Daemonenblut
entweder zu dem Schluss, dass ich die Wahrheit sagte, oder aber er hatte die Nase voll, mich länger anzustarren. Er ließ die Stuhllehne los und begann langsam auf und ab zu gehen. Weit kam er dabei in unserer kleinen Küche nicht. Spätestens nach drei Minuten voller schneller, abrupter Drehungen musste ihm schwindlig sein, trotzdem blieb er nicht stehen.
Ich wollte ihn fragen, worüber er nachdachte, aber in meinem eigenen Kopf wirbelten so viele Gedanken durcheinander, dass ich seine jetzt nicht auch noch gebrauchen konnte. Tatsächlich war ich für ein paar Minuten Schweigen mehr als dankbar.
Vor nicht einmal einer Stunde hatte ich zwanzigtausend Pfund in den Wind geschlagen! Einfach so. Und dann erklärte ich mich bereit, ihm trotzdem zu helfen. Für lau. Umsonst. Kostenlos. Vermutlich sollte ich anfangen, meinen Kopf gegen die Tischplatte zu schlagen, in der Hoffnung, dass ich die Dummheit aus mir rausklopfen konnte.
Aber so dumm es auf den ersten Blick erscheinen mochte, war es auch die einzig richtige Entscheidung gewesen. Hätte ich mich von ihm kaufen lassen, hätte ich damit jede Entscheidungsfreiheit aufgegeben. Er wäre derjenige gewesen, der sagt, wo es langgeht, und ich hätte nach seiner Pfeife tanzen müssen. Darauf wollte ich mich nicht einlassen. Es würde auch so anstrengend genug werden, mich nicht von ihm unterbuttern zu lassen. Wenn ich mich mit ihm zusammentat, dann nicht zu seinen Bedingungen, sondern zu welchen, die wir gemeinsam festlegten– auch wenn das bedeutete, dass ich weiter neben der Schule und in den Ferien jobben musste. Damit war ich bisher ja auch zurechtgekommen.
Jetzt durfte ich ihn nur nicht merken lassen, dass ich nicht vorhatte, ihn in dieser Geschichte hängen zu lassen. Nicht aus Mitleid, sondern in erster Linie, weil diese Angelegenheit zu interessant war, um sie nicht weiter zu verfolgen. Magie! Eine Parallelwelt! Dämonen! Es konnte nicht schaden, so viel wie möglich darüber in Erfahrung zu bringen. Am Ende beschwor ich sonst in meiner Unwissenheit beim nächsten Mal keinen Geist, sondern einen Gedärm fressenden Dämon.
Natürlich könnte ich auch ohne ihn weitermachen. Nur dass er im Gegensatz zu mir bereits Informationen über dieses Jenseits hatte, während ich nicht einmal wusste, wen ich fragen könnte, um überhaupt irgendetwas darüber in Erfahrung zu bringen.
» Du musst es noch einmal versuchen! « , durchbrach Nicks Stimme meine Gedanken. Sein Ton klang schon befehlender als noch vor ein paar Minuten. Ich hatte es ja geahnt!
» Was soll ich versuchen? «
» Miles zu rufen. «
» Das hat vorhin schon nicht geklappt. « Ich hatte ihm auch von meinen erfolglosen Versuchen erzählt, die trotz des T-Shirts als Verstärker fehlgeschlagen waren.
» Vielleicht hast du dich nicht genug konzentriert! « Als ich eine Augenbraue hochzog, schob er schnell hinterher: » Immerhin bist du in seine Wohnung eingebrochen. Vermutlich hattest du Angst, erwischt zu werden. Wie sollst du dich da konzentrieren? «
Gut gerettet, gerade noch.
» Lass uns noch mal hinfahren. Wir nehmen irgendwas mit und versuchen es hier, wo uns niemand erwischen kann. «
» Nicht nötig. « Ich stand auf, holte den Kalender aus dem Flur und warf ihn auf den Küchentisch. » Das gehört Miles. «
Es war ihm anzurechnen, dass er sich jeden Kommentar darüber sparte, dass ich den Kalender hatte mitgehen lassen. Ich hätte ihm ja nicht einmal erklären können, dass nicht ich ihn genommen hatte, sondern mein dienstbarer, durch Abwesenheit glänzender Geist, der leider zu schüchtern war, sich Fremden zu zeigen.
Wir setzten uns wieder und ich versuchte mein Glück erneut. Ich rief Miles’ Namen laut, flüsterte ihn leise vor mich hin, flehte ihn im Stillen an zu kommen.
Nichts.
Ganz egal, ob ich den Kalender berührte, anstarrte, mich draufsetzte– Miles zeigte sich nicht, und ich bekam auch keine weiteren Bilder aus seinem Leben oder dessen Ende gesandt. Nach zwei Stunden gab ich auf. Mir schwirrte der Kopf, und ich hatte das Gefühl, gleich ins Koma zu fallen, wenn ich mich noch länger konzentrieren musste.
» Das wird nichts mehr und mir geht die Kraft aus. Vermutlich ist er inzwischen ins Licht gegangen, sonst hätte ich ihn längst erreicht. «
» Ins Licht? «
So ähnlich musste ich auch ausgesehen haben, als ich Hugh deswegen gelöchert hatte. Jetzt war es an mir, Nick darüber aufzuklären.
» Wie geht es jetzt weiter? « , fragte ich, nachdem ich mein Wissen über die
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