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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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veranlaßte ihn, den Stoß gerade so umzulenken, daß der Papierspeer das linke Auge verfehlte und in Tinker Burns’ Nase stieß. Der hierdurch bewirkte Blutstrom ergoß sich sofort und war, wie Haynes fand, höchst befriedigend.
    »Herrgott noch mal, Granny«, sagte ein knurrender, blutender Burns. »Woher, zum Teufel, sollte ich wissen, daß du das bist?«
    Burns beugte sich vor, damit das Blut auf den Teppich statt auf seinen teuren grauen Anzug tropfte, zog das seidene Einstecktuch aus der äußeren Brusttasche und benutzte es für seine Nase.
    »Wo ist die Küche?« fragte Haynes. »Du könntest ebensogut in die Spüle bluten.«
    »Da drüben. Eins dieser Pullman-Dinger.«
    Das einzige Licht in der Wohnung kam durch die offene Korridortür. Haynes schaltete eine Lampe an, schloß die Tür und lenkte Burns zu der Einbauküche aus rostfreiem Stahl.
    Burns beugte sich über das kleine Becken, drehte den Kaltwasserhahn auf, tränkte sein Tuch und drückte es wieder an seine Nase. »Ich blute nicht lange«, kündigte er an.
    »Wo ist Isabelle?« fragte Haynes.
    »Herrgott noch mal, laß mir noch ein paar Sekunden Zeit, ja?«
    Burns richtete sich gerade auf, warf den Kopf in den Nacken, starrte fast eine halbe Minute an die Decke, senkte den Kopf, schneuzte sich behutsam in das nasse Tuch und musterte das Ergebnis mit offenkundiger Zufriedenheit.
    Wieder am Becken, spülte Burns sein blutbeflecktes Einstecktuch sorgfältig aus, wrang es nahezu trocken, faltete es bedächtig zusammen und steckte es in eine Gesäßtasche. Dann ließ er den Küchenabfallzerkleinerer und das kalte Wasser weitere dreißig Sekunden laufen.
    Jetzt erst drehte Tinker Burns sich zu Haynes um und fragte: »Womit hast du das gemacht?«
    Haynes hob die noch immer als halbstumpfes Instrument zusammengerollte New York Times.
    »Mist, das hab ich dir beigebracht!«
    »Ich glaube, ja.«
    »Nett«, sagte Burns, klopfte seine Taschen ab, fand seine Zigaretten und zündete sich eine an. »Komm mit.«
    Während sie durch das Apartment gingen und eine geschlossene Tür ansteuerten, nahm Haynes die beige Couch wahr, die sich wahrscheinlich zu einem Bett aufklappen ließ, den hellen Schreibtisch mit dem PC darauf, den runden Frühstückstisch mit der Kunststoffbeschichtung, der gerade für zwei Personen reichte, das kleine Fernsehgerät und den dazugehörenden Videorecorder sowie zwei alte Air-France-Poster, die einzigen bunten Noten in dem sonst einfarbigen Zimmer.
    Burns öffnete die Tür zum Bad und schaltete das Licht an. Haynes folgte ihm. Ein grüner, mit gelben Gänseblümchen verzierter Plastikduschvorhang hing vor der Badewanne. Burns warf Haynes einen kurzen forschenden Blick zu, streckte die Hand aus, griff nach dem Duschvorhang und zog ihn mit rascher Bewegung zur Seite.
    Isabelle lag auf der linken Seite in der weißen Wanne. Sie war nackt, und ihre Handgelenke waren mit Kleiderbügeldraht auf dem Rücken zusammengebunden. Ein zweiter Kleiderbügel war benutzt worden, um ihre Fußknöchel zusammenzubinden. Ihre linke Wange ruhte auf dem Boden der Wanne, die bis zum Überlauf mit Wasser gefüllt war. Haynes wußte sofort, daß Isabelle Gelinet tot war, doch war er sich keineswegs sicher, daß sie ertrunken war.

9
    Der einundvierzig Jahre alte Detective-Sergeant vom Morddezernat des Metropolitan Police Department gab vor, nicht alle Beteiligten auseinanderhalten zu können. Es war ein nützlicher Trick, den Haynes selbst manchmal angewandt hatte, und seiner Ansicht nach kriegte Detective-Sergeant Darius Pouncy ihn recht gut hin.
    Darüber hinaus schleppte Pouncy fünf oder sechs Kilo mehr mit sich herum, als er für seine ein Meter dreiundachtzig brauchte, die in einem Salz-und-Pfeffer-Tweedanzug samt weißem Oberhemd und dezenter Krawatte steckten. Auf seinem dunkelbraunen Gesicht lag ein Ausdruck fast völliger Abgeklärtheit. Es war der Ausdruck eines Mannes, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, Fragen zu stellen, und dafür nichts als Lügen und Ausflüchte erwartet. Haynes hatte Detectives in Los Angeles gekannt, die den gleichen Ausdruck perfektioniert hatten, aber er konnte sich an keinen erinnern, der einen Salz-und-Pfeffer-Tweedanzug getragen hätte.
    Pouncy war mit Haynes bis ans Ende des Flurs gegangen, um ihn zu befragen, während ein zweiter Detective Tinker Burns in der Wohnung der toten Isabelle Gelinet vernahm. Pouncy stand mit dem Rücken zu dem schmalen Flügelfenster und ließ das wenige Licht auf Haynes’ Gesicht

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