Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Seine Lungen füllten sich mit der kühlfeuchten Luft der alten Halle und allmählich kehrten auch seine Lebensgeister zurück. Auf wackeligen Beinen erhob er sich in den Stand.
Agares war bei Seite getreten. Stattdessen hatte Vassago seinen Platz eingenommen. Auch Bael saß wieder auf seinem Thron. Diesmal in der Gestalt eines jungen Mannes mit lockigem, blondem Haar.
„Ich danke dir, mein Prinz“, sagte Gelal leise.
„Danke mir nicht, Gelal, sondern erfülle deine Aufgabe. Töte das Mädchen oder mache sie zu deiner Braut. Du weißt, was davon abhängt und dir bleibt nicht mehr viel Zeit.“
Gelal stemmte sich von der Bettkante hoch. Die Bilder aus der Ratshalle verblassten, aber die Botschaft war fest in ihm verankert. Und ganz gleich, was geschah, er würde seine Aufgabe erfüllen. Er würde zu Ende bringen, wozu er erschaffen worden war. Zum Erhalt seiner Art. Zum Verführen von Seelen. Zum Schutz der Zwischenwelt. Wenn er versagte, würde seine Welt aufhören zu existieren. Und trotzdem, obwohl der die Gefahren kannte, gab es Momente, in denen er sich wünschte, Alexander Maars Körper nie wieder verlassen zu müssen. Momente, in denen er Doro als Sterblicher nahe sein konnte. Sie spüren, sie berühren, ihr duftendes Haar riechen und ihre weiche Haut auf seinem nackten Körper fühlen konnte. In denen er sie lieben durfte und in denen er ihre Gefühle nachempfand. Aus dämonischer Sicht waren es Augenblicke der Schwäche; doch in Alexander Maars Körper waren es für ihn Augenblicke voller Wärme und Freude.
Gelal schloss die Augen. Es war Zeit für ihn, sich auf die Suche nach Glücklichen zu machen, die ihn nährten und ihn für den letzten Teil seiner Aufgabe kräftigten, der noch vor ihm lag. Er fühlte seinen Körper mit der Umgebung verschmelzen. Gestaltlos glitt er die Treppe hinunter. Der schmale Spalt unter der alten Eichentür geleitete ihn ins Freie und in die Kühle der Dunkelheit. Hinaus in eine Nacht, die er nicht mehr alleine beherrschte. Seit Angaraths dämonischer Wiedergeburt wartete da draußen ein nicht zu unterschätzender Feind auf ihn, der alle Register ziehen würde, um ihn zur Strecke zu bringen.
Vor ihnen wand sich in einer sanften Biegung der geschotterte Weg nach rechts. Dahinter folgte der Anstieg zur Wolfskuppe, einem der wenigen bekannten Ausflugsziele im Steinachtal. Das Licht der tief stehenden Sonne überzog die noch blattlosen Bäume mit einem warmen Schimmer aus Rot und Gold und vertrieb die letzten Spuren des Winters. Die Luft war erfüllt vom Summen der Insekten und vom Gesang der Vögel. Buschwindröschen, Blausternchen und Winterlinge bedeckten den Waldboden an den geschützten Stellen mit einem Teppich aus Weiß, Grün, Blau und Gelb. Nach Monaten der Kälte und der Entbehrungen strömte aus dem Füllhorn der Natur nun wieder die Vielfalt des Lebens.
Doro ergriff Alexanders Hand. Er blieb stehen und schenkte ihr ein liebevolles Lächeln, dann zog er sie dicht an sich heran und umschlang ihre Taille. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und ließ sich von dem freudestrahlenden Gefühl tragen, dass augenblicklich auf angenehme Weise von ihr Besitz nahm. Nach den Wirren der vergangenen Tage tat es gut, reglos in der Frühlingssonne zu stehen, zu spüren, welche Kraft sie schon besaß und Alexander an ihrer Seite zu wissen.
Seine Lippen legten sich schüchtern auf ihren Mund, als fürchtete er, abgewiesen zu werden. Ihre Hände wanderten in seinen Nacken und hielten seinen Kopf fest. Ihr Kuss war fordernd und zärtlich zugleich. Es gab nur wenige Momente in ihrem bisherigen Leben, die sie als wirkliches Glück empfand. Dieser war einer von ihnen und ihr ganzes Bestreben lag darin, ihn so lange wie möglich festzuhalten…
Stimmen und das monotone Geräusch aufsetzender Füße im Lauf rissen sie aus ihrer kleinen, heilen Welt. Doro kniff die Augen zusammen, denn die tiefstehende Sonne blendete. Im flammenden Licht kamen zwei Jogger den Berg hinab. Sie näherten sich schnell und hatten bereits die Kurve unterhalb des Anstiegs erreicht. Auf der Ebene beschleunigte das Paar noch einmal das Tempo. Erst jetzt erkannte sie, wer auf sie zukam. Es waren Kai Andress und Sanne Weiler.
Ihr Blick fiel auf Andress´ Hand, in der im Abendlicht immer wieder ein metallischer Gegenstand aufleuchtete. Andress hielt direkt auf Alexander zu, während Sanne allem Anschein nach für sie abkommandiert war. Sie konzentrierte sich auf das Flackern in Andress Hand.
„Alex, pass
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