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Daemonenblut

Daemonenblut

Titel: Daemonenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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heruntergekommenen Backsteinbau, in dessen bröckelnder Fassade sich keine einzige intakte Fensterscheibe mehr befand. Kein vergessenes Schild, kein noch so kleiner Hinweis deutete darauf hin, was hier einmal hergestellt worden war. Angesichts des Zustands der Halle lagen die Glanzzeiten dieser Fabrik ohnehin Jahrzehnte zurück.
    Am hinteren Ende der Fabrik, durch einen schmalen Streifen wild wuchernden Rasens davon getrennt, stand ein zweigeschossiges Haus, in dem früher vermutlich der Verwalter mit seiner Familie gewohnt hatte. Die Fenster waren heil, die Fassade aus roten Backsteinen wirkte allerdings kaum ansehnlicher als die der Produktionshalle. Aus dem Fundament zwängte sich Unkraut hervor, und hüfthoch wucherndes Gras und Unkraut schienen das Gebäude von allen Seiten zu umgeben. Lediglich vor dem Eingang, wo Nick jetzt seinen Wagen neben Adams verbeulten Vauxhall abstellte, war eine Schneise geschlagen worden.
    Als er aus dem Wagen stieg, zog er sein Sakko zurecht und nutzte das Seitenfenster, um den Sitz seiner Krawatte zu überprüfen. Sein kurzes Haar wirkte in der spiegelnden Scheibe eher silbern als schwarz und seine ernsten Züge glatter, als sie in Wirklichkeit waren. Zufrieden mit seinem Auftreten, immerhin sollte Adam sofort sehen, wer in dieser Unternehmung das Geld und das Sagen hatte, ging er auf das Haus zu. Aus dem Briefkasten, der neben der Tür am Mauerwerk angebracht war, ragte eine Zeitung. Nick stutzte. Soweit er wusste, studierte Adam jeden Morgen die Kleinanzeigen, die potenzielle Kunden häufig nutzten, um mit Leuten wie ihm in Kontakt zu treten. Auch Nick hatte damals eine Anzeige aufgegeben, in der Hoffnung einen Artefakthändler zu finden. Suche Kunstwerke, zu schön für diese Welt, hatte sein Text gelautet. Eine Formulierung, die er einmal bei seinem Großvater aufgeschnappt hatte und von der er wusste, dass sie sein Wissen über die Welt jenseits der Pforten offenbarte. Adam war auf seine Anzeige angesprungen und sie waren ins Geschäft gekommen. So wie er den Artefakthändler kannte, würde der die Zeitung niemals ignorieren und damit riskieren, dass ihm ein Auftrag durch die Lappen ging.
    Er drückte den Klingelknopf, hörte das Schrillen hinter der Tür und die durchdringende Stille, die darauf folgte. Keine Schritte. Keine Rufe. Nur Stille. Während Nick wartete, entdeckte er einen Schlammspritzer auf seinem Schuh. Er zog ein Taschentuch aus seinem Sakko und wischte damit ein paar Mal über das schwarze Leder, bis es wieder glänzte. Zufrieden steckte er das Taschentuch zurück und klingelte noch einmal.
    Und dann noch einmal.
    Schließlich gab er auf. Adam war nicht hier. Er saß nicht unrasiert vor seinem PC , zu feige, ihm sein erneutes Scheitern einzugestehen. Aber warum zum Teufel stand sein Auto auf dem Hof?
    Das Gefühl, das ihn schon im Restaurant beschlichen, das er dort allerdings erfolgreich verdrängt hatte, kehrte zurück. Etwas war nicht in Ordnung.
    Nick drehte am Türknauf. Er rechnete nicht wirklich damit, dass etwas passieren würde, doch zu seiner Überraschung schwang die Tür auf.
    » Adam? « Seine Stimme hallte von den hohen Wänden wider, ohne dass ihr eine Antwort folgte. Ohne zu zögern, trat Nick ein. Adams Büro lag hinter der ersten Tür zu seiner Linken. Schnurstracks hielt Nick darauf zu. Er machte sich nicht die Mühe zu klopfen, stieß die Tür einfach auf und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Bis auf eine umfangreiche Büchersammlung über Wesen und Dinge, die die meisten Menschen nur aus Märchen kannten, gab es nichts, das auf Adams Tätigkeit hindeutete. Keine Kundenlisten, keine Rechnungsordner oder Auftragsbücher.
    Adam regelte seine Geschäfte, ohne Beweise zu hinterlassen. Zahlungen erfolgten bar. Jede Form von Schriftverkehr wurde vermieden. Niemand, der nicht auch über das Jenseits Bescheid wusste, wäre je auf die Idee gekommen, dass Adam etwas anderes als der Student sein könnte, als der er sich ausgab.
    Nicks Blick fiel auf den Anrufbeantworter. Siebzehn neue Anrufe. Wie oft hatte er Adams Festnetznummer gewählt? Vielleicht fünf oder sechs Mal, vermutete er. Das hieß, dass Adam schon länger nicht mehr hier gewesen war. Vermutlich seit gestern nicht mehr. Das wiederum würde bedeuten, dass Adam ihn nicht absichtlich versetzt hatte, sondern dass tatsächlich etwas passiert sein musste. Er drückte die Abhörtaste, in der Hoffnung, der Anrufbeantworter würde ihm die Antworten liefern, nach denen er suchte.

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