Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
für die er Verträge und Urkunden aufschreibt. Von denen kann er ja nicht viel Honorar verlangen.“
„Mein Vater arbeitet für Cosimo de’ Medici!“, erklärte Leonardo.
„Für den Stadtherrn von Florenz?“, wunderte sich der Narbige. „Ein Notar vom Land? Hat der nicht genug Schreiber, um sich seine Verträge aufsetzen zu können? Junge, du erzählst doch nur wieder eine Geschichte! Wahrscheinlich kann sich dein Vater kaum das Papier leisten, dass er für seinen Beruf braucht!“
„So wahr ich hier stehe, ist mein Vater für die Familie Medici tätig!“, beharrte Leonardo.
Das entsprach zwar den Tatsachen, aber Leonardo übertrieb dabei etwas. Ser Piero hatte vor einigen Wochen bei einem Grundstücksgeschäft in Empoli für Cosimo de’ Medici gearbeitet und hoffte nun natürlich regelmäßig für den Stadtherrn von Florenz und seine Familie tätig sein zu dürfen. Noch war es so, dass er manchmal von einem Bauern, der einen Antrag auf Befreiung von der Steuer aufgeschrieben haben wollte, weil die Ernte schlecht war, nur einen Korb mit Äpfeln als Honorar erhielt, weil der Bauer selbst nichts hatte.
Nicht ohne Grund ließ Ser Piero seinen Sohn Leonardo von dessen Großvater aufziehen.
Aber wenn herauskam, dass Ser Piero sogar zu arm gewesen war, Leonardo eine Lateinschule besuchen zu lassen, machten die Maskierten wahrscheinlich ihre Drohung wahr. Leonardo vermochte auch schlecht einzuschätzen, wie hoch die Summe wohl sein mochte, die sich die Banditen als Lösegeld vorstellten.
„Wir können ja mal jemanden zu diesem Ser Piero hinschicken“, meinte der Narbige. „Vielleicht ist ja doch etwas dran an der Geschichte.“
„Verschwendete Zeit“, lautete die Auffassung eines der anderen Männer. „Aber du musst es ja wissen.“
Der Narbige wandte sich noch mal an Leonardo. „Was ist mit deinem Freund?“, fragte er.
„Er heißt Carlo Maldini und ist der Sohn eines Händlers.“
„Eines kleinen Trödlers wahrscheinlich.“
„Herr Maldini ist der reichste Mann in Vinci – und Carlo trägt im Sommer Schuhe. Daran kann man das schon sehen!“
„Noch eine Frage.“
„Bitte!“
Der Blick des Narbigen bohrte sich förmlich in Leonardos Augen.
„Was habt ihr am Waldrand zu suchen gehabt?“
„Wir haben ein Experiment durchgeführt, für das ich weit genug von Vinci entfernt sein wollte, sodass keine Gefahr für das Dorf besteht.“
Leonardo konnte sehen, wie sich bei dem Anführer der Maskierten die Stirn in Falten zog. Die Augenbrauen bildeten eine Schlangenlinie und die Narbe über dem linken Auge veränderte ihre Form.
„Was soll das für ein Experiment gewesen sein?“
„Es hatte etwas mit der gebündelten Kraft der Sonne zu tun!“, erklärte Leonardo.
„Wovon redet der Junge?“, meldete sich einer der Männer.
„Mach es vor!“, befahl der Mann mit der Narbe.
„Dazu brauche etwas trockenes Gras oder trockene Zweige!“
„Na los, worauf wartet ihr!“, fuhr der Narbige seine Leute an, woraufhin für Leonardo ein paar Zweige und Gras aufgesammelt wurden. Leonardo schichtete es sorgfältig auf. Dann nahm er die Brille hervor und hielt sie so in die Sonne, dass sich die Strahlen auf dem trockenen Brennmaterial bündelten. Wenig später stieg Rauch auf. Es brannte.
Da sich auf dem steinigen Boden aber ansonsten kaum Pflanzen oder anderes brennbares Material befanden, konnte sich das Feuer auch nicht ausbreiten, so wie es bei dem Experiment am Waldrand geschehen war. Nachdem alles verbrannt war, verlöschte das Feuer.
„Alle Achtung!“, meinte der Mann mit der Narbe. Er wandte sich an die anderen. „Wenn ihr ungeschickten Trottel es mal wieder nicht hinbekommt, ein Lagerfeuer anzuzünden, dann fragt einfach unseren kleinen Alchimisten hier!“
„Sollen wir ihm nicht besser dieses Glasding wegnehmen?“, fragte einer der Männer.
„Nicht nötig. Feuermachen kann er damit nur, wenn die Sonne scheint“, erwiderte der Narbige.
3.Kapitel
Fluchtpläne
Leonardo wurde zu den beiden anderen zurück in die Grube geschickt. Stattdessen musste nun Carlo den Maskierten Rede und Antwort stehen. Durch eine unabhängige Befragung der beiden Jungen wollten die Banditen wohl sicher gehen, dass sie die Wahrheit zu hören bekamen.
Vollkommen verschreckt kehrte Carlo zurück. Von der Unterhaltung zwischen ihm und den Maskierten hatte Leonardo etwas mitbekommen.
„Ich glaube, das geht noch übel für uns aus!“, meinte Carlo angstvoll. „Einige der Männer meinte,
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