Dämmerschlaf - Roman
muss.»
«Sagte sie auch, wie?»
«Sie sagte etwas vo n … seine Schulden würden bezahlt.»
Manford stand auf, ging zum Kamin und lehnte sich gegen den Sims. Er schaute auf seine Frau hinunter, die ihrerseits in die glühende Asche starrte. «Glaubst du etwa, ich hätte ihr das angeboten, wenn wir nicht wirklich in der Klemme gesteckt hätten?»
Seine Stimme schwoll wieder an, und er klang ungehalten, aber ein vorsichtiger Blick auf sein Gesicht zeigte ihr, dass die gequälten Züge feucht von Schweiß waren. Ihr erster Gedanke war, dass er krank sein müsse, dass sie bei ihm Fieber messen sollte. Auf Berührung mit menschlichem Leid reagierte sie immer mit Erste-Hilfe-Maßnahmen. Doch nein, das war es gar nicht; er war unglücklich, das war es, er war verzweifelt unglücklich. Aber warum? Fürchtete er vielleicht, seine Befugnisse überschritten zu haben, als er, in ihrem Namen handelnd, da für Rückfragen keine Zeit geblieben war, in einem solchem Ausmaß gehaftet hatte? Offenbar hatte die Vorstellung eines Zwists zwischen Lita und Jim und auch Litas Gier nach schauspielerischem Ruhm ihn zutiefst erschüttert – im Grunde viel mehr als Pauline. Wenn sie mit dieser Vermutung recht hatte, so war sein impulsives Handeln eine natürliche Regung gewesen und entsprach in hohem Maße jenen Wyant’schen Familiengepflogenheiten, mit denen sie sich (in passenden Augenblicken) noch immer identifizierte. Ja, sie verstand allmählich, warum er dachte, es müsse abscheulich für sie sein, die Namen ihrer Schwiegertochter und dieses nichtswürdigen italienischen Neffen in riesigen Lettern über jedem Filmpalast im Land zu sehen. Sie war gerührt ob seiner Rücksicht auf ihre Gefühle. Schließlich waren Lita und Michelangelo ja nicht mit ihm verwandt, wie er schon sagte; er hätte sich leicht aus der ganzen Sache heraushalten können.
«Bestimmt hast du das Richtige getan, Dexter; du weißt, dass ich deinem Urteil immer vertraue. Nur – ich wollte, du würdest mir erkläre n …»
«Was erklären?» Ihre sanfte Antwort schien eine neue Woge des Zorns zu provozieren. «Die einzige Möglichkeit, sein Kommen zu verhindern, war die Bezahlung seiner Schulden. Sie sind sehr hoch. Ich gebe zu, ich hatte kein Recht, dich zur Kostenübernahme zu verpflichten.»
Sie holte tief Luft; die Ziffern von Michelangelos Schulden leuchteten vor ihr auf wie auf einer riesigen Tafel. Dann sagte sie: «Du hattest jedes Recht, Dexter. Ich bin froh, dass du es getan hast.»
Schweigend stand er da, den Kopf gesenkt, und drehte die Zigarre, die wieder anzuzünden er vergessen hatte, zwischen den Fingern. Es war, als hätte es ihm vor Schreck über ihre rasche Einwilligung die Sprache verschlagen, als wäre es ihm leichter gefallen, weiter zu streiten und sich zu rechtfertigen. «Das is t … sehr nobel von dir, Pauline», sagte er schließlich.
«Aber nein, wieso? Ich weiß, du hast es aus Rücksicht auf mich getan. Nur – vielleicht hast du nichts dagegen, wenn wir die Sache ein wenig bespreche n … Die Mittel und Weg e …», fügte sie hinzu, als sie sah, dass sich seine Stirn wieder verdüsterte.
«Mittel und Wege, oh, natürlich. Aber wohlgemerkt, ich erwarte nicht, dass du die ganze Summe allein übernimmst. Ich habe in letzter Zeit zweimal ein stattliches Honorar erhalten; ich habe bereits angeordne t …»
Sie unterbrach ihn rasch. «Das ist nicht deine Angelegenheit, Dexter. Du bist immer furchtbar großzügig, aber niemals würde ich zulassen, dass d u …»
«Es ist sehr wohl meine Angelegenheit, es ist unsere Angelegenheit. Ich wünsche mir diesen widerlichen Ruhm genauso wenig wie du, und obendrein würde Jims Glück zu Bruch gehen.»
«Du bist furchtbar großzügig», wiederholte sie.
«Das Wichtigste ist nun, Jim und Lita zu helfen. Wenn dieser junge Gimpel mit einem Vertrag von Klawhammer in der Tasche herüberkäme, wäre sie nicht mehr zu halten. Und sobald diese Bande eine Frau einmal in den Fängen ha t …»Er sprach, als bekomme er vor Ärger kaum Luft und könne nicht glauben, dass Pauline noch immer nicht verstehe.
«Das ist sehr anständig von dir, mein Schatz», konnte sie nur murmeln. Es folgte eine Pause, in der sie zum ersten Mal ihre Gedanken zu sammeln vermochte und versuchte, die Situation zu erfassen. Dexter hatte Michelangelo bestochen, um ein weiteres störendes Element aus den familiären Verwicklungen herauszuhalten, vielleicht auch, um sich die Scherereien mit einem faulen, Unruhe stiftenden
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