Daemmerung ueber der See
Möwen zu hören.
Starr drückte wieder die Pinne herum und atmete langsam aus, als ihn die Bramsegel der
Anemone
zu grüßen schienen.
Doch Adam blickte zur
Orcadia
zurück und flüsterte: »Gott? Kümmert der sich um uns?«
Er konnte sich kaum an die Rückkehr auf die
Anemone
erinnern. Viele Hände reckten sich, um ihm zu helfen. Einige Hochrufe erklangen; ob sie ihm galten oder den Freiwilligen, das wußte er nicht.
Dann war es dunkel, und das Deck lag unter dem Druck der Segel wieder ruhig. Leutnant Martin saß mit ihm in der Kabine und sah, daß sein Kommandant unbewegt ein Glas Brandy nach dem anderen in sich hineinschüttete. Die lederne Tasche lag noch immer ungeöffnet auf dem Tisch – wie ein Symbol des Schreckens.
Der Zweite Leutnant betrat die Kabine. Nach einem fragenden Blick auf Martin meldete er: »Wir haben sie verloren, Sir. In diesen Gewässern kann sie Monate, ja Jahre umhertreiben.«
Adam befahl: »Öffnen Sie die Depeschen.« Er starrte in das leere Glas, ohne sich erinnern zu können, daß er daraus getrunken hatte. Wie damals, als sie in Falmouth zu ihm gekommen war. Und sie war bei ihm geblieben.
Martin entfaltete eine Nachricht, und Adam erkannte Yovells schwungvolle Handschrift.
»Sie ist an Kommodore Keen gerichtet, Sir. Er sollte Sie finden, damit Sie das Geschwader am Auslaufen hindern. Baratte scheint nach der Einschätzung von Sir Richard auf dem Kriegspfad zu sein.«
»Nun hat Jenour uns gefunden.« Er versuchte, die Erinnerung zu verdrängen. »Wir haben keine Zeit, mit dem Kommodore Kontakt aufzunehmen.« Er blickte aus den Heckfenstern auf das phosphoreszierende Kielwasser am Ruder und das erste Mondlicht auf dem Wasser.
Vermutlich hatten sie niemals genug Zeit.
»Wir werden uns Sir Richard anschließen. Weisen Sie Mr. Partridge an, einen entsprechenden Kurs festzulegen, dann lassen Sie wenden.« Er verstummte, und sein Kopf fiel zur Seite. Er spürte nicht mehr, daß die anderen seine Beine auf die Bank hochlegten. Er hörte auch nicht, daß Martin murmelte: »Ich werde das erledigen, mein Kapitän, aber dieses eine Mal kommen Sie zuerst dran.«
Noch ist nicht alles verloren
Bolitho nahm von Ozzard eine Mugg Kaffee entgegen und kehrte zur Karte zurück. Avery und Yovell sahen ihm schweigend zu. Beide wußten, daß er an Herrick dachte, der unten im Lazarett lag. Bolitho schlürfte den Kaffee, den ihm Catherine an Bord geschickt hatte. Es konnte nicht mehr viel vorhanden sein.
Er klopfte mit dem Zirkel auf die Karte und meinte: »Jedenfalls haben wir jetzt etwas mehr Zeit, weil Kommodore Keen unser Problem kennt. Generalmajor Drummond wird ihm genug über seekranke Soldaten und Pferde erzählen, die auch ohne feindliche Bedrohung kaum noch stehen können.«
Wie die anderen vermuteten, war er in Gedanken bei Herrick. Er hatte ihn mehrfach besucht und war entsetzt über das gewesen, was er vorgefunden hatte. Aber der Arzt hatte von Beginn an gesagt: »Konteradmiral Herrick ist ein zu starker Charakter, um sich aufzugeben. Die meisten Männer werden vor Schmerzen ohnmächtig oder betrinken sich bis zur Bewußtlosigkeit. Er nicht! Sogar unter dem Messer hat er noch mit mir gekämpft.«
Beim letzten Besuch hatte Herrick seltsam verletzlich und wehrlos gewirkt, sein normalerweise von Wind und Wetter gegerbtes Gesicht war bleich wie das eines Toten gewesen. Oft war er unansprechbar, wähnte sich auf anderen Schiffen, rief Befehle und erwartete Antworten auf Fragen, die niemand verstand. Einmal hatte er den Namen des Schiffes gerufen, auf dem sie das erste Mal zusammen gedient hatten:
Phalarope.
Mehrmals hatte er beinahe gleichmütig von seiner geliebten Dulcie gesprochen.
Bolitho kam schlagartig in die Gegenwart zurück, als Avery bemerkte: »Baratte kann von Ihren Depeschen nichts wissen, Sir, aber er wird nicht zu lange abwarten wollen.«
Bolitho stimmte zu. »Nördlich von Mauritius gibt es ein Seegebiet mit vielen kleinen Inseln, wie zum Beispiel Gunners Quoin. Wir brauchten eine ganze Flotte, um es abzusuchen.« Er klopfte wieder auf die Karte. »Ich bin der festen Überzeugung, daß sich Baratte und sein mörderischer Freund dort die Zeit vertreiben, bis sie Nachricht vom ersten Konvoi erhalten.«
Avery reichte Ozzard seine Mugg. »Es ist unser einziger Anhaltspunkt.«
»Sie klingen besorgt.«
Avery zuckte mit den Schultern. »Es liegt außerhalb meiner Erfahrungen, Sir.«
Bolitho wollte ihn weiter befragen, aber vor der Tür waren Stimmen zu hören. Als
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