Daemonen in London
sagte er.
Liam
nahm einen weiteren Schluck und nickte.
„In
Ordnung. Gleich nachher, in meinem Arbeitszimmer.“
Dann
stellte er sein Glas beiseite und verzichtete für den Rest des
Abends auf Alkohol.
Er
hatte das undeutliche Gefühl, dass es besser wäre, bei dem
Gespräch mit Edward vollkommen nüchtern zu sein.
*
Keeva
warf den beiden Männern in der Ecke des Zimmers einen
verstohlenen Blick zu.
Es
war ihr nicht entgangen, dass Vaters Freund Edward den ganzen Abend
über so gewirkt hatte, als würde ihn etwas anderes
beschäftigen. Etwas deutlich Unangenehmeres als ein gutes Essen
mit Freunden.
Keeva
dachte an die Empfindung, die sie heute Nacht verspürt hatte. An
die Präsenz eines Dämons, die sie irgendwo in London zu
fühlen geglaubt hatte.
Edward
arbeitete für New Scotland Yard, und Keeva wusste: Wenn es heute
Nacht irgendwo in der Stadt einen unheimlichen Todesfall gegeben
hatte, dann war Edward davon sicherlich informiert.
Und
er würde auch erkennen, wenn es bei diesem Todesfall nicht mit
rechten Dingen zugegangen war, schließlich war er lang genug
ein Freund der Familie und wusste über die frühere
Tätigkeit von Liam McCullen, dem Dämonenjäger,
Bescheid. Auch wenn er selbst niemals während einer der Kämpfe,
die Keevas Vater damals ausgefochten hatte, dabei gewesen war, so
hatte er doch oft genug hinter ihm aufgeräumt und die
Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ferngehalten.
Wenn
Edward also mit ihrem Vater alleine sprechen wollte, dann ging es
todsicher um eine Frage zu übersinnlichen Vorgängen. Warum
sonst sollte er Liams Rat brauchen?
Keeva
beschloss, die beiden für den Rest des Abends nicht mehr aus den
Augen zu lassen. Und wenn sie sich später noch in Vaters
Arbeitszimmer zurückziehen würden, womit sie rechnete –
nun, dann würde Keeva auf alle Fälle dafür sorgen,
dass ihr kein Wort von dem dort geführten Gespräch entging!
*
Gegen
elf Uhr Abends waren die anderen drei müde geworden und hatten
sich auf ihre Zimmer zurückgezogen. Edward hatte so getan, als
würde er sich ebenfalls verabschieden – war dann aber,
voller Ungeduld, in Liams Arbeitszimmer gegangen und hatte dort
gewartet, bis Liam endlich zu ihm gekommen war und ihn zum Reden
aufgefordert hatte.
Den
ganzen Abend über war es Edward schwer gefallen, die Sorgen, die
ihn plagten, für sich zu behalten. Jetzt war er froh und
erleichtert, mit seinem Freund über den Verdacht, den er hegte,
sprechen zu können.
Liam
saß geduldig da und betrachtete ihn mit seinen ruhigen grauen
Augen, während Edward möglichst detailliert den Zustand der
Leichen aus dem Park schilderte.
Liam
nickte bedächtig.
„Du
hast von einer grünlichen Flüssigkeit gesprochen, die
überall zu finden gewesen ist?“, hakte er nach.
Edward
blätterte in den Kopien, die er heute Nachmittag gefertigt und
in einem Schnellhefter mit hierher gebracht hatte.
„Ja,
hier, Moment.“
Er
überflog die Seite.
„Unsere
Chemiker sagen, die Flüssigkeit erinnere in ihrer
Zusammensetzung an menschliches Blut. Nur fehlen die roten
Blutkörperchen völlig, stattdessen enthält sie eine
Substanz, die sie nicht recht zuordnen können. Und die wohl für
die Grünfärbung verantwortlich ist.“
Liam
holte tief Luft und schloss kurz die Augen.
„Dämonenblut“,
stellte er mit düsterer Stimme fest. Er lehnte sich in seinem
schweren Lederstuhl zurück und legte die Fingerspitzen vor
seinem Mund zusammen.
„Ist
das Blut von Dämonen immer grün?“, fragte Edward.
Liam
schüttelte den Kopf.
„Nein“,
sagte er. „Das kommt ganz auf die Art des Dämons an. Es
gibt welche, die sind auf den ersten Blick kaum von einem Menschen zu
unterscheiden und haben auch rotes Blut. Aber bei diesem Exemplar
hier ist das wohl nicht der Fall.“
Liams
wissenschaftliche Distanz zu diesem Thema war wohltuend. Seine
beängstigende Vorahnung – nein, dieses Wissen – mit
jemandem teilen zu können, der über die Vorstellung, dass
es sich bei dem Täter um einen Dämon handelte, nicht gleich
in lautes Lachen ausbrach, fand Edward hilfreich. Er räusperte
sich.
„Was
glaubst du, um was für eines dieser Monster es sich handeln
könnte?“, fragte er.
Liam
setzte sich auf, beugte sich nach vorne und sah ihn konzentriert an.
„Beschreibe
mir doch bitte noch einmal die Wunden der Toten“, bat er.
„Zuerst die des Mannes.“
Edward
las ihm die Einzelheiten aus dem gerichtsmedizinischen Bericht vor.
„Eine
sensenartige Klinge“, wiederholte Liam. Er
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