Dämenkind 2 - Kind der Götter
Fußboden kauern gesehen und sie eintönig vor sich hin summen gehört. Auch die Wächter hatten dafür gesorgt, dass er sich schleunigst entfernte, doch das Erlebnis hatte bei ihm bezüglich der Frage, wer die Wahnsinnige sein mochte, die brennendste Neugierde hinterlassen.
In der dritten Woche nach Mikels Verbringung zu den Hütern sandte Mahina ihn zu Hauptmann Tenragan. Ein Bote aus dem Vorfeld des medalonischen Heerlagers war angelangt, und Mahina wünschte sich, dass sich der Hauptmann über die Neuigkeiten in Kenntnis setzen ließ. Es musste um etwas Bedeutsames gehen, so viel wurde Mikel klar, aber er musste sich auf den Weg machen, ehe er erfuhr, welche Nachricht der Bote zu vermelden hatte.
Obwohl es Mikel Angst machte, bei Hauptmann Tenragan vorsprechen zu müssen, frohlockte er über die Gelegenheit, mit höherer Erlaubnis den Übungsplatz aufsuchen zu dürfen. Er eilte durch die Zeltreihen, ohne dass die Hüter-Krieger sich weiter um ihn scherten. Der Tag war recht kühl und still. Dunstwolken wehten wie Rauchfähnchen durchs Lager. Mikel bewegte sich nahezu im Laufschritt fort, denn je früher er den Übungs
platz betrat, umso länger konnte er seine Aufmerksamkeit dem Treiben der Hüter schenken, ehe er wohl oder übel Hauptmann Tenragan ausfindig machen musste.
Der Übungsplatz umfasste ein ausgedehntes Gelände nördlich des Verräter-Kastells. Dort wogte immerzu Staub, herrschte ständiges Gelärme, die Stiefel tausender von Kriegern, die das Kriegshandwerk übten, hatten das hohe Gras längst zertrampelt. Als er den Platz erreichte, verlangsamte Mikel seine Schritte und suchte sich vorsichtig eine Gasse zwischen Männern, die voller Eifer mit Speeren eine Art von Vogelscheuchen durchbohrten, die an tief in den Untergrund gerammte Pfähle genagelt waren. Etwas weiter beschäftigte sich eine andere Schar Männer, die rot bemalte Schilde trugen, mit dem Schwingen von Schwertern. Der Sergeant, der sich ihrer Unterweisung widmete, brüllte ungeduldig Befehle, die das flinke Drehen des Handgelenks und die angebrachte Seitenhaltung des Körpers angingen, und ließ zwischendurch einen ungelenken Burschen wissen, dass ihm, sollte er auch künftig seinen Schild als Gegengewicht benutzen, anstatt sich damit zu schützen, unzweifelhaft die Ehre zufallen werde, bei der Verteidigung Medalons als Erster ins Gras zu beißen.
Danach geriet Mikel zu einer Horde hythrischer Reiter, die auf ihren wunderschönen goldbraunen Rössern umherjagten und Pfeile auf Melonen verschossen, die man auf kurze Pfosten gespießt hatte. Welle auf Welle galoppierten die Berittenen auf die Ziele zu, die bei jedem Treffer zu rötlich gelbem Matsch zerspritzten. Die Reiter schossen den Pfeil seitwärts ab, spannten im Dahinsprengen den Bogen neu und fassten das nächste
Ziel ins Auge, ohne dass sie ins Stocken kamen. Die Hythrier lenkten ihre Reittiere mit den Knien und wirkten ganz so, als könnte nichts sie aus dem Sattel stürzen.
Bei den karischen Ordensrittern war es üblich, die Schlachtrösser nach ihrer Fähigkeit auszuwählen, das Gewicht eines voll gewappneten Mannes zu tragen. Beweglichkeit und Schnelligkeit standen an nachrangiger Stelle. Mikel dachte an Herzog Laethos riesiges, sehr teures Streitross, das im Vergleich zu den geschmeidigsehnigen hythrischen Pferden plump und ungeschlacht wirkte, und fragte sich mit einer gewissen Bangigkeit, wie ein so schweres Tier sich im Kampf gegen Hythrier wohl bewähren mochte.
Mikel eilte weiter in die Richtung, die Mahina ihm zu Hauptmann Tenragan gewiesen hatte, und schaute währenddessen über die Schulter den hythrischen Reitern zu. Nochmals blieb er kurz stehen, um einer weiteren Anzahl von Bogenschützen zuzusehen, die zur Übung etliche mit Panzerung ausgestattete Ziele angriffen; sie zielten sorgfältig und schossen mit eindeutigem Vorsatz auf die Schwachstellen der Rüstungen, die sie mit mörderischer Sicherheit trafen. Bei dieser Beobachtung verdüsterte sich Mikels Miene. Zwar übte hier jeder Krieger für die kommende Schlacht, aber diese Schützen bereiteten sich eigens darauf vor, die Ritter zu töten oder kampfunfähig zu machen, die an der Spitze des karischen Ansturms reiten sollten.
Ein Schaudern packte Mikel. Es hatte den Anschein, als nähmen die Medaloner die Kriegsführung viel, viel ernster als seine Landsleute. Aber es bleibt ihnen ja gar keine andere Wahl , rief er sich in Erinnerung. Sie sind in
der Unterzahl und haben nicht den Allerhöchsten auf
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