Daemonenblut
mehr über Mom zu erfahren. Nach Moms Tod war auch Grandpa Flashy nicht mehr gekommen. Ich konnte mich nicht einmal mehr erinnern, wie mein Großvater wirklich geheißen hatte, ich hatte ihn immer nur Grandpa Flashy genannt, weil er so blass war, dass er geradezu weiß zu leuchten schien.
Wie schlecht es Dad wirklich ging, hatte ich herausgefunden, als ich vor zwei Jahren zufällig Zeuge einer Unterhaltung zwischen ihm und Doc geworden war. Doc hieß mit echtem Namen Thomas Clarke und war nicht nur Dads bester Freund, sondern auch der Arzt gewesen, der mich zur Welt gebracht hatte. Obendrein war er mein Taufpate und so etwas wie ein Onkel für mich.
Dad und ich waren immer unzertrennlich gewesen. Früher hatten wir jede freie Minute zusammen verbracht, waren ins Kino oder in Museen gegangen oder angeln gefahren. Dads Trauer hätte über die Jahre leichter werden sollen, stattdessen schien sie sich zu verschlimmern. Als ich älter wurde, ertappte ich ihn immer wieder dabei, wie er vor sich hin starrte. Dabei lag eine so große Traurigkeit in seinem Blick, dass mir jedes Mal ganz anders wurde. Den Grund dafür hatte ich erst herausgefunden, als ich ihn und Doc in der Küche reden hörte.
» Sie sieht ihr mit jedem Tag ähnlicher « , hatte Dad gesagt, und in seiner Stimme hatte so viel Schmerz gelegen, dass es mich Mühe kostete, das Schluchzen zu unterdrücken, das in meiner Kehle aufstieg und mich als Lauscher verraten hätte. Für Dad musste es sein, als würde ihm jedes Mal, wenn er mich sah, ein Messer ins Herz gerammt.
An diesem Tag war ich auf den Speicher gegangen und hatte die Schachtel hervorgezogen, in der Dad die Erinnerungen an Mom aufbewahrte. Die Schachtel mit Moms Ehering stellte ich unbeachtet zur Seite. Mich interessierte etwas anderes. Als ich die Fotos auspackte, die dort schon so lange lagen, wusste ich, was er meinte. Mom anzusehen, war, als würde ich ein zehn Jahre älteres Bild meiner selbst betrachten. Kein Wunder, dass er meine Gegenwart kaum ertrug.
Von da an bemühte ich mich, es ihm leichter zu machen, indem ich alles tat, um mich von Mom zu unterscheiden. Sie hatte nie Make-up verwendet, also begann ich, mich zu schminken. Ihr Haar war kurz gewesen, also ließ ich meines wachsen. Sie trug meistens Jeans, also ging ich dazu über, Röcke und Kleider anzuziehen. Tatsächlich schien es Dad plötzlich leichter zu fallen, mich anzusehen, ohne ständig an Mom zu denken. Trotzdem suchte ich immer weiter nach Möglichkeiten, mich äußerlich von ihr abzugrenzen. Als ich eines Tages mit einer dicken Brille auf der Nase nach Hause kam, dirigierte Dad mich in sein Arbeitszimmer.
Wie ein Schüler, der etwas angestellt hatte und zum Rektor gerufen wurde, saß ich ihm an seinem Schreibtisch gegenüber. Dad sah müde aus. Kein Wunder, denn damals war das Geld bei uns schon knapp gewesen (auch wenn er mir das zu diesem Zeitpunkt noch verschwiegen hatte) und er machte seit einer ganzen Weile Zusatzschichten im Krankenhaus. » Seit wann hast du eine Sehschwäche? «
Es war mir noch nie leichtgefallen, ihm etwas vorzumachen. Ich sah auch keinen Grund, ihn zu belügen. Allerdings hatte ich auch nicht vor, ihm meine wahren Motive zu verraten. » Ach, Dad! « , rief ich gespielt empört, als wäre vollkommen klar, warum das Gestell auf meiner Nase saß. » Ich hab doch keine Sehschwäche. Das ist nur Fensterglas. « War es wirklich. Der Rest entsprach dann nicht mehr so ganz der Wahrheit. » Die Teile sind gerade so hip, dass ich unbedingt auch eine haben musste. Sieh dir doch mal diesen Rahmen an. Rattenscharf, oder? «
» Um nicht zu sagen, obercool « , ergänzte er trocken. Das war mein Dad. Der alte Dad, der mir mit meiner wachsenden Ähnlichkeit zu Mom immer weiter abhandengekommen war.
Mein Grinsen hatte nichts mit seinem Kommentar zu tun. Ich freute mich darüber, dass meine Bemühungen Erfolg hatten.
Allerdings war Dad nicht dumm.
» Ich weiß, was du da tust, Riley. «
» Ich versuche cool zu sein. «
» Und ich weiß deine Bemühungen wirklich zu schätzen. «
» Das sagen Väter wohl eher selten zu ihren ultracoolen Kids. «
» Riley, was du da tust… ich weiß es wirklich zu schätzen « , sagte er noch einmal. » Aber es ist nicht deine Aufgabe, mir das Leben zu erleichtern. Ich hätte schon viel früher merken müssen, was ich dir damit aufhalse. «
Der Kloß in meinem Hals kam völlig aus dem Nichts. » Dad… «
» Du kannst nichts dafür, dass du ihr so ähnlich siehst, und
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