Dämonen zum Frühstück
stellt der Kirchenbasar einen wichtigen Termin im Kalender dar, und wir beide besuchen ihn jedes Jahr. Gewöhnlich klappern wir die verschiedenen Stände ab und kaufen selbstgemachten Nippes und sinnlosen Plunder. Doch dieses Jahr hatten wir eine Aufgabe.
»Du weißt, dass ich dir helfen könnte«, sagte Laura, während wir auf das Kirchengebäude zugingen.
»Ja, ich weiß. Aber nein danke. Falls Goramesh uns beobachtet, weiß er wahrscheinlich sowieso bereits, dass du mir hilfst. Aber für den Fall, dass er es noch nicht tut, möchte ich lieber die Illusion aufrechterhalten, allein zu arbeiten.«
»Was kann ich dann tun?«
Ich verspürte zwar ein schlechtes Gewissen, aber ich wollte Allie helfen. »Könntest du vielleicht Allie erlösen? Ihr Bruder stellt nicht gerade das coolste Accessoire dar, das man sich so vorstellen kann.«
»Für Allie tue ich alles.«
»Danke.«
»Kein Problem. Nur ein weiterer Nachtisch auf dem immer größer werdenden Dessertwagen.«
Inzwischen waren wir vor der Kirchentür angekommen. Sie blieb stehen und rieb sich die Oberarme, während sie kopfschüttelnd das Gebäude betrachtete. »Irgendwie traurig und faszinierend zugleich – findest du nicht?«
Ich konnte an nichts anderes als die Millionen von Kisten denken, die noch immer darauf warteten, von mir durchgesehen zu werden. Nachdem ich bereits dem Ziel so nahe zu sein schien, hatte ich jetzt noch weniger Lust als zuvor, mich wieder in meine Nachforschungen in diesem staubigen Keller zu stürzen.
»Kate?«
»Sorry. Was ist los?«
»Ich habe gerade über die Kathedrale nachgedacht. Über die Knochen der Heiligen, die in den Mörtel gemischt wurden. Und mir fielen diese fünf Märtyrer im Keller ein. Ich meine, einerseits ist so was ja unglaublich inspirierend, aber andererseits auch irgendwie seltsam und unheimlich.«
Ich stieß die Kirchentür auf. »Mich interessiert momentan weder seltsam noch unheimlich oder inspirierend. Ich will nur noch diese Knochen finden. Und anstatt die nächsten zwei Stunden damit zu verbringen, mir gemeinsam mit dir Tücher und verrückte Ohrringe anzusehen, muss ich mich wieder über diese von Ungeziefer befallenen Kisten hermachen. Es tut mir leid, aber augenblicklich bin ich wirklich nicht in der Stimmung, die historischen Dimensionen des Gebäudes oder der alten Knochen da unten zu goutieren.«
Ihre Lippen zuckten, doch sie nickte ernst. »Verstehe«, sagte sie. »Dann an die Arbeit.«
Sie machte kehrt und begab sich zum Kirchenbasar zurück, während ich noch für einen Moment im Foyer stehen blieb, um einen Kniefall in Richtung Altar zu machen. Solche Kniefälle sind mir schon immer schwergefallen (es tut mir leid, aber die Bewegung ist irgendwie unnatürlich), und diesmal plumpste ich dabei sogar auf meinen Hintern. Denn der Gedanke, der mir plötzlich durch den Kopf schoss, brachte mich total aus dem Gleichgewicht.
Laura hatte von fünf Märtyrern gesprochen, aber in der Vitrine im Keller befanden sich sechs Beutel mit Reliquien. Ein zusätzlicher Beutel war also ausgestellt und damit unter den Augen aller versteckt worden.
Wie ein heftiger Stromschlag durchfuhr mich die Erkenntnis.
Ich wusste endlich, wo sich die Lazarus-Knochen befinden mussten.
Wie von der Tarantel gestochen, rannte ich aus der Kirche und riss mein Handy aus der Tasche. Dann lief ich aufgeregt hin und her und versuchte, einen Empfang zu bekommen. Sobald mir das gelungen war, wählte ich hastig Larsons Nummer. »Ich weiß, wo die Knochen sind«, sagte ich, ohne mich lange mit höflichen Vorreden aufzuhalten.
»Sind Sie sich sicher?« Seine Stimme klang erregt.
»Absolut. Ganz sicher … Glaube ich jedenfalls. Wo sind Sie?«
»Etwa eineinhalb Kilometer von der Kathedrale entfernt. Gehen Sie hinein, holen Sie die Knochen, und wir treffen uns dann auf dem Parkplatz.«
»Ich kann warten«, sagte ich. »Es wäre mir lieber, wenn wir sie zusammen holen würden.«
»Keine Zeit«, erwiderte er, als stünde er unter Druck. »Goramesh hat seine Ohren überall. Sie hätten mich nicht einmal anrufen sollen. Aber nachdem Sie es jetzt laut ausgesprochen haben, müssen Sie die Knochen auf jeden Fall sofort holen.«
Ich spürte, dass mir die Wangen vor Scham brannten. Um mich zu verteidigen, öffnete ich den Mund, doch ich brachte kein Wort heraus. Hatte er recht? Hatte ich gerade mich – und die Knochen – in Gefahr gebracht?
»Ich werde auf Sie warten, wenn Sie herauskommen, und dann bringen wir sie gemeinsam zum Flughafen. Los, gehen Sie
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