Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dackelblick

Dackelblick

Titel: Dackelblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frauke Scheunemann
Vom Netzwerk:
an.
    »Nu, nu - die Welt geht doch nicht unter, nur weil es am ersten Tag nicht klappt. Du unterschätzt auch die Wirkung von Regen auf Menschen. Die meisten mögen ihn eben nicht besonders und bleiben lieber zu Hause. Sieh sie dir doch an - von Bewegungsdrang keine Spur. Von den paar Joggern mal abgesehen, hält ein Mensch es mühelos mehrere Tage auf einem Sofa aus. Selbst mir als Kater wäre das zu langweilig! Aber du wirst sehen: Sobald die Sonne scheint, ist es hier im Park wieder knallvoll. Dann schlendern wir unauffällig von Bank zu Bank und suchen uns die besten Kandidaten aus. Und dann kannst du noch mal mit deiner >Ich bin ein armer, kranker Dackel-Nummer< ankommen. Die war im Grunde gar nicht so schlecht.«
    Ich blicke Herrn Beck erstaunt an. »Ehrlich? Du fandst den Plan nicht so schlecht?«
    »Nein. Annehmbar. Jedenfalls für einen, der von einem Hund ausgeheckt wurde.«
    Die Luft scheint wieder rein zu sein, also verlassen wir unser Versteck und trotten Richtung Heimat. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen, und tatsächlich lassen sich nun ein paar Menschen mehr blicken. Gut, immer noch nicht umwerfend viele, aber es ist auch egal, denn momentan habe ich sowieso keine Lust mehr auf Kontaktanbahnung. Mit gesenktem Kopf schleiche ich über den Schotterweg - und falle fast über Herrn Beck, der sich direkt vor mir postiert hat.
    »Hey, Kleiner, stopp mal! Da vorne sehe ich genau die Situation, auf die wir die ganze Zeit gewartet haben.«
    Erstaunt blicke ich hoch. Tatsächlich: Auf der nächsten Parkbank sitzt ein Mann. Obwohl die Bank bestimmt noch ziemlich nass ist, hat er es sich dort gemütlich gemacht und bereitet offensichtlich ein kleines Picknick vor, eine Flasche hat er jedenfalls schon neben sich gestellt und gerade jetzt kramt er in einer mitgebrachten Tüte herum. Ich trabe näher an die Bank heran, um den Mann besser betrachten zu können. Wie ein Prinz sieht er nicht gerade aus. Irgendwie ein bisschen zerknittert. Seine Haare sind grau und etwas länger, wirr fallen ihm einzelne Strähnen immer wieder ins Gesicht. Außerdem hat er einen Bart, der fast ein wenig wie Rauhaardackelfell aussieht.
    »Hm, meinst du, das ist der Richtige? Da habe ich doch arge Zweifel.«
    Aber Beck lässt das nicht gelten. »Und wenn schon! Es ist zumindest eine Gelegenheit - sollten wir die nicht nutzen? Wenn's nicht funktioniert, sammeln wir wenigstens Erfahrung. Dann sind wir gut vorbereitet auf die wirklichen Top-Kandidaten.«
    So habe ich es noch gar nicht gesehen. Katzen sind eben echte Strategen. Und Beck hat sich noch mehr Gedanken gemacht.
    »Also, wir schleichen zu dem Typen rüber. Dann kommt deine Kranker-Hund-Nummer. Gib ruhig ein bisschen Gas, so mit rumwälzen, jaulen, das volle Programm. Wenn er sich um dich kümmert, versuche ich ihm begreiflich zu machen, dass er mit dir zu unserem Haus gehen soll.«
    »Und wie willst du das machen?«
    »So wie du. Improvisieren!«
    Bei der Bank angekommen, suche ich ein strategisch gutes Plätzchen für meine Showeinlage. Noch hat der Mann mich nicht bemerkt, zu beschäftigt ist er mit seiner Tüte. Ab und zu streicht er sich seine halblangen grauen Haare aus dem Gesicht und steckt sie hinter die Ohren. Ich lege mich links neben seine Füße und drehe mich auf den Rücken. Dann fange ich an, laut zu winseln, mit meinen Beinen zu strampeln und mich hin und her zu winden. Ein Bild des Jammers und des Elends - wer darauf nicht reagiert, hat ein Herz aus Stein und verdient unsere Caro nicht!
    Tatsächlich lässt der Mann von seiner Tüte ab und beugt sich zu mir herunter.
    »Sag mal, was bist du denn für einer? Und was machst du da eigentlich?«
    Ein strenger Geruch weht zu mir herüber, nach Schweiß und ... und ... ja, genau: und nach dem Zeug, das Carolin in dieser furchtbaren Nacht getrunken hat. Ungute Erinnerungen steigen in mir hoch, und ich würde die ganze Veranstaltung hier liebend gerne abblasen. Aber aus den Augenwinkeln kann ich genau sehen, dass Herr Beck nur einen Meter weiter rechts von uns sitzt und mich mit Argusaugen beobachtet. Scheint ein Riesenspaß für ihn zu sein. Wenn der meint, dass ich jetzt aufgebe, hat er sich geschnitten. Das ziehe ich durch, wuff!
    Ich zappele noch ein bisschen hin und her und versuche, noch mehr Dramatik in die Angelegenheit zu bringen, indem ich die Augen verdrehe und mit der Schnauze zucke.
    »Mönsch, du armes Vieh, dir geht's ja richtig schlecht! Komm, Willi hebt dich mal hoch.«
    Mit diesen Worten fasst mich

Weitere Kostenlose Bücher