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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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ihm nach.
    Er ignorierte es und marschierte geradewegs in das riesige Büro des CEO.
    Russel Vanowen jr., CEO und Chairman der Leland Equity Group, blickte von der Lektüre eines Briefs auf. Sein gebräuntes, pflegeverwöhntes Gesicht verfinsterte sich. «Verflixt, Garrett, lassen Sie sich einen Termin geben.»
    Garrett hörte, wie sich die Tür hinter ihm schloss, und holte tief Luft. «Es ist dringend.»
    «Dann rufen Sie mich an, Herrgott nochmal.»
    «Ich muss Sie persönlich sprechen.»
    Der CEO betrachtete ihn wie eine Statue eine Taube. Vanowen hatte das ungeheuer soignierte Aussehen der Superreichen – als ob sein Kopf der Augusta-National-Golfplatz wäre und hundert Groundskeeper sich jeden Morgen seiner annähmen. Der weiße Haarkranz um seinen Hinterkopf war so perfekt getrimmt wie ein Green. Jede Pore seiner Haut war makellos. Sein Anzug so meisterhaft geschneidert, dass er seiner untersetzten Gestalt eine Aura von Männlichkeit und Autorität verlieh.
    Doch bei all seiner peniblen Gepflegtheit hatte Vanowen nichts Weiches. Er war stämmig, einschüchternd und von einer Präsenz, die jeden erreichte, auch ohne dass er etwas sagte, und wenn seine Augen einen Raum abschwenkten, wirkten sie wie ein mittelschweres Zwillings-MG. In diesem Büro mit den hohen Glasfronten, durch die man Downtown-Chicago und den Michigan-See sah, hatte er eine geradezu mystische Autorität. Das hier war ein Sagenschloss, das das ganze umliegende Land überblickte.
    Lindhurst ging weiter auf Vanowens mächtigen Teak-Schreibtisch zu, von dem ihn immer noch zehn Meter trennten. «Wir haben ein größeres Problem, Russ.»
    Vanowen hielt immer noch den Brief in der Hand und blickte unwirsch über seine Lesebrille hinweg. Schließlich legte er den Brief auf den ansonsten leeren Schreibtisch und nahm die Brille ab. «Wenn Sie ‹wir› sagen, dürfte das ‹ich› heißen.» Er sah auf seine imposante Armbanduhr, nachdem er die Manschette mit Manschettenknopf ein wenig zurückgezogen hatte. «Ich muss jeden Moment zum Flughafen.»
    Lindhurst blieb keine Zeit, es schonend zu verpacken.«Wir haben in unserem Netzwerk keine Administratorenrechte mehr.»
    Das hatte nicht die erhoffte Wirkung.
    Vanowen zuckte leise die Achseln und sah jetzt richtig ärgerlich aus. «Und was zum Teufel geht mich das an? Sie sind der CIO, machen Sie Ihren Leuten die Hölle heiß, bis sie es wieder in Ordnung gebracht haben. Herrgott, Garrett.»
    Lindhurst zog einen der unbequemen Lederstühle zum Schreibtisch und setzte sich. Er beugte sich vor, noch immer die zusammengerollte Zeitschrift in der Hand. «Russ, Sie haben mich offensichtlich nicht richtig verstanden. Wir haben keinerlei Kontrolle über unsere Datenbanken.»
    «Meine Antwort bleibt die gleiche. Würden Sie mich jetzt bitte diesen Brief lesen lassen?»
    «WIR WERDEN ANGEGRIFFEN!»
    Jetzt hatte er Vanowens Aufmerksamkeit. «Angegriffen?»
    «Ja, angegriffen. Sämtliche Niederlassungen weltweit. Heute Morgen komme ich ins Büro und habe bereits Anrufe von sechs Filialchefs, die mir sagen, dass sie nicht als Admins in unsere Server reinkommen. Sie glauben, dass es eine gezielte Sperre gegen sie ist.»
    «Und? Ist es das?»
    «Nicht von unserer Seite. Wie sich herausgestellt hat, kann sich
niemand
als Admin einloggen, nicht mal hier im Hauptsitz. Letzte Nacht kam es bei allen Systemen zu einem Neustart. Und irgendwie hat jemand unser Netzwerk übernommen. Wir haben nur noch begrenzte Rechte.»
    Jetzt schien Vanowen endgültig wütend. Er hieb mit der Faust auf den Schreibtisch. «Himmelherrgott, Lindhurst! Warum verdammt nochmal habe ich das nicht früher erfahren? Unsere Klienten müssen ja schon Zeter und Mordio schreien.»
    «Warten Sie. Unsere Websites funktionieren, und aufDaten zuzugreifen ist kein Problem. Auch für unsere Klienten nicht. Wir können sogar Daten verändern, deshalb hat außerhalb von Leland noch niemand etwas gemerkt.»
    Vanowen, der mit jeder Sekunde wütender wurde, herrschte ihn an: «Was ist dann das Problem?»
    «Das Problem ist, dass wir auf unseren Servern keinerlei Sicherung, Wiederherstellung oder Systemveränderung vornehmen können. Wir können nicht mal Daten exportieren.»
    «Ich mag ja von diesem Zeug nicht viel verstehen, Lindhurst, aber ich weiß, dass wir dreißig Millionen Dollar für Sicherungssysteme ausgegeben haben. Sie werden doch wohl ein Backup nehmen und den alten Zustand wiederherstellen können?»
    «Das ist es ja. Unsere Backup-SANs sind im Eimer.

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