Dackelblick
noch mal angerufen?«, will Carolin von Daniel wissen. »Sie wollte eigentlich heute mit einem Cello zum Schätzen vorbeikommen. Soll restauriert werden, wenn sich das lohnt.«
Cello. Was für ein schönes Wort. So weich und trotzdem irgendwie ... feurig. Was mag das sein? Und ob es irgendwas mit dem Dings zu tun hat, was Daniel vorhin noch in der Hand hatte? Na, ich werde es herausfinden, ich bin ab heute ja öfter in der Gegend.
»Ja, sie war kurz da und hat das Instrument hiergelassen. Ich habe es dir auf deinen Platz gelegt. Es war ihr aber nicht besonders eilig. Reicht völlig, wenn du sie Montag anrufst.«
»Ach gut. Wenn ich ehrlich bin, würde ich mir gerne den Rest des Tages freinehmen und Herkules sein neues Zuhause und die neue Umgebung zeigen. Einen kleinen Spaziergang im Park haben wir eben schon versucht, aber Herkules mag seine neue Leine nicht. Vielleicht übe ich gleich noch mal ein bisschen mit ihm.«
»Mach nur, bei mir gibt es auch nichts Dringendes. Jedenfalls nichts, was ich nicht ohne dich schaffen würde.« Daniel lächelt wieder und reicht mich an Carolin zurück.
Es ist schon toll, was für unterschiedliche Gesichtsausdrücke Menschen so hinbekommen. Ist natürlich auch viel einfacher, wenn man nicht so viele Haare um Augen und Nase hemm hat. Jetzt gerade hat dieser Daniel meine Carolin so angeschaut, als würde er ihr auch gerne übers Gesicht lecken.
Aber das machen Menschen anscheinend nicht. Habe ich jedenfalls noch nie bei ihnen gesehen. Auf und ab springen tun sie übrigens auch nicht. Komisch, oder? Dabei fühlt sich das so gut an, wenn man sich freut.
»Daniel?«
»Ja?«
»Das ist für dich okay mit dem Hund, oder?« »Klar, mach dir keine Gedanken.«
»Ich meine nur - es war ja eine ziemlich spontane Idee, und eigentlich wollte ich dich vorher fragen. Aber dann war ich schon mal aus reiner Neugier im Tierheim und habe mich gleich in dieses kleine Kerlchen verliebt.«
»Der ist aber auch wirklich süß. Ich kann verstehen, dass du ihn gleich mitnehmen wolltest. Allein diese großen braunen Knopfaugen. Ich finde übrigens, man sieht kaum, dass er ein Mix ist. Schlappohren und relativ kurze Beine - ziemlich langen Rücken hat er auch. Also, wenn du mich fragst, der kommt bestimmt aus einer richtigen Dackelfamilie, viele andere Rassen sind da garantiert nicht mit drin.«
Daniel, du bist mein Mann! Am liebsten würde ich von Carolins Arm direkt zu Daniel springen und ihn noch einmal von oben bis unten abschlecken - so gut tut mir sein Kompliment. Ich habe das Gefühl, spontan um eine Pfotenbreite gewachsen zu sein. Stolz belle ich los.
»Das scheint dich ja richtig zu freuen! Carolin, ich glaube, du hast es hier mit einem sehr stolzen Exemplar zu tun. Wahrscheinlich müssen wir uns anstrengen, seinen Ansprüchen zu genügen.«
Weder lachen beide, und Carolin krault mich noch einmal hinter den Ohren. »Tja, mein Süßer, dann will ich mir mal Mühe geben, damit du dich auch wohlfühlst bei uns.«
Als ich nachts in meinem neuen Körbchen liege, bin ich erschöpft, aber glücklich. Eine Stunde waren wir noch im Park spazieren und haben die Sache mit der Leine geübt. Um Carolin einen Gefallen zu tun, bin ich meistens brav hinter ihr her getrabt, nur ab und zu, wenn ich mir sicher war, an einem Kaninchenbau vorbeigekommen zu sein, habe ich mich auf den Hintern gesetzt und wild geknurrt. Schließlich habe ich auch einen Ruf als Jagdhund zu verteidigen. Aber mit gutem Zureden und einigen Scheiben Fleischwurst haben wir doch eine ziemlich große Leinenrunde im Park geschafft. Ein paar Hunde haben wir auch getroffen, aber mir war nicht nach reden. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.
Bevor ich einschlafe, kommt Carolin noch einmal vorbei und legt mir eine weiche Decke ins Körbchen. Sie schmust ein bisschen mit mir, dann flüstert sie mir ins Ohr: »Weißt du, mein Süßer, eigentlich ist es eine Schande, dass ich mir nicht längst einen Hund angeschafft habe. Hier ist es wirklich ideal für ein Kerlchen wie dich. Tagsüber kannst du mit mir in die Werkstatt kommen oder in unserem Garten herumstromern. Und immer, wenn ich eine Pause mache oder freihabe, dann gehen wir hier spazieren. Na, wie klingt das?«, will sie dann wissen, und endlich - endlich! - kann ich ihr auch einmal übers Gesicht schlecken. Carolin kichert, streichelt mich noch einmal und wünscht mir eine Gute Nacht.
Hach, ich habe es richtig gut getroffen: ein nettes Frauchen, ein nettes Herrchen - eigentlich
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