Dackelblick
Da muss ich gar nicht erst durch den halben Park hechten.«
»Ach, und woher willst ausgerechnet du das wissen? Für jemanden, der einen Plastikkameraden nicht von einem echten Piepmatz unterscheiden kann, machst du dich ganz schön wichtig.«
Beck ignoriert meinen Seitenhieb komplett, stattdessen macht er mit seiner Pfote eine Bewegung Richtung Zielperson.
»Schau mal genau hin. Der Schirm hat ein ganz auffälliges Blumenmuster.«
Hm, stimmt, große und kleine Blumen bilden aparte Kreise.
»So, und hier wieder eine Lektion in
Verstehe den Menschen:
Blumen sind ein Frauenmuster. Da brauchst du gar nicht erst hinterher. Ich habe noch nie einen Mann getroffen, der mit einem Blümchen-Schirm losgezogen wäre. Sparen wir also unsere Energien für den Ernstfall.«
Interessantes Konzept, Muster für Frauen und Muster für Männer. Ich frage mich, wofür das gut sein soll. Ob sich Männer und Frauen sonst nicht gleich erkennen? Immerhin sind ihre Nasen so gut wie taub, da muss man vielleicht auf Hilfskriterien zurückgreifen.
Wir lungern weitere ereignislose zehn Minuten im Park herum. Er ist zwar sehr groß, aber auch ziemlich rund, so dass man von der Mitte aus einen sehr guten Überblick hat. Man sieht: nichts. Kein einziger Mensch ist unterwegs. Langsam beginne ich trotz meines dichten Fells durchzuweichen. Vielleicht hat Herr Beck Recht, und wir sollten wieder nach Hause traben. Gerade will ich Beck meine Niederlage eingestehen, als sich doch noch ein unerschrockener Zweibeiner blicken lässt. Und diesmal ist es eindeutig ein Mann - er hat keinen Schirm in der Hand, sondern joggt ziemlich locker von der rechten Ecke des Parks direkt auf uns zu.
»Nanu, will der zu uns?«, wundere ich mich.
»Scheint so zu sein. Wahrscheinlich will er abkürzen. Ist ja kein Vergnügen, bei dem Wetter durch die Gegend zu rennen«, stichelt Beck. »So, gleich ist er da. Du wolltest doch improvisieren. Dazu hast du jetzt reichlich Gelegenheit, ich habe nämlich überhaupt keinen Plan, wie wir uns den Kerl genauer anschauen können. Und wir wollen doch nicht einfach irgendwen für Carolin aufgabeln, oder?«
Also echt, der nervt. Warum ist er dann überhaupt mitgekommen, wenn er sowieso alles doof findet? Als Jagdhund wäre Beck wahrscheinlich schon längst wegen Defätismus von seinem Herrchen erschossen worden. Andererseits ist der Jogger wirklich gleich da. Und ja, ich habe noch keinen tollen Plan. Fieberhaft grüble ich nach.
Der Jogger hat uns schon fast passiert, da schmeiße ich mich kurzentschlossen und mit einem herzzerreißenden Jaulen direkt vor seine Füße. Es sieht mit Sicherheit so aus, als hätte ich furchtbare Schmerzen und brauchte dringend Hilfe. Wolln doch mal sehen, ob der Herr Tierfreund ist und sich um mich kümmert. Das mit dem Prinzen können wir dann immer noch herausfinden.
Zwei Sekunden später bin ich mir nicht mehr so sicher, dass meine Idee so gut war: Der Mann versucht, mir auszuweichen, stolpert und fällt direkt vor Herrn Beck auf die Nase. Er bleibt kurz liegen, dann rappelt er sich auf, schüttelt sich und reibt sich den rechten Arm. Als er wieder steht, geht er auf mich zu, guckt mich kurz an - und brüllt los: »Pass gefälligst auf, wo du hinspringst, du blöde Scheißtöle!«
Okay, ganz offenkundig kein Gentleman im engeren Sinne. Er holt mit dem rechten Bein zu einem Tritt aus, aber bevor er mir den verpassen kann, rennen Beck und ich auch schon los und verstecken uns hinter dem nächsten Busch. Auweia! Was für eine Pleite! Beck sagt erst einmal nichts, bis wir beide wieder Luft geholt haben, dann schüttelt er langsam den Kopf.
»Wirklich, was war das denn für eine Aktion? Das konnte ja nur in die Hose gehen.«
»Ich habe wenigstens etwas
gemacht.
Du stänkerst hier nur die ganze Zeit rum!«, verteidige ich meine unkonventionelle Vorgehensweise bei der Herrchensuche.
»Ha! Operative Hektik war das, nichts weiter! Ich frage mich, was du gemacht hättest, wenn dich der Typ eben gleich einkassiert hätte. Oder wenn er auf dir gelandet wäre. Dann wärst du jetzt aber platt wie ein Pfannkuchen. Mir ist das zu blöd, ich gehe jetzt.«
Ich lasse die Ohren hängen. Irgendwie ist an dem, was Beck sagt, schon was dran. Dabei hatte ich mir die ganze Sache gar nicht so schwer vorgestellt. Als Nina von der Prinzensuche im Park erzählte, klang es ganz einfach. Mist.
Offensichtlich sehe ich sehr niedergeschlagen aus, denn Beck stupst mich in die Seite und schlägt geradezu tröstende Töne
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