DAEMON
nur ein Chaos aus erschlafften Airbags, weißem Talkum-Pulver und zerborstenem Glas.
Gragg horchte und folgte dann dem Wimmern zur anderen Seite des Wracks, wo er Russell Vanowens zitternde Gestalt verrenkt auf dem Asphalt liegen sah.
Gragg näherte sich ihm mit gemessenen Schritten, wobei er sorgsam der Blutlache auswich, die sich auf einer Seite des Körpers bildete.
Vanowen lag auf dem Rücken, Kopf und Gesicht blutüberströmt. Der rechte Arm war zermalmt – gesplitterte Knochen hatten sich durch den zerfetzten Ärmel gebohrt. Ein langes Stöhnen kam aus dem zahnlosen Mund im unförmig geschwollenen Gesicht. Die Nase war nahezu platt.
Gragg musterte ihn eiskalt.
Er bückte sich und schlug mit den behandschuhten Händen Vanowens blutgetränktes Jackett auf.
Die Brust des Schwerverletzten hob und senkte sich mühsam, und in seinen Augen stand schieres Entsetzen, als Gragg das blutige Faltblatt des Charity-Golfturniers aus der Innentasche des Jacketts zog. Gragg schüttelte das Faltblatt, um es von einem Teil des Bluts zu befreien, und klappte es dann auf. Er hielt es ins Licht.
Es war noch lesbar.
Gragg nahm sein Handy heraus und machte ein Foto.Dann faltete er das Blatt wieder und steckte es in Vanowens Innentasche zurück.
Gragg erhob sich und wandte sich zum Gehen.
Vanowens Stöhnen wurde zu einem Jammern, und er streckte den unversehrten Arm nach Gragg aus.
Gragg blieb stehen. Er zögerte kurz, drehte sich dann um, kniete sich hin und packte Vanowens Gesicht, was den Verletzten einen Schmerzensschrei ausstoßen ließ. «Sch-scht … Hierfür steige ich ein Level auf. Vielleicht sollte ich mich bei dir bedanken,
Russell
.» Er suchte in Vanowens blutigen Augen nach etwas, was ihn dazu veranlassen könnte. «Aber andererseits – fahr zur Hölle, du mieses Stück Scheiße.»
Tränen liefen Vanowen über die Wangen. Er war wahnsinnig vor Angst und Schmerz.
In Graggs Augen war kein Quäntchen Mitleid. «Wenn du Matthew Sobol siehst, richte ihm schöne Grüße von Loki aus.»
Gragg erhob sich, zog sein Jackett glatt und ging auf seinen Mercedes zu. Er winkte mit der Hand, und einer der Lincolns schoss vorwärts.
Vanowens Augen blinkten im Scheinwerferlicht auf, als er den Mund zum Schrei öffnete.
Der Wagen zermalmte ihn unter seinen Rädern und schleifte den Leichnam ein ganzes Stück mit, ehe er ihn hinter sich zurückließ. Der schwarze AutoM8 raste ins Dunkel davon.
Gragg konzentrierte sich auf sein Drittes Auge. Er fühlte, dass seine weiteren AutoM8 den Wagen des mysteriösen Mannes verfolgten, den Vanowen am Flughafen getroffen hatte. Gragg holte das Armaturenbrettkamera-Video eines der AutoM8 auf sein Head-up-Display – ließ es auf die Gläser seiner Sportbrille projizieren. Die Meilen entfernte Infrarotkamera zeigte den Wagen des Mannes, der südwärts in RichtungInterstate fuhr. In dem Wagen saßen zwei Personen. Gragg scannte das Kennzeichen und rief die Zulassungsdaten ab.
Bundesbehördenfahrzeug – keine Daten
Gragg grinste. Die Daemon-Task-Force also?
Er war ihnen auf den Fersen. Er war dabei, die Topologie dieses schwer fassbaren Netzwerks zu kartieren – des Netzwerks der Plutokraten, der Koalition von Macht und Geld. Sie führten etwas im Schilde. Und dieser Mann würde ihm helfen, in Erfahrung zu bringen, was das war.
Diese Plutokraten waren Leute mit einem beschränkten Blickfeld, die es beiseitezufegen galt. Menschen eines vergangenen Zeitalters. Eines Zeitalters des Öls und der Schwerindustrie. Aber die verteilte Technokratie war im Aufstieg, und Gragg würde da sein, an Sobols Seite, um den Anbruch des neuen Zeitalters voranzutreiben. Eines Zeitalters der Unsterblichen. Eines zweiten Zeitalters der Vernunft.
Graggs Augen verengten sich, während er weiter die Videoaufnahmen vom Wagen des Mannes verfolgte.
Mit jenen, die dem Neuen im Weg standen, würde es kein Erbarmen geben.
37 R ä dchen im Getriebe
Die Haas Mini-Mill war ein Wunder der modernen Technik – eine computergesteuerte Dreh-, Standbohr- und Fräsmaschine. Die Haas konnte ein 3 D-Computermodell in einen Speicher herunterladen und nach diesem Modell ein Metall- oder Plastikteil fertigen – exakt nach Vorgabe. Sie war im Grund eine komplette wassergekühlte Maschinenteilefabrik in einem Gehäuse von der Größe eines Hot-Dog-Wagens.
Mit dem Internet verbunden, wurde die Haas zu so etwas wie einem 3 D-Faxgerät – Pläne, die digital am einen Ende eingingen, kamen am anderen als fertige Teile
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