Dämonen zum Frühstück
Tochter das Handy; sie imitierte gerade jemanden mit einer chronischen Depression und machte das so gut, dass man den Eindruck gewann, sie musste dringend in eine geschlossene Anstalt eingeliefert werden. Missmutig hob sie den Kopf, nahm mir das Telefon ab und drückte es gegen ihr Ohr. »Ja?«
Während die beiden miteinander sprachen, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Timmy, der sich erstaunlich brav verhalten hatte. »Nase«, plapperte er, als ich auf meine Nase zeigte. »Ohr, Ohr!« Ich deutete auf mein anderes Ohr. »Mehr Ohr!« Das Kind war sprachlich hochbegabt, das war nicht zu leugnen. Ich beugte mich über ihn und gab ihm eine Reihe feucht schmatzender Küsse auf seinen Hals, sodass er kichern musste und um sich zu schlagen begann. Den Kopf zur Seite gelehnt, warf ich einen Blick auf Allie, die auf einmal nicht mehr so missmutig wirkte. Stattdessen sah sie ausgesprochen zufrieden aus. Ich fragte mich, was sie und Stuart ausheckten, und vermutete, dass es irgendwie um eine weitere Autofahrt mit einer ganzen Gruppe von Teenagern ins Einkaufszentrum gehen könnte.
»Was ist?«, fragte ich Allie, nachdem sie ihr Gespräch beendet hatte.
»Stuart meinte, dass ich heute bei Mindy übernachten kann. Darf ich? Bitte!«
Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und unterdrückte mal wieder den Wunsch, meinen Mann demnächst doch endgültig umzubringen. Meine Vernunft versuchte mich davon zu überzeugen, dass er mir ja nur helfen wollte. Meine Frustration hielt dem entgegen, dass er mich stattdessen dazu verdammt hatte, Allie jetzt auch noch zu ihrer Freundin zu bringen, um dann innerhalb von nicht ganz zwei Stunden das gesamte Haus zu putzen sowie das Essen vorzubereiten und mich dabei ohne jede Unterstützung um Timmy zu kümmern.
»Biiiitte!«
»Klar, kein Problem. Tolle Idee.« Ich schob den Einkaufswagen weiter, während Timmy irgendetwas Unverständliches vor sich hin plapperte. »Du kannst dein Zeug zusammenpacken und dann zu Mindy hinübergehen, sobald wir zu Hause sind.«
Sie führte einen begeisterten Tanz auf und schlang ihre Arme um meinen Hals. »Danke, Mami! Du bist die Beste!«
»Mm. Hoffentlich vergisst du das auch nicht, wenn du das nächste Mal Stubenarrest hast.«
Sie zeigte auf sich und machte ein betont unschuldiges Gesicht. »Ich? Stubenarrest? Ich glaube, du verwechselst mich mit einer anderen Tochter.«
Ich versuchte ein finsteres Gesicht zu machen, was mir allerdings nicht so recht gelingen wollte. Allie wusste, dass sie mich herumgekriegt hatte. Und wenn schon. Ich war eine Frau des neuen Jahrtausends. Ich hatte Vampire gepfählt, Dämonen getötet und Inkubi ins Jenseits befördert. Was bedeutete da schon eine Einladung zum Abendessen in letzter Minute?
Mindy Dupont lebt nach hinten heraus uns gegenüber. Nachdem die Mädchen unzertrennlich geworden waren, taten Laura Dupont und ich es ihnen gleich, und seitdem ist Laura mehr wie eine Schwester als eine Nachbarin für mich. Ich wusste, dass es ihr nichts ausmachen würde, wenn Allie dort übernachtete, weshalb ich mir auch nicht die Mühe machte, sie telefonisch vorzuwarnen. Ich kaufte einen fertigen Schokoladenkuchen, um sie damit zu bestechen oder ihr vielmehr zu danken, und legte ihn oben auf Allies Stapel, ehe sie sich durch unsere miteinander verbundenen Hintergärten auf den Weg zu Lauras Veranda machte. (Früher waren die Gärten nicht miteinander verbunden. Ein unterirdischer Hauptabwasserkanal verläuft zwischen ihnen, und sie sind von hohen Zäunen umgeben. Im vergangenen Jahr überzeugte Stuart jedoch die Stadtverwaltung, dass sie zwei Gartentore anbringen müssten, damit mögliche Kanalarbeiter leichter durch unsere Gärten dorthin gelangen könnten. Ich habe noch nie einen Kanalarbeiter hinter meinem Haus gesehen, aber diese Gartentore haben das Leben für mich, Laura und die Mädchen um vieles vereinfacht. Habe ich schon erwähnt, dass ich den besten Ehemann der Welt habe?)
Weniger als zehn Minuten später hatte ich Timmy vor eine Kinder-DVD gesetzt und wischte mit einem Mopp unseren Parkettboden, wobei ich mich darum bemühte, all die winzig kleinen Ritzen und Spalten nicht zu übersehen, die einem Richter vielleicht ins Auge fallen konnten, der besonders pingelig war. Ich war mir ziemlich sicher, dass unter unserem Sofa die Staubmäuse mal wieder eine Vollversammlung abhielten, aber solange sie nicht begannen, sich im ganzen Haus zu verteilen, scherte mich das herzlich wenig.
Das Telefon klingelte, und ich
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