Dämonen-Reihe 16 - Ein Dämon muss die Schulbank drücken
bewunderte Melvines Taktik. Sie mochte sogar erfolgreich sein, sollte die Kreatur nicht auf sie aufmerksam werden. Der erste Ausläufer des Winds berührte einen Zeh der Bestie.
»Hu?«, machte der Mantikor.
WUSCH! Ehe er irgendetwas tun konnte, hatte der Windsturm sich an seinem Leib emporgeschlängelt und ihn vollständig umhüllt. Das verwirrte Gesicht, das als Letztes verschlungen wurde, peitschte hilflos im Wind hin und her.
»Jaaaaaahhh!«, jubelte Melvine und tanzte vor Freude. »Ich bin der Cupy! Ich bin der Cupy!«
»Bring ihn hier weg!«, brüllte ich.
Ersah mich verlegen an. »Oh. Ja.«
Der Cupy legte den Kopf schief, und der Wirbelwind wogte die Straße hinunter in Richtung Tor. Die Städter wichen respektvoll zurück. Ich bestaunte Melvines Beherrschung. Er hatte geübt. Markie hatte recht behalten. Alles, was der Junge brauchte, war ein bisschen Führung.
Die Menge folgte unter Jubelgesängen und wedelte noch immer drohend mit den hausgemachten Waffen.
»Ha! Tod dem Monster! Tod dem Monster! Tod dem Monster!«
Der Mantikor gab nicht kampflos auf. Kleine Blitze zuckten aus dem Durcheinander hervor und hinterließen überall dort, wo sie aufprallten, schwarze Brandmale. Die Klahden wichen zurück, und manche schrien schmerzgepeinigt auf.
»Melvine«, sagte ich, als der Tornado vom Weg abkam. »Melvine, pass auf. Du bist zu nah an diesem …«
KRACH!
»… Laternenpfahl.«
Ich blickte hinab. Kleine nasse Tropfen tüpfelten die Stirn des Cupys.
»Ich kann ihn nicht mehr halten! Ich verliere die Gewalt!«
»Warum versagt dein Zauber?«, fragte Jinetta kritisch. »Hast du nicht die korrekten Parameter eingestellt?«
»Da gibt es keine korrekten Parameter, Schwester«, knurrte Melvine. »Versuch doch selbst, ihn zu halten! Meine Magik versagt. In meinen Übungssitzungen mit Ratten hat es immer gut geklappt.«
»Ratten!«, schnaubte Frostia höhnisch.
»Offensichtlich hast du etwas übersehen«, stellte Jinetta fest.
»Habe ich nicht! Das ist nicht meine Schuld!«
»Ich habe etwas entdeckt!«, rief Polonia und blickte von ihrer Kristallkugel auf. »Mantikorblitze erschöpfen die Kraftlinien!«
Ich ächzte. Mein Lehrbuch hatte anscheinend alle wirklich wichtigen Fakten über Mantikore ausgelassen.
Melvine gab einen Laut der Empörung von sich. »Kein Wunder! Seht ihr, ich habe es nicht versaut! Wie kommt es überhaupt, dass DU mir das trotz all deiner Nachforschungen nicht früher erzählen konntest?«
Jinetta kreischte verärgert auf. »Ich? Wie viel kann ich deiner Ansicht nach in fünf Minuten lesen?«
Ich verdrehte die Augen. »Hört auf zu streiten! Biene, Tolk, ihr helft Melvine.«
»Bei allem Respekt, Meister Skeeve, ich weiß nicht, wie man einen Tornado macht«, wandte Biene ein.
»Ich auch nicht«, bellte Tolk.
»Das müsst ihr auch nicht wissen«, sagte ich, während ich verzweifelt beobachtete, wie der Wind erlahmte. Schon bald würde von ihm weiter nichts mehr übrig sein als ein sommerliches Lüftchen, und wir wären wieder da, wo wir angefangen hatten. »Stellt euch ein großes Händepaar vor. Jeder von euch stellt sich eine Hand vor und legt sie an eine Seite des Tornados. Haltet ihn aufrecht und helft Melvine, ihn aus der Stadt zu schieben. Mehr müsst ihr nicht tun. Meine Damen, ihr haltet euch bereit. Wenn wir nur auf die Energie zurückgreifen können, die wir gespeichert haben, dann müssen wir sie dort einsetzen, wo es wirklich zählt. Denkt an Dürre! Und lasst eure Tarnungen nicht fallen!«
»Ja, Meister Skeeve«, sagten sie im Chor.
Biene und Tolk hoben jeder eine Hand und konzentrierten sich. Der Zauber war grob und unstet, aber sie fingen an, den zerfasernden Wirbelwind zu bewegen.
Die zwei schafften es, den Mantikor halb aus dem Tor herauszuschaffen, ehe der Wirbelwind in sich zusammenfiel.
Der Mantikor stürzte mit zerzaustem Fell zu Boden, schüttelte sich heftig und schaute nach, ob sein Behälter unbeschädigt geblieben war. Er war. Nun erging sich der Mantikor in wütendem Gebrüll. Mit einem Blick, der Rache ankündigte, machte er sich auf, wieder in das Stadtzentrum zu kriechen.
Die Bewohner von Humulus hatten die Flucht ergriffen, kaum dass der Tornado sich aufgelöst hatte. Ich war erleichtert, dass sie nicht mehr im Weg waren. Wenn der Mantikor vorher schon wütend gewesen war, dann war er jetzt vor lauter Zorn völlig von Sinnen. Er stieß die freie Hand in das nächste Ladenfenster und riss einen kompletten Tisch heraus, den er dazu
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