DAEMON
Unsere Offsite-Replikationen futsch. Die Log-Dateien wurden gefakt. Wir haben kein Backup, das jünger als vier Monate ist.»
Vanowen starrte ihn ungläubig an. «Wie kann das sein? Ich habe allein im letzten Jahr 47 Millionen Dollar für IT ausgegeben. Wir haben doch angeblich das Beste an Netzwerk-Sicherheit, was überhaupt zu kriegen ist. Das haben Sie mir doch versichert. Und dem gesamten Vorstand. Deshalb haben wir Sie schließlich eingestellt.»
«Ich glaube nicht, dass in unsere Systeme eingebrochen wurde. Nicht von außen. Ich halte es für das Werk eines Insiders.»
«Benachrichtigen Sie das FBI.»
«Das geht nicht.»
«Papperlapapp. Natürlich geht das.»
«Hören Sie, Russ: Diese Leute können unser gesamtes Netzwerk mit einem einzigen Tastendruck in den Orkus schicken – von irgendeinem Punkt der Welt aus. Dieses Unternehmen hängt an einem seidenen Faden.»
Jetzt herrschte Totenstille. Dann sagte Vanowen in jenemruhigen Ton, der einem Gewaltausbruch vorauszugehen pflegt: «Erklären Sie mir das, Garrett.»
«Es kommt noch viel schlimmer.»
«Schlimmer? Wie zum Teufel könnte es noch schlimmer kommen?»
«Sehen Sie selbst.» Garrett winkte Vanowen, ihm zu folgen.
Vanowens Büro war riesig. Die Wände und Glasfronten gingen über die Höhe von zwei Etagen. Mehrere Sitzgruppen verteilten sich in dem Raum, an dessen entferntem Ende, unweit eines Konferenztischs, ein Breitbild-Plasmafernseher stand. Zweihundert Quadratmeter maß das Ganze gut und gern.
Vanowen erhob sich widerstrebend aus seinem Schreibtischsessel und folgte Lindhurst zu dem Fernseher hinüber. Lindhurst betätigte bereits eine Fernbedienung, die er von einem Sideboard genommen hatte.
Vanowen setzte sich auf einen der Stühle am Konferenztisch. «Ich werde dafür sorgen, dass diese Leute für den Rest ihres Lebens ins Gefängnis wandern.»
«Das glaube ich nicht.»
«Was soll das heißen?»
«Das werden Sie gleich sehen.» Lindhurst zeigte auf den Plasmafernseher. «Haben Sie dieses Videokonferenzsystem schon mal benutzt? Es hat siebzigtausend Dollar gekostet.»
«Verdammt nochmal, Lindhurst –»
«Okay, also, dieses System ist mit unserem Firmennetzwerk verbunden. Ich habe dort etwas bereitgelegt, was ich Ihnen zeigen will.» Lindhurst navigierte per Fernbedienung zu einer Intranet-Seite. «Heute Morgen habe ich in meinem Posteingang eine E-Mail gefunden. Sie war vom Systemadministrator – dem
neuen
Systemadministrator. Demjenigen, der sich meine Rechte angeeignet hat. Diese E-Mail enthielt einenHyperlink – den ich in dieses Share-Verzeichnis kopiert habe.» Er navigierte zu einer anderen Seite und klickte auf einen Link. «Gefunden habe ich das hier …»
Vanowen blickte ungeduldig auf den Fernseher.
Der Siebzig-Zoll-Plasmabildschirm wurde plötzlich dunkel, und gleich darauf erschien, begleitet von einem
Wuuusch - Soundeffekt
, ein rotierendes Logo in der Mitte des Schirms. Es war ein Emblem aus den Worten:
Daemon Industries LLC
.
Eine professionell klingende Sprecherinnenstimme ertönte, unterlegt mit munterer Firmenmusik. Es war wie ein Infomercial oder ein Networkmarketing-Video. Die Stimme verkündete fröhlich: «Willkommen in der Firmenfamilie von Daemon Industries. Gleich informieren wir Sie über die spannenden neuen Möglichkeiten, die Ihnen innerhalb dieses rasch wachsenden globalen Unternehmens offenstehen – dem Unternehmen, dem Ihre Firma jetzt angehört. Doch zuerst noch ein kurzer Gruß von unserem Gründer …»
Vanowen runzelte die Stirn. «Lindhurst –»
«Psst!» Er zeigte auf den Bildschirm.
Dort war jetzt ein Mann von etwa Mitte dreißig zu sehen. Er saß in einem Sessel an einem Kamin. Im Hintergrund dudelte die muntere Firmenmusik weiter. Am unteren Bildrand erschienen die Worte:
Matthew M. Sobol
Chairman und CEO der Daemon Industries LLC
Sobol setzte zu einem knappen Begrüßungsnicken an.
Lindhurst drückte den Pausenknopf der Fernbedienung. Sobol erstarrte mitten im Nicken. «Das ist er.»
«Wer?» Vanowen musterte die Schrift auf dem Bildschirm mit zusammengekniffenen Augen. «Nie gehört. Ist das derjenige, der in unser Netzwerk eingebrochen ist?»
«Ja.»
«Rufen Sie das FBI an.»
«Das würde nichts nützen, Russ. Mr. Sobol ist tot.» Lindhurst streckte Vanowen die zusammengerollte Zeitschrift hin.
Vanowen sah zunächst nur ungnädig darauf, ergriff sie dann aber widerstrebend, entrollte sie und hielt sie auf Armlänge von sich, damit seine
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