Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
er sich selbst den Spitznamen Rübe gegeben. Jetzt war er dreiundfünfzig und ließ sich von engen Freunden immer noch gern so nennen.
Der Senator hörte auf, zuzuhören, öffnete die Augen und sagte ins Telefon: »Das respektiere ich, Frank, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis wir zum Brunnen kommen. Ich ruf Sie später noch mal an … Ja, Sir, das mach ich bestimmt … G’bye.«
Der Senator stellte das Telefon zurück in seine Ecke auf der Konsole und stand auf, die rechte Hand ausgestreckt. »Mr. Burns, entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit.«
Burns erhob sich halb, drückte die angebotene Hand flüchtig, setzte sich wieder und beschränkte seine Begrüßung auf »Wie geht’s?«.
»Da bin ich mir nicht sicher«, sagte der Senator und nahm seinen Platz wieder ein. »Ganz und gar nicht sicher. Ich hatte gewissermaßen gehofft, das könnte ich von Ihnen erfahren.«
»Ich werde Ihnen sagen, was ich glaube, Senator, und dann werde ich Ihnen sagen, was ich weiß.«
»Die Logik würde genau die umgekehrte Reihenfolge erfordern, aber legen Sie nur los.«
»Ich glaube, Steady und Isabelle haben nie irgendwelche Memoiren geschrieben, hatten nie vor, welche zu schreiben, und das Ganze war von Anfang bis Ende eine abgekartete Sache.«
Der Senator schob die Unterlippe nach vorn und nickte nachdenklich. »Heute früh – sehr früh, könnte ich hinzufügen – haben Sie mich angerufen, um mir zu sagen, daß Sie Letitia Melon getroffen haben, die ehemalige Mrs. Steadfast Haynes, und daß sie Ihnen etwas ›Wichtiges‹ gegeben habe, wie Sie, glaube ich, sagten.«
»Ja. Sie hat mir ein Exemplar von Steadys Manuskript gegeben, und das bestand, wie sich herausstellte, aus gut dreihundertachtzig überwiegend leeren Seiten.«
»Und daraus folgern Sie jetzt, daß es kein echtes Manuskript gibt und auch nie gegeben hat?«
»Ich habe Steady sehr, sehr lange und Isabelle zeit ihres Lebens gekannt. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß sie sich auf Steadys Farm verkrochen und das Ganze ausgearbeitet haben.«
»Den Schwindel – nicht das Manuskript?«
»Ja. Dann buchen sie direkt vor der Amtseinführung ein Zimmer im Hay-Adams und beginnen, in der Stadt zu verbreiten, daß Steady grade seine brandheißen Memoiren abgeschlossen hat und einen ständigen Platz beim North-Prozeß braucht, weil der ihm das Nachwort für sein Buch liefern wird. Und nun lassen Sie mich fragen: Hat Steady wirklich versucht, sein Buch zu Ende zu bringen, oder hat er versucht, jemandem einen Mordsschrecken einzujagen?«
»Eine interessante Frage.«
»Ich sage, er hat versucht, jemandem einen Mordsschrecken einzujagen«, sagte Burns. »Ihrem Klienten.«
»Wir werden meinen Klienten nicht erörtern, Mr. Burns.«
»Okay. In Ordnung. Dann lassen Sie uns Steadys Jungen und seinen Begleiter, den Sensenmann, erörtern, die heute früh um drei an meiner Tür gehämmert haben, als wären sie die Gestapo oder das Scheiß-FBI bei einem Hausbesuch.«
»Der Sensenmann?«
»Michael Padillo. Kennen Sie ihn?«
»Wir sind uns schon begegnet.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Burns und fuhr nach einer kurzen Pause fort: »Jedenfalls kommen sie reingeplatzt und führen ihren Regentanz auf, der mich dazu bringen soll, mir die Hosen naß zu machen. Und ich muß zugeben, es war nicht schlecht. Padillo kann einfach dasitzen, nichts sagen und einem weismachen, daß er einem gleich die Nase abbeißt. Und Granny, nun, er ist die große Baßtrommel, der Wortführer, der einem sagt, daß man aus der Stadt verschwinden soll. Die Rechtschaffenheit in Person. Aber er läßt nicht unerwähnt, daß er die Memoiren seines alten Herrn versteigern wird und das Mindestgebot bei einer Dreiviertelmillion liegt. Und dann spricht er gleich die beiden magischen Namen aus.«
»Welche magischen Namen?«
»Muriel Lamphier und Hamilton Keyes.«
Tinker Burns gefiel es, wie er die beiden Namen ganz am Ende eingeworfen hatte. Er lehnte sich in dem blauen Ledersessel zurück und beobachtete den Senator, der gerade wieder die Jalousien vor den Neonaugen runtergezogen hatte und mit seinem dünnen Mund das schwächste Lächeln zuwege brachte.
Eine Sekunde später öffneten sich die Augen, und das Lächeln – wenn es denn ein Lächeln war – verschwand, als der Senator sagte: »Lamphier, haben Sie gesagt, glaub ich, und Keyes.«
»Mr. und Mrs. Hamilton Keyes. Er ist ein Topspion draußen in Langley. Sie ist reich.«
»Wie wurden die Namen erwähnt?« fragte der Senator.
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