Dämonen zum Frühstück
das eines schwachen alten Mannes. Die Medikamente, die man ihm verabreicht hatte und die ihn so gelähmt hatten, schienen allmählich weitgehend abgebaut zu sein.
»Während der letzten fünfzig Jahre oder so habe ich mich an vielen Orten aufgehalten, an denen ich eigentlich nicht sein wollte. Hast du schon einmal fünfzehn Jahre ohne richtige Dusche verbracht? Nicht gerade spaßig, Mädchen, aber so war das eben. Ich habe es für die Forza gemacht. Und was das Essen betrifft … Ich musste oft die schlimmsten Dinge zu mir nehmen, die man sich so vorstellen kann, nur um zu überleben. Eigentlich gar keine echte Nahrung mehr, sondern nur noch Abfall, Abfall mit –«
»Einen Augenblick.« Ich hielt eine Hand hoch, ehe Eddie wieder so richtig in Fahrt geraten konnte. »Warte mal. Worum geht es hier eigentlich?«
»Ich habe dir doch schon gesagt, worum es geht«, erwiderte er leicht gereizt, während er weiterhin auf dem Kugelschreiber herumbiss. »Ich wurde verfolgt. Ich habe mich nicht zurückgezogen. Ich bin untergetaucht. Hatte keine andere Wahl. Ich habe gegen Dämonen in Sri Lanka gekämpft und ein Nest von Vampiren in Nepal ausgeräuchert. Einige Zeit verbrachte ich in einem Kloster in Südamerika und versteckte mich dann für ein paar Jahre auf Borneo.«
»Du hast dich versteckt? Seit den fünfziger Jahren?«
»Sie waren mir auf den Fersen. Ständig auf den Fersen.«
»Wer? Und warum?«
»Natürlich die Dämonen – wer sonst?«, erwiderte er. »Sie haben die Lazarus-Knochen gesucht. Und das hieß, dass sie erst einmal mich finden mussten.«
»Du hast dich also die ganze Zeit über in Verstecken aufgehalten? Weshalb bist du dann nach San Diablo gekommen? Du wusstest doch, dass die Knochen hier sind. Dachtest du nicht daran, dass die Dämonen darauf kommen könnten, hier zu suchen?«
Eddie begann so heftig zu lachen, dass er sich verschluckte. Zuerst wurde er knallrot und schließlich beinahe blau, was nicht gerade sehr attraktiv aussah. Ich sprang auf und schlug ihm hastig auf den Rücken, bis er eine Hand hochhielt und ich aufhörte. Er versuchte zu sprechen, brachte aber zuerst kein Wort heraus. Also reichte ich ihm ein Glas Wasser. Er nahm einen Schluck und probierte es erneut. »Ich bin nicht freiwillig hierhergekommen, Mädchen. Man hat mich hierhergebracht.«
»Was?«
»Vor etwa drei Monaten.«
»Zu dem Zeitpunkt, als Bruder Michael den Freitod wählte«, sagte ich.
»Genau da.«
»Und? Wo warst du zuvor?«
»Sechs Monate davor war ich in Algier und arbeitete als Barkeeper, während ich mich gleichzeitig um einige übernatürliche, bösartige Kunden kümmerte. Ich habe dort auch Jäger ausgebildet. Natürlich nicht offiziell. Das ist eigentlich sowieso die beste Art und Weise, wenn du mich fragst. Die Forza ist viel zu langsam geworden, obwohl die Gefahr ständig zunimmt. Man muss sich ihr stellen und kämpfen. Man muss sich ihr stellen und –«
»Eddie!«
Sein ganzer Körper schien in sich zusammenzusinken. »Sie haben mich dort gefunden. Die Dämonen, meine ich. Sie haben mich in irgendeine Hütte in Inglewood geschleppt und mich dort mit Drogen vollgepumpt. Haben mir Fragen gestellt und versucht, Antworten aus mir herauszubekommen. Aber ich habe ihnen nichts gesagt, kein einziges Wort.«
Mir war nach Heulen zumute, aber meine Augen blieben überraschenderweise trocken. Eine neue Welle des Zorns rollte durch meinen Körper. Ich wollte diesem alten Mann zeigen, dass es sich lohnte, den Großteil des Lebens dafür herzugeben, ein wichtiges Geheimnis zu bewahren. Mehr denn je wollte ich jedoch Goramesh vernichten.
»Die Dämonen haben dich also hierhergebracht?«, fragte ich ungläubig.
»Sie haben mir etwas weniger Drogen verabreicht, als ich hier eintraf. Vielleicht dachten sie, dass ich mich wirklich an nichts erinnern kann, weil ich inzwischen so verwirrt war. Keine Ahnung. Und ich wusste auch nicht, was sie dazu brachte, mich nach San Diablo zu bringen.« Er sah mich an. »Jedenfalls nicht, bis du mir deine Geschichte erzählt hattest.«
»Sobald sie von Bruder Michael erfuhren, dass die Knochen hier liegen, musstest auch du hierher gebracht werden.«
»Das nehme ich an, ja. Hat ihnen aber nicht viel genutzt«, erklärte er mit einem zufriedenen Grinsen. »Ich habe nichts verraten. Kein einziges Wort. Eines kann ich dir sagen: Die Droge oder die Medizin muss erst noch erfunden werden, die den guten alten Eddie zum Sprechen bringt, wenn er es nicht will.«
Ich sah ihn fragend an. »Du hast mit mir
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