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Daemonenblut

Daemonenblut

Titel: Daemonenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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plötzlich der ganzen Situation bewusst. Vor mir stand ein Geist. Wabernd, blau und durchscheinend. Er sah nicht unfreundlich oder gefährlich aus, aber er war immer noch ein Geist. Ein Wesen, an dessen Existenz ich bis vor einer Stunde noch nicht einmal geglaubt hatte. Und jetzt, nachdem die Shepherds fort waren und mich nicht länger der Wunsch ablenkte, eine gute Show zu bieten, wurde mir erst so richtig bewusst, was das bedeutete: Ich hatte einen Toten gerufen.
    Plötzlich erschien mir das Zimmer viel zu klein für uns beide. Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Raus hier! Nur raus!
    Ich sprang auf. Zum Glück war der Schwindel inzwischen so weit abgeflaut, dass ich nicht mehr ins Taumeln geriet. Mit trotzdem weichen Knien stürmte ich an Hugh vorbei. An der Tür blieb ich noch einmal stehen, drehte mich zu ihm um und rief: » Ich entlasse dich zurück in deine Welt. « Das waren die Worte, die Madame in ihren Séancen– den falschen Séancen– benutzte, um den Kunden zu signalisieren, dass die Show vorbei war. Ich konnte nur hoffen, dass Hugh das ebenfalls begreifen und verschwinden würde.
    Was mich anging, brauchte ich jetzt erst einmal frische Luft und einen wirklich, wirklich starken Kaffee. Nicht die Plörre, die die Kaffeemaschinen hier fabrizierten. Ohne mich noch einmal umzudrehen, eilte ich durch den Laden und zur Tür hinaus, auf die Straße. Als ich endlich wieder zu mir kam, stand ich schon im High Tea am Tresen und hatte mir einen doppelten Espresso bestellt.
    In einem Sessel vor dem Fenster saß der Mann mit den farblosen Augen, mit dem ich im Laden zusammengestoßen war. Meine Güte, das schien eine Ewigkeit her zu sein! Als sich unsere Blicke trafen, nickte ich ihm zu. Für einen Moment schien es, als würde er nicht reagieren, dann erwiderte er mein Nicken und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Zeitung.
    Ich bezahlte und verzog mich mit meiner Tasse an einen ruhigen Tisch, von dem aus ich den Hexenkessel im Auge hatte. Der Kaffee war noch zu heiß, um ihn zu trinken, deshalb verbrachte ich die Zeit damit, auf den Laden zu starren. Ich versuchte gar nicht erst zu ergründen, warum ich plötzlich Geister rufen konnte, denn ich war mir sicher, den Grund dafür zu kennen– Madames Ritual. Von wegen, da kann gar nichts passieren! Etwas war definitiv passiert.
    Gut, ich hatte Hugh fortgeschickt. Aber was, wenn ihn das nicht interessierte? Was, wenn ich zurückkam und er immer noch da war?
    Ich leerte meinen Espresso mit zwei Schlucken und war drauf und dran, mir noch einen zu holen, ließ es dann aber bleiben. Abgesehen davon, dass mir ein zweiter Espresso vermutlich einen Herzinfarkt bescheren würde, hätte er doch nur den einen Zweck: meine Rückkehr in den Laden hinauszuzögern. Da ich mich der Frage, ob der Geist verschwunden war, früher oder später ohnehin stellen musste, konnte ich es ebenso gut gleich hinter mich bringen.
    Natürlich war er noch da, als ich schließlich in Madames Reich zurückkehrte. Er saß im Sessel und blätterte in einer ihrer Zeitschriften, so vertieft in den Lesestoff, dass er erst aufsah, nachdem ich mich vernehmlich räusperte.
    » Ah, du bist zurück. «
    » Und du bist immer noch da. «
    » Hast du etwas anderes erwartet? «
    Und ob! Die Show war vorbei, dass er hier war, war ein Unfall, und wenn es nach mir ging, konnte er jetzt wieder verschwinden. » Offen gestanden ja. Deine… äh… Dienste werden hier nicht länger benötigt. «
    » Das dachte ich mir schon, als du diesen Entlasse-dich-in-deine-Welt-Kram vom Stapel gelassen hast. Tolle Wortwahl übrigens. Seeeehr dramatisch. Ich wette, die Leute stehen auf so was. «
    Die Leute vielleicht, Geister schien das wohl eher kalt zu lassen. » Warum bist du noch da? «
    Er schlug die Zeitschrift zu, legte sie auf seinen Schoß und erhob sich. Dabei sank sie durch seinen Körper und blieb auf dem Polster liegen. » Es ist nett hier. «
    » Ich möchte aber, dass du gehst. «
    » Vergiss es. «
    Eine glatte Kampfansage. Meinetwegen. Ich hatte höflich gefragt, er wollte nicht, also musste ich wohl härtere Geschütze auffahren. Ich holte das schnurlose Telefon, das neben der Kaffeemaschine lag, und wählte Madames Nummer. Sie meldete sich weder am Festnetz noch auf dem Handy. Als die Mailbox ansprang, war ich drauf und dran, etwas von einem Geist zu erzählen, doch egal, wie ich den Satz auch in Gedanken vorformulierte, er klang immer unglaublich dämlich. Schließlich legte ich

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