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Daemonen des Lichts

Daemonen des Lichts

Titel: Daemonen des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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sehen will. Nach unserem Treffen war sie ziemlich sauer.«
    »Du musst es trotzdem versuchen«, beharrte Nina. »Wenn du recht hast und sie nicht wieder wegwill, gut. Aber du musst es wenigstens versuchen.«
    Ich stieß die Luft aus. Ich konnte ihr nicht widersprechen: Sie hatte recht. Und obwohl ich an dem, was ich gesehen hatte, nicht zweifelte … sie hatte trotzdem recht. Gerade als ich ihr das sagen wollte, kam mir ein Gedanke, bei dem es mir eiskalt den Rücken herunterlief. Selbstverständlich würde ich zur Kirche fahren. Das stand schon längst fest. Ich kann mir nicht selbst die Zukunft vorhersagen – bei jedem meiner Versuche war mir immer nur eine Art von Grau erschienen. Dasselbe Grau, das ich in Beths Zukunft gesehen hatte, wenn auch ohne diese schreckliche Grabeskälte.
    Deshalb also konnte ich nicht mehr erkennen, wenn es um Beths Zukunft in der Church of Angels ging: weil ich selbst darin eine Rolle spielen würde.
    »Was ist los?«, fragte Nina und blickte mich forschend an.
    Ich schüttelte den Kopf, trank den letzten Schluck Kaffee und bemühte mich, nicht auf die Angst zu achten, die mich plötzlich gepackt hatte. Jetzt wollte ich erst recht keinen Fuß mehr in die Nähe der Kirche setzen. Aber ich hatte das Gefühl, dass mir keine Wahl blieb. Grau hin oder her, Nina hatte recht. Ich musste es wenigstens versuchen.
    »Nichts.« Ich bemühte mich zu lächeln. »Okay, ich fahre.«
    Bis zum Nachmittag hatte sich meine Angst etwas gelegt, meine innere Unruhe allerdings nicht. Ich stand vor dem ovalen Spiegel, der über meiner Frisierkommode hing, und betrachtete mein Spiegelbild. Ich trug einen langen lila Rock, der von glitzernden Silberfäden durchwirkt war, dazu ein enges weißes Oberteil. Besorgt berührte ich den Rock. War er okay? Man machte sich doch schick, wenn man in die Kirche ging, oder nicht? Eigentlich war es ja egal, aber ich wollte, wenn möglich, am liebsten nicht auffallen.
    Wird schon gehen, entschied ich. Schnell bürstete ich mir die Haare und drehte sie zu zwei lockeren Strähnen zusammen, die ich am Hinterkopf mit einer Spange zusammensteckte. Dann zog ich meine Jeansjacke und Turnschuhe an, schnappte mir meine Tasche und ging nach unten. Aus der Küche konnte ich Tante Jo hören, die mit einem Riesengetöse den Abwasch erledigte. Im Wohnzimmer schlief Mom in ihrem Lieblingssessel. Das war nicht weiter überraschend. Manchmal glaube ich, ihre Träume müssen ebenso verführerisch sein wie ihre Tagträume. Im Schlaf wirkte sie ganz normal – so als könne sie tatsächlich jeden Moment die Augen aufschlagen und mich anstrahlen, wenn sie mich erkannte.
    Während ich den Blick auf ihr ruhen ließ, krampfte sich mir der Magen zusammen.
    Ich werde sie nie wiedersehen, dachte ich.
    Was war denn das für ein blödsinniger Gedanke? Ich schüttelte ihn ab und ignorierte die Angst, die mir jäh in die Glieder gefahren war. Dann beugte ich mich über den Sessel und küsste meine schlafende Mutter auf die Wange.
    »Bye, Mom«, wisperte ich. Ich strich ihr das helle Haar zurück. »Ich werde nicht lange weg sein. Ich hab dich lieb.«
    Sie murmelte ein bisschen vor sich hin, bevor sie wieder verstummte. Ihr Atem ging leicht und gleichmäßig. Ich seufzte. Wenigstens schien sie ganz ruhig zu sein. Ich küsste meine Fingerspitzen und legte sie auf ihre Lippen, dann schlüpfte ich aus dem Zimmer. Fünf Minuten später, nachdem ich meinen Kopf in die Küche gesteckt und Tante Jo mitgeteilt hatte, dass ich wegging, saß ich in meinem Auto und war unterwegs nach Schenectady.
    Es herrschte nicht viel Verkehr, noch nicht einmal, als ich die Fernstraße erreichte. Ein oder zwei Mal bemerkte ich einen schwarzen Porsche hinter mir. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel. Er war mir schon in Pawntucket aufgefallen, da war er mit einigem Abstand hinter mir hergezockelt, als ich aus der Stadt gefahren war. Vielleicht noch jemand, der zur Kirche wollte?
    Wenn ja, brauchte er mir gar nicht zu folgen, um den richtigen Weg zu finden. Denn viele Kilometer vor Schenectady tauchten bereits riesige Reklametafeln am Straßenrand auf, die mit glitzernden silbernen Lettern verkündeten: DIE ENGEL SIND DEINE RETTUNG! Church of Angels Schenectady, Ausfahrt 8. Beim Anblick der typischen gewaltigen weißen Kirche auf einem Hügel, den ich aus den Werbespots kannte, umklammerte ich das Lenkrad fester.
    Als ich schließlich auf den gigantischen Parkplatz einbog, konnte ich fast eine Minute lang nur in meinem Auto

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