Daemmerung der Leidenschaft
wenig ins Lot zu bringen, wenn er danach nach Davenport zurückkehren konnte, dann war Roanna zu allem bereit. Und tief in ihrem Innern, in jenem versteckten Winkel, schwindelte es sie vor Glück. Egal aus welchem Grund, eine kurze Zeitlang würde er ganz ihr gehören, eine Erfahrung, die sie für die zukünftigen, leeren Jahre in ihrem Herzen bewahren konnte.
Er warf seinen Hut auf den Stuhl, fläzte sich aufs Bett und knautschte das Kissen unter seinem Kopf, bevor er sich dagegen lehnte. Seine leicht verengten grünen Augen glitten hungrig über ihren Körper.
»Los, zieh dich aus!«
Benommen stand sie da, mit hängenden Armen, und wußte nicht, was sie sagen sollte. Wollte er wirklich, daß sie sich einfach so vor ihm auszog?
»Nun, anscheinend hast du deine Meinung geändert«, sagte er gedehnt, setzte sich auf und griff nach seinem Hut.
Roanna riß sich zusammen und fuhr mit den Händen an die Knöpfe ihrer Bluse. Sie hatte beschlossen, es zu tun, also was machte es schon aus, wenn er sie vorher ansehen wollte? In Kürze würde er viel mehr tun, als nur zuschauen. Fassungslos war sie hauptsächlich über ihre Bereitwilligkeit, und ihre Hände mühten sich zitternd mit den Knöpfen ab. Es war schon komisch, daß ihr das so schwerfiel, sich für ihn auszuziehen, wo sie doch seit Jahren von nichts anderem träumte. Lag es daran, daß sie immer gehofft hatte, er würde aus Liebe zu ihr kommen, und nun geschah das Gegenteil?
Aber es spielt keine Rolle, sagte sie sich wieder und wieder, wie eine Litanei, die sie davor schützte, zuviel nachzudenken. Es spielt keine Rolle, es spielt keine Rolle!
Die Knöpfe waren schließlich auf, und die Bluse hing offen. Sie durfte nicht innehalten, oder sie würde ihren Mut total verlieren. Mit raschen, nervösen Bewegungen zog sie die Bluse von ihren Schultern und ließ sie über ihre Arme zu Boden gleiten. Ansehen konnte sie ihn nicht, aber sie fühlte seinen Blick, bohrend, intensiv, wartend.
Ihr BH besaß einen Vorderverschluß. Flüchtig, vor Kälte zitternd, wünschte sie, es wäre ein sexy Spitzen-BH, doch bestand er aus einfacher, weißer Baumwolle, mehr zweckdienlich als verführerisch. Sie löste die Häkchen, zog die Träger von ihren Schultern und ließ das Kleidungsstück dann auf den Boden gleiten. Die kalte Luft strich über ihre nackten Brüste, so daß sich ihre Warzen zu steifen Knospen verhärteten. Sie wußte, daß sie mit ihrem Busen keinen Staat machen konnte. Ob er sie ansah? Sie wagte nicht den Blick zu heben, weil sie schreckliche Angst davor hatte, Enttäuschung auf seinem Gesicht zu lesen.
Sie wußte nicht, wie man sich verführerisch entkleidete. Ihre Ungeschicklichkeit beschämte sie zutiefst, und sie wußte, daß man das Ganze viel anmutiger, verlockender machen konnte, so, daß dem Mann bei der langsamen Enthüllung von immer mehr nackter Haut ganz heiß wurde – aber das hatte sie leider nie geübt. Alles, was sie konnte, war, Knöpfe aufmachen, Reißverschlüsse herunterziehen wie ein Schulmädel, das sich für den Turnunterricht umzieht.
Da war es wohl am besten, das Ganze so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, bevor sie noch die Nerven verlor. Eilig kickte sie ihre Sandalen von den Füßen, öffnete den Reißverschluß ihrer Hose und beugte sich vor, um sie runterzuziehen. Es war jetzt richtig eisig im Zimmer, und sie bekam überall Gänsehaut.
Nun stand sie im Höschen da, und der Mut war ihr inzwischen beinahe völlig abhanden gekommen. Ohne sich Zeit zum Überlegen zu lassen, fuhr sie mit dem Daumen unter den Bund und entledigte sich tapfer dieser letzten Bastion.
Immer noch sagte er kein Wort, rührte sich nicht. Ihre Hände zuckten kurz, als wollte sie sich bedecken, doch dann ließ sie die Arme hängen und starrte wie blind auf den schäbigen Teppich zu ihren nackten Füßen. Dabei fragte sie sich, ob es wohl möglich war, aus Scham zugrunde zu gehen. Sie zwang sich mittlerweile zum Essen, war aber immer noch recht dünn, eine magere Gabe auf dem Altar der Rache. Wenn nun ihre Nacktheit nicht begehrenswert genug für ihn war ... am Ende lachte er sie sogar aus?
Er war vollkommen still. Sie konnte ihn nicht einmal atmen hören. Das Zimmer um sie herum begann sich zu drehen, und sie zwang sich, tief Luft zu holen und Sauerstoff in ihre zusammengepreßten Lungen zu saugen. Unfähig, ihn anzusehen, kam ihr auf einmal der panische Gedanke, er könne möglicherweise mehr getrunken haben, als sie gedacht hatte, und sei
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