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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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reicht! Und jetzt verpißt euch, bevor ich den Sicherheitsdienst rufe!«
    Padillo lächelte. »Perfekt.«
    Sie riefen aus Padillos Haus in Foggy Bottom an. Haynes benutzte das Wandtelefon in der Küche, Padillo hörte am Apparat im Wohnzimmer mit.
    Nachdem Haynes die 465-9191 gewählt hatte, läutete es viereinhalbmal, bevor sich eine verschlafene Männerstimme meldete.
    »Tinker Burns noch mal«, sagte Haynes. »Eine Sache hab ich eben noch vergessen.«
    »Mr. Burns, jetzt haben Sie mich heute nacht schon zweimal aus dem Schlaf gerissen«, sagte die Stimme, die Haynes wieder an triefenden dickflüssigen Zuckersirup erinnerte. »Ich versichere Ihnen, was es auch ist, wir können es besprechen, wenn wir uns morgen treffen. Und jetzt, Sir, gute Nacht!«
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Haynes hängte den Hörer des Wandtelefons auf die Gabel und ging ins Wohnzimmer. Padillo drehte sich am Nebenanschluß um und sagte: »Nun?«
    »Erstens, er ist Anwalt. Zweitens, er ist ein ehemaliger Senator. Drittens, er ist der Mann, der Howard Mott beauftragen wollte, für einen anonymen Klienten alle Rechte an den Memoiren zu kaufen. Und viertens, er stammt offensichtlich aus dem Süden.« »Aus der Nähe von Mobile«, sagte Padillo.
    »Eine Vermutung, oder kennen Sie ihn?«
    »Wir sind uns schon begegnet«, sagte Padillo.

35
    Der Rechtsanwalt, der eine Legislaturperiode lang Senator für Alabama war, praktizierte in einem dreistöckigen Gebäude auf einem schmalen dreieckigen Grundstück, wo direkt nördlich vom Dupont Circle die Connecticut Avenue auf die 19th Street traf.
    Einst hatte das Gebäude gute Wohnungen geboten, darunter eine, in der ein ehemaliger, inzwischen verstorbener Sprecher des Repräsentantenhauses jahrelang gelebt hatte. Noch immer galt in Washington als Kredo, daß die Grenzen seiner eigenartigen Taxitarifzonen neu gezogen worden waren, um zu gewährleisten, daß der Sprecher für seine Fahrten vom und zum Capitol den absoluten Mindesttarif zahlte.
    Tinker Burns bezahlte sein Taxi, stieg aus und betrachtete den gelben Ziegelbau, den Zeit und Smog hellbraun einfärbten. Er hoffte, daß der Senator das Gebäude nicht seines malerischen Aussehens wegen ausgewählt hatte. Burns begegnete allem, was malerisch anmutete, mit Mißtrauen und Verachtung.
    Der Senator hatte seine Kanzlei so eingerichtet, daß sie seinem Senatsbüro möglichst ähnlich sah. Die gleichen dunkelblauen Ledersessel und -sofas, der gleiche massive Schreibtisch und an einer Wand die gleichen ziemlich guten Aquarelle der Mobile Bay. Die anderen Wände bedeckten entweder Bücherregale oder die siebenundachtzig Schwarzweißfotografien, die den Senator und siebenundachtzig seiner ältesten und liebsten Freunde aus Vergangenheit und Gegenwart zeigten. Einige der Freunde aus der Vergangenheit waren gestorben, andere hatten sich schnell – zu schnell, sagten manche – davongemacht, als der Senator 1986 bei seiner Bewerbung um die Wiederwahl unterlag.
    Aber die Fotos blieben hängen und zeigten informelle Aufnahmen des Senators mit drei noch lebenden ehemaligen US-Präsidenten, einem Prinzen, sechs Premierministern, einem Kanzler, zwei Ministerpräsidenten, einundzwanzig US-Senatoren, dreizehn Mitgliedern des Repräsentantenhauses, neun Gouverneuren von Bundesstaaten, drei Ministern, fünf CIA-Direktoren, einem Ex-Präsidenten auf Lebenszeit und einem fünf Jahre alten Bluetick Coonhound, der jetzt zusammengerollt auf einem der Ledersofas tief und fest schlief.
    Der Senator telefonierte, als seine Sekretärin Tinker Burns in das holzgetäfelte Büro führte. Burns wurde mit einem herzlichen Lächeln und einer freundlichen Handbewegung begrüßt, die ihn stumm zu dem bequemsten Ledersessel winkte.
    Als Burns Platz genommen hatte, konzentrierte der Senator sich wieder aufs Zuhören. Er lauschte mit geschlossenen Augen. Wenn er sie öffnete, waren die Augen von einem bemerkenswerten Blau und erinnerten einen früheren Senatskollegen, keiner seiner Bewunderer, an einen doppelten Neonpunkt.
    Der Rest des Gesichts war schmal, vielleicht sogar hager, mit hohlen Wangen, spitzer Nase, dünnen grauen Lippen und einem Kinn, das in einer Spitze endete. Über dem Gesicht war strähniges graues Haar, das seine Frau alle drei Wochen unfachgemäß schnitt. Der Küchenhaarschnitt und die schäbigen Anzüge, die er trug, hielten das selbstgewählte Image des Senators aufrecht: das eines gerissenen Landeis. Mit dreiundzwanzig, direkt nach seinem Juraexamen, hatte

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