Daemonenblut
Fehlanzeige. Abgesehen von seinen eigenen Nachrichten hatte kein einziger Anruf etwas mit Nicks Auftrag zu tun oder gab einen Hinweis auf Adams Verbleib.
In der obersten Schreibtischschublade fand er Adams Terminkalender. Die meisten Einträge bestanden aus Kürzeln und einer Nummer. Nick schlug den heutigen Tag auf. Vier Termine waren dort eingetragen– einer davon war das Treffen im Indian Palace. Nick wählte die erste der anderen Nummern. Am anderen Ende meldete sich ein Mann.
» Guten Tag, mein Name ist Miles, ich bin der Geschäftspartner von Mr Saunders « , stellte sich Nick vor. Er setzte gerade dazu an fortzufahren, als der Mann ihm auch schon ins Wort fiel.
» Dann wollen Sie mir sicher erklären, warum Saunders heute nicht aufgetaucht ist. «
» Mr Saunders war leider verhindert « , improvisierte Nick. » Ich wollte nur Bescheid geben, dass er Sie so bald wie möglich anrufen wird. «
Bevor der Mann noch etwas erwidern konnte, beendete Nick das Gespräch. Die anderen beiden Telefonate verliefen ganz ähnlich. Adam war zu keinem Termin erschienen und hatte sich auch nicht gemeldet, um abzusagen.
» Schöne Scheiße. « Nick warf den Terminkalender in die Schublade zurück und sah sich ratlos um. » Wo steckst du, Saunders? Und wo ist mein Artefakt? «
Adam war ausgesprochen geschäftstüchtig. Dass er an einem Tag mal einen Termin sausen ließ, konnte Nick sich noch vorstellen. Vielleicht auch zwei, wenn etwas Lukratives dazwischen kam. Aber alle? Und das, ohne zu verschieben oder zumindest abzusagen? Das passte nicht zu ihm.
Um sicherzugehen, dass Adam auch wirklich nicht im Haus war– weder krank im Bett noch tot–, inspizierte Nick die übrigen Zimmer.
Nichts. Das Haus war verlassen.
Schließlich kehrte er zu seinem Wagen zurück und setzte sich wieder hinter das Steuer. Wenn Adam etwas passiert war, musste es jemanden geben, der davon wusste. Vielleicht die Nachrichten. Nick zog sein Smartphone hervor. In eine Suchmaschine tippte er Adam Saunders und London ein. Nichts. Keine Nachrichten, keine Profile. Adam Saunders, zumindest der, nachdem er suchte, schien im World Wide Web nicht zu existieren. In der Hoffnung, doch noch eine Spur zu finden, ging er dazu über, die Lokalteile der Zeitungen und Nachrichtensender zu durchforsten. Dabei stieß er zwar nicht auf Adams Namen, aber schon bald auf eine Schlagzeile, die seine Aufmerksamkeit erregte.
Rätselhafter Tod am Hyde Park Corner
Nick ließ das Telefon sinken, noch bevor er die ersten Worte gelesen hatte. Das Foto, das zu Beginn des Berichts abgedruckt war, reichte aus, um seine schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen. Der Tote war Miles. Adams Geschäftspartner. Nachdem Nick seinen ersten Schrecken überwunden hatte, nahm er sich den Artikel vor. Der Verfasser berichtete von einer Touristengruppe, die den Leichnam am Morgen gefunden hatte. Laut Polizei könne vor Abschluss der Obduktion keine Aussage zur Todesursache gemacht werden, ein Fremdverschulden sei aber nicht auszuschließen. Wieder und wieder überflog Nick die Zeilen, ohne einen Hinweis auf Adam oder darauf, was geschehen war, zu finden.
Frustriert und beunruhigt starrte er auf Miles’ Foto. Schließlich legte er das Smartphone zur Seite und startete den Motor. Es war an der Zeit, ein paar Kontakte zu aktivieren.
10
Als ich die Augen öffnete, fand ich mich in Madames Sessel wieder, ohne zu wissen, wie ich dorthin gekommen war. Genau genommen wusste ich nicht einmal, was überhaupt passiert war. Mein Zustand seliger Ahnungslosigkeit hielt allerdings nur zwei Sekunden lang an. Ziemlich genau die zwei Sekunden, die ich brauchte, um die bläulich schimmernde Gestalt in der Mitte des Raums zu entdecken.
Mit einem Fluch, der so wenig Sinn ergab, dass nicht einmal mein innerer Zensor sich die Mühe machte, ihn in etwas noch Idiotischeres zu verwandeln, fuhr ich hoch. Schlagartig wurde mir so schwindlig, dass ich wankte.
» Setz dich lieber wieder hin « , riet der Geist– Onkel Hughs Geist, wie ich mich jetzt erinnerte. » Nicht, dass ich dich gleich wieder in den Sessel hieven muss. «
Da mir die Kraft für koordinierte Bewegungsabläufe zu fehlen schien, ließ ich mich in die Polster sinken. Ohne Onkel Hugh aus den Augen zu lassen, sortierte ich meine Erinnerung. Okay, ich hatte einen Geist gerufen. Einen verdammten echten Geist! Mir war schlecht geworden und schwindlig. Dann musste ich irgendwie zusammengeklappt sein. Dass ich noch lebte und mich obendrein in einem
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