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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Schatten. »Ich habe an diesem Ort nichts mehr verloren.«
    Aber klar und deutlich sah sie die kleine Straße vor sich und die beiden Mädchen, die dort spielten.
     

Nur ein Gefühl
    Leutnant George Avery ging an der Wache vorbei in die Kabine. Er war dankbar über die kühlere Luft im Unterdeck, obwohl er wußte, daß es wenig mehr war als eine Illusion.
    »Sie wollten mich sprechen, Sir?« Er sah sich um und versuchte seine Augen an die gleißende Helligkeit zu gewöhnen, die von draußen hereinkam. Ein anderer heller Lichtstrahl kam durch das Skylight. Yovell saß auf der Bank vor den Heckfenstern und fächelte sich mit einigen seiner Papiere Luft auf sein schweißnasses Gesicht. Bolitho stand am Tisch, als ob er sich seit ihrem letzten Treffen nicht bewegt hätte.
    Als er aufblickte, konnte Avery die dunklen Ringe unter seinen Augen sehen, die Falten der Anspannung um seinen Mund. Es ärgerte Avery, ihn so zu sehen. Und das ging seit Wochen so, diese ständige Suche in einem anscheinend leeren Ozean. Er konnte noch immer die Stimmung in dem kleinen Geschwader spüren, die seit dem Zeitpunkt herrschte, als
Larne
mit einer Handvoll verstörter und verwundeter Überlebender in Kapstadt angekommen war. Keiner der Offiziere der
Thruster
hatte überlebt, von den anderen hatte nur der Sanitätsmaat ein einigermaßen übersichtliches Bild des Desasters geben können. Zwei Fregatten, eine davon offensichtlich die große amerikanische
Unity
, waren über die Brigg und ihren Prisenkonvoi hergefallen. Der Sanitätsmaat war im Lazarett gewesen und deshalb der ersten schrecklichen Breitseite entkommen. Sie war aus großer Entfernung abgefeuert worden, die schweren Geschosse hatten die Brigg fast zerrissen. Masten, Spieren und Segel waren auf die zusammengekauerten Männer an den Geschützen heruntergepoltert, hatten sie im Durcheinander gefangen, bevor sie auch nur einen Schuß abgefeuert hatten.
    Als der Sanitätsmaat die Situation schilderte, war seine Stimme unter dem Ansturm der Gefühle fast gebrochen. »Was hätten wir tun sollen? Die Männer starben, aber unser Kommandant weigerte sich, die Flagge zu streichen. Nach der nächsten Breitseite habe ich ihn nicht mehr gesehen. Dann gab es eine Explosion, wahrscheinlich in einem Bereitschaftsmagazin, dann lag ich im Wasser. Danach kamen die Boote. Ich habe nie wirklich an Gott geglaubt… bis zu diesem Tag.«
    Bolitho sagte: »Keine weiteren Schiffe wurden angegriffen oder bedroht. Sie wissen von jedem Schritt, den wir machen. Ich habe mit diesem Richie gesprochen, aber er wußte nichts. Wo ist Baratte? Wieviel weiß er von unseren Invasionsplänen?« Er stellte sich ihre auseinandergezogenen Kräfte auf der Karte vor, wie er es seit Wochen tat. »Generalmajor Abercromby und seine Armee werden von Indien aus absegeln. Unser Generalmajor Drummond wird den Zangengriff vervollständigen und von Kapstadt nach Rodriguez versegeln, wo wir – falls nötig – umgruppieren werden. Dann geht es zur Ile-de-France.« Er starrte auf die Karte, bis seine Augen wie Feuer glühten. »Dann Mauritius! Das wäre das Ende der französischen Seemacht auf unseren Handelswegen.«
    Avery bemerkte: »Wir kennen Barattes einzige Schwäche, Sir.«
    Bolitho blickte ihn an und erinnerte sich. An jenem Tag, als die
Thruster
versenkt wurde, hatte der Feind auch auf den Freibeuter
Tridente
gefeuert, bis er das Schicksal der
Thruster
geteilt hatte. Das konnte nur bedeuten, daß Baratte keine Möglichkeiten hatte, seine Schiffe zu docken oder am Strand kielzuholen. Würde er das in Mauritius tun, wäre das eine Einladung zum Angriff, ja sogar zu einem Handstreich. Das riskierte er nicht. Geheimhaltung und Zeitplanung war alles. Für beide Seiten. Man griff nach Strohhalmen, während bei jeder Drehung des Stundenglases die beiden Armeen ihre Angriffsvorbereitungen vervollständigten.
    Avery fragte behutsam: »Wie weit sind die Amerikaner beteiligt, Sir?«
    »Ziemlich, glaube ich.« Er blickte sich um, als Allday in seiner üblichen Kluft leise durch die Kabine ging, um den alten Degen dem täglichen Putzritual zu unterziehen. Als er sich aufrichtete, sah Bolitho, daß er steif stehenblieb, die Arme schwebten in der Luft, als der Schmerz der alten Wunde ihn durchschoß. Allday taumelte leicht, was er vor diesem schrecklichen Tag, als ihn die spanische Degenklinge in die Brust getroffen hatte, niemals getan hätte. Jeden außer Allday hätte es umgebracht. Bolitho beobachtete, daß er die Arme langsamer

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