Dämenkind 2 - Kind der Götter
dir.«
»Ich weiß«, gestand Tarjanian und ergriff das Schüreisen, um die Glut ein wenig anzufachen. »Ich habe ihm angedroht, seinem Bruder die Finger abzuhacken.«
»Warum?«
Er stellte das Schüren des Feuers ein und sah ihr ins Gesicht. »Weil er ein nachgerade besessener Anhänger des ›Allerhöchsten‹ ist, und hätte ich nicht auf eben diese Weise seinen Flegeleien ein Ende bereitet, wäre er längst tot. Es ist besser, er fürchtet mich und behält das liebe Leben lange genug, um zum Mann zu reifen, als dass eine hythrische Klinge ihn aufschlitzt.«
R'shiel lächelte ihn an und trat näher. Sie duftete nach Sommer, Leder und der Liebe der vergangenen Nacht. Diese Mischung lenkte Tarjanian gehörig vom Denken ab und machte ihn schwindelig.
»Wirst du es denn nie müde«, spöttelte sie, »so großmütig zu sein?«
Er hatte nicht die Gelegenheit, eine ähnlich geistreiche Antwort zu ersinnen, da sie die Arme um seinen Hals schlang und ihn küsste. Das Schüreisen entglitt seiner
Hand und fiel scheppernd auf den Fußboden, während seine Vernunft mehr und mehr schwand und er sich nur mit Mühe am Rande fragte, was alles die Harshini sie eigentlich gelehrt haben mochten. Entweder stammte die Sinnlichkeit, die sie verströmte, von einer Unterrichtung durch die Harshini her, oder sie hatte auf natürliche Weise die viel gerühmte Wollust dieses MagierVolkes geerbt.
»Wäre es wohl möglich, dass ihr beide eure versäumten Gelegenheiten andernorts nachholt?«
Tarjanian spürte R'shiels Schmunzeln, als sie den Kuss vorzeitig beendete und den Blick auf Brakandaran heftete. Der Harshini-Rebell schüttelte den Kopf. Neben ihm stand der karische Bursche und sah aus wie vom Donner gerührt.
»Sei mir gegrüßt, Brakandaran«, sagte R'shiel, ohne sich aus Tarjanians Armen zu lösen. »So bald haben wir dein Kommen nicht erwartet.«
»Wie ich sehr wohl sehe. Ich war, als der Junge mich fand, ohnedies in diese Richtung unterwegs.«
Mit gelindem Widerstreben nahm Tarjanian die Arme von R'shiels Körper und widmete dem Burschen einen grimmigen Blick. »Was stehst du da und glotzt?! Troll dich und besorg uns ein Morgenmahl!«
Stumm nickte Mikel und entfernte sich nahezu fluchtartig. Die Stirn gefurcht, schaute Brakandaran ihm nach. »Fast glaube ich, es bereitet dir Vergnügen, den Jungen einzuschüchtern, Tarjanian.«
»Was denn, schließlich bin ich ein erzschlechter, barbarischer Schuft und muss diesem Leumund gerecht werden.«
Erneut schüttelte Brakandaran den Kopf, als wäre er der menschlichen Torheiten überdrüssig. »Er hat gesagt, du wollest mit mir sprechen.«
»Ich hätte gern genaueren Aufschluss über die Fähigkeit der Dämonen, zu anderen Erscheinungen und anderer Gestalt zu verschmelzen«, antwortete Tarjanian und schob, da inzwischen neue Flammen die Düsternis des Saals mit rötlichem Feuerschein aufhellten, ein kleines Holzscheit in die Glut. Mit dem Morgengrauen sickerten Streifen trüber Helligkeit in den langen, über Nacht ausgekühlten Saal, und die Atemzüge der Anwesenden bildeten bei jedem Wort Dampfwölkchen.
Brakandaran blickte R'shiel an, die jedoch mit ratloser Miene lediglich die Schultern hob.
»Könntest du vielleicht eine etwas verständlichere Frage stellen?«, bat der Harshini. »Selbst wenn uns eine Woche zur Verfügung stünde, wäre es mir dennoch unmöglich, dir bloß ein Zehntel all dessen zu erläutern, was ich über diese Sachverhalte weiß.«
»Sind die Dämonen dazu fähig, menschliche Gestalt anzunehmen?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, warum dergleichen ihnen ein Spaß sein sollte, aber es ist ihnen durchaus möglich.«
»Können sie Äußeres nachahmen? Also die Erscheinung eines bestimmten Menschen?«
Argwöhnisch kniff Brakandaran die Lider zusammen. »Mir schwant, wohin deine Überlegungen uns führen, aber ich muss bejahen, Tarjanian, dazu sind sie imstande. Doch bevor du an deinem Einfall einen allzu großen Narren frisst, lass mich einige Dinge darlegen. Je
schwieriger eine bestimmte Gestalt nachzubilden ist, umso kürzer ist die Frist, für deren Dauer die Verschmelzung aufrechterhalten werden kann. Wenn mein Verdacht stimmt, was deine Absicht anbelangt, muss ich einwenden, dass ihr Gelingen ausgeschlossen ist. Es ist mühselig genug, eine Menschengestalt beizubehalten, und was du dir ausmalst, würde aberdutzende von Dämonen erfordern, um zu gewährleisten, dass sie überzeugend auftritt und glaubwürdige Reden führt. Deshalb dürfte man
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