Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
Ihnen geredet, woran Sie wohl wirklich interessiert sind.«
»Bin ich das«, sagte Haynes, ohne es wie eine Frage klingen zu lassen.
»Er konnte nie verstehen, warum Sie Cop geworden sind.«
»Er hat nie gefragt.«
»Ich frage gern.«
»Weil ich einen Job gebraucht habe und sie bereit waren, mich einzustellen.«
»Ich hab mir so was gedacht, aber Steady behauptete, daß es viel komplizierter war als das.«
»Nun, wenn Sie als nicht praktizierender Quäker Anarchist werden und sich verdingen, um verrottete Regierungen, die Sie verachten, zu unterstützen, dann mag alles kompliziert erscheinen. Sogar aus dem Bett zu steigen.«
»Wußte er, daß Sie ihn so sehr verachten?«
»Ich habe ihn nicht gut genug gekannt, um ihn zu verachten.«
»Einmal hat er mir gesagt, er mache sich Sorgen, daß Sie nie über den Tod Ihrer Mutter hinweggekommen sind.«
In Haynes’ freudlosem Lächeln war nicht die mindeste Spur seines ererbten Charmes. »Sogar für Steady klingt das zu oberflächlich.«
»Warum?«
»Weil meine Mutter starb, als ich drei war, und ich mich nicht mal an sie erinnern kann. Drei Monate später hat Steady eine Französin geheiratet, Stiefmutter Nummer eins. Wir beide haben uns sehr nahegestanden. Als ich neun war, hat er sich scheiden lassen und eine Italienerin geheiratet, und wir sind zu dritt nach Italien gezogen. Stiefmutter Nummer zwei und ich wurden so gute Freunde, daß sie mich bei sich behalten wollte, als Steady die mexikanische Scheidung in der Tasche hatte. Und ich bin bei ihr geblieben.«
»Und dann?«
»Dann wurde ich dreizehn, und Steady hat mich in die Staaten gebracht und hier ins St. Alban’s gesteckt. Von den Stiefmüttern Nummer eins und zwei kriege ich heute noch Geburtstagskarten, aber Stiefmutter Nummer vier habe ich nie kennengelernt. Wie war sie?«
»Hübsch und ziemlich reich. Meiner Mutter hat Letty mal gesagt, sie hätte Steady geheiratet, weil er sie zum Kichern bringen konnte. Nicht Lachen. Kichern.«
»›Kein Grund mehr zum Kichern: Frau reicht Klage ein.‹«
»War sie da?« fragte Erika.
»In Arlington? Nein.«
»Wer war da?«
»Ein Typ von der CIA. Ich. Tinker Burns. Und Isabelle Gelinet.«
»Die liebe Isabelle«, sagte sie. »Als ich dreizehn war, träumte ich mit offenen Augen davon, wie sie ertrinkt. Manchmal ist sie im C and O Canal ertrunken. Manchmal direkt unterhalb von Great Falls. Aber am besten hat mir gefallen, wenn sie immer wieder im ekligsten Abschnitt des Anacostia ertrunken ist.«
Haynes lächelte. »Eifersüchtig?«
»Auf ihren Verstand, ihr Aussehen, ihren Stil und ihren Job als Auslandskorrespondentin. Welche Dreizehnjährige wäre das nicht? Aber am meisten war ich darauf eifersüchtig, daß sie mit Michael Padillo ins Bett hüpfen konnte, wann immer sie wollte.«
»Sie und Padillo? Ach du meine Güte!«
»Ich habe mich in ihn verliebt, als ich fünf war, und ich habe es ihm geschrieben, als ich sechs war. Mit einem Buntstift. Einem blauen. Paps war mein Postbote. Padillo hat zurückgeschrieben, daß wir eine Weile warten sollten. Ich warte immer noch, aber Isabelle mußte nicht warten. Und ungefähr hundert andere Tussis auch nicht.«
»Wollen Sie sie immer noch ertränken?«
»Ich glaube nicht.«
»Auch gut. Sie ist eine verflixt gute Schwimmerin.«
»Woher wissen Sie das?«
»Wir haben oft zusammen nackt gebadet.«
»Wann?«
»Als sie sieben war und ich sechs. Oder meinetwegen auch umgekehrt. In Nizza.«
»Ich bin sicher, sie war schon damals hinreißend.«
»Ich hab ihr immer gesagt, sie wäre zu dick.«
Direkt hinter dem Hilton Hotel, vor dem Reagan niedergeschossen wurde, begann die Kurvenstrecke der Connecticut Avenue hin zu der Brücke, die von den steinernen Löwen bewacht wurde. Ungefähr einen Häuserblock vor der Brücke zeigte Erika McCorkles linke Hand zu einem imposanten grauen Apartmenthaus, das nach Haynes’ Einschätzung sechzig oder siebzig Jahre alt sein mußte.
»Da wohnen meine Eltern«, sagte sie. »Es ist eines der ersten Häuser in der Stadt mit Eigentumswohnungen. Sie haben ihre achtundsechzig während der Unruhen gekauft, als Padillo sie davon überzeugte, daß Unruhen und Revolutionen die beste Zeit sind, um Immobilien und Diamanten zu kaufen.«
»Klingt wie eine oft erzählte Familiengeschichte«, sagte Haynes.
»Ist sie auch – und achtundsechzig muß wirklich ein seltsames Jahr gewesen sein. Können Sie sich erinnern?«
»Nur an die italienische Version.«
»Woran erinnern Sie sich am
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