinte er. „Das wäre ein Grund für die, dich umzubringen. Ich habe auch einen von ihnen gesehen. Eine Narbe hatte er nicht, dafür habe ich richtig sein Gesicht sehen können, weil er die Maske abgenommen hatte. Meine Binde war etwas verrutscht. Aber ich würde den Kerlen das um keinen Preis sagen, denn ich weiß genau, dass ich dann geliefert bin.“
Leonardo atmete tief durch. „Verstehe“, murmelte er. Zum hundersten Mal verwünschte er sich, dass er unbedingt darauf gedrängt hatte, das Experiment mit der Brille durchzuführen. Großvater hatte ihm jegliche Feuer-Experimente innerhalb des Hauses verboten, nachdem er dadurch schon einmal fast einen verheerenden Brand ausgelöst hätte.
Diesmal hatte er es richtig machen wollen.
Aber offenbar waren er und Carlo einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und geradewegs dieser Bande von Entführern in die Hände gelaufen.
In seiner Vorstellung sah Leonardo jetzt das warme Kaminfeuer im Haus seines Großvaters vor sich, das er in den bereits kühler werdenden Nächten des Spätsommers hin und wieder entzündete. Bestimmt wird er jetzt auch davor sitzen!, dachte Leonardo. Feuerholz hatte Großvater zur Zeit genug.
Leonardo stellte sich vor, wie Großvater vor dem Kamin saß und sich
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