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Daemonenblut

Daemonenblut

Titel: Daemonenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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machen. Der Gedankenwächter baute sich vor dem Jungen auf, legte ihm die Hand auf die Stirn und zwang ihn, ihn anzusehen. Der Oberste glaubte förmlich zu spüren, wie die Macht zwischen den beiden floss. Wenn Morden mit dem Jungen fertig war, würde er sich weder an den Obersten Bewahrer noch an Morden erinnern. Er war niemals hier gewesen. Hatte nie den Weg verlassen, den er eingeschlagen hatte, kurz bevor Morden auf in gestoßen war.
    Der Junge mochte seine Hoffnungen nicht erfüllt haben, doch der Oberste war überzeugt, dass dies nicht derjenige war, von dem Salina gesprochen hatte. Sie würde sich niemals dermaßen irren, wenn es um die Macht der Magie ging. Viel wahrscheinlicher war, dass sie ahnte, was er mit ihrem Talent vorhatte. Und jetzt versuchte sie, ihren Fang zu schützen. Vermutlich wollte sie ihn immer noch ausbilden und zu einem der Ihren machen. Sie brauchten keinen Frischling, der ihren Kreis schloss. Das hatten sie versucht und es hatte nicht funktioniert. Kein lebender Zauberer, der nicht bereits zu ihrem Zirkel gehörte, verfügte über ausreichend Magie, um die Lücke zu schließen, die Severius hinterlassen hatte. Er würde seine Zeit nicht länger damit verschwenden, weiter nach jemandem zu suchen, der nicht existierte.
    Morden stand noch immer über dem Jungen, den Blick auf ihn geheftet, die Fingerspitzen auf seiner Stirn, als seine Hand plötzlich zu zittern begann. Der Gedankenwächter verzog das Gesicht. Schweißtropfen perlten von seiner Stirn.
    » Was ist los? «
    » Etwas in ihm blockiert mich. «
    » Dann streng dich mehr an. « In den letzten Tagen war schon zu viel schiefgegangen. Es sollte keine weiteren Pannen mehr geben. Durfte keine mehr geben.
    Morden nickte. Die Lippen fest aufeinandergepresst, setzte er sein Werk fort, pflanzte dort neue Erinnerungen, wo die Wahrheit verschleiert werden musste. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, in der der Oberste Bewahrer darauf wartete, dass sein Handlanger fertig war.
    Endlich zog Morden die Hand zurück. » Es ist vollbracht. «
    Jetzt musste der Gedankenwächter ihn nur noch binnen der nächsten Stunde zurückbringen, ehe sich der Verstand des Jungen klärte und er zu sich kam. Während dieser Stunde war der Junge eine Marionette, die Anweisungen befolgte, ohne mitzubekommen, wo er war oder was um ihn herum geschah.
    Morden bedeutete dem Jungen aufzustehen. Wacklig erhob er sich, der Blick verschleiert und leer.
    Der Oberste wollte sich schon abwenden, als sich etwas an dem Jungen veränderte. Seine Augen füllten sich mit Blut, als seien alle Gefäße gleichzeitig geplatzt. Blut rann auch aus seinen Ohren und seiner Nase. Dann brach er zusammen.

16
    Heute Abend war ich an der Reihe, den Laden dicht zu machen. Madame war schon gegangen, und Pepper und Jonah hatten gerade lange genug gewartet, bis wir den Schlüssel hinter dem letzten Kunden herumdrehten. Die beiden fieberten ihrem Date so sehr entgegen, dass schon am Nachmittag nicht mehr viel mit ihnen anzufangen war. Jonah war nervös und ließ ständig irgendwas fallen, und Pepper war völlig aufgedreht– kein schöner Zustand bei jemandem, der auch im Normalzustand oft schon aufgekratzt war. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was mich morgen erwartete. Auf jeden Fall konnte ich mich wohl auf jede Menge Dauergrinsen einstellen.
    Ich sortierte die Ware in den Regalen, rückte sie zurecht und sorgte dafür, dass alles wieder an Ort und Stelle stand. Als ich fertig war, schnappte ich mir meine Tasche und schaltete das Licht aus. Auf halbem Weg zur Tür blieb mein Blick am Perlenvorhang hängen. Bevor ich darüber nachdenken konnte, war ich schon durch den Vorhang und stand in Madames Reich. Draußen war es noch hell genug, sodass ich kein Licht einschalten musste. Ich warf meine Tasche in den Sessel, zog das Foto des Toten aus dem Papierkorb und setzte mich damit an den Tisch.
    Ich strich das zerknitterte Papier glatt, immer und immer wieder, während ich minutenlang auf das Gesicht starrte, das mir entgegenblickte. Was sollte das werden? Was machte ich hier?
    Die Antwort lag auf der Hand. Ich hatte doch sowieso darüber nachgedacht, meine Fähigkeiten zu testen. Allerdings hatte ich diese Idee auch mindestens genauso schnell wieder verworfen, wie sie gekommen war. Und jetzt würde ich es doch tun.
    Mist! Mist! Mist!
    Die Augen noch immer auf das Foto gerichtet, begann ich seinen Namen zu murmeln. » Miles Baker « , wiederholte ich immer und immer wieder. Ich flüsterte den

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