Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
Stattdessen musterte er Sariel mit einem Gesichtsausdruck, als sähe er eine besonders große Küchenschabe vor sich. Dann aber drängte sich Tamiro an Sariel vorbei.
„Oh!“ Der Kleine sprang zurück und winkte Sariel herein. „Verzeiht meine Unhöflichkeit. Ich vergaß … ich konnte ja nicht wissen …“ Ohne zu sagen, was er nicht wissen konnte, drehte er sich um. „Bitte seid so gütig, mir zu folgen.“
Der rote Turban wies Sariel den Weg in einen Innenhof, dessen Mitte von einem Brunnen dominiert wurde. Das leise plätschernde Wasser war das einzige Geräusch, das zu hören war. Fast schien es, als wäre der Goldene Stern unbewohnt. Erst als sie die Arkadengänge erreichte, die den Innenhof von allen Seiten umspannten, sah Sariel einige weiß gekleidete Dämonen.
Der Zwerg verneigte sich tief vor den Männern, die Sariel und Tamiro musterten. Sie kam sich beobachtet vor und war sich nicht sicher, wie sie sich verhalten sollte, entschied dann aber nichts zu tun. Die Dämonen sprachen sie nicht an und sie sah keinen Grund, es dem Zwerg gleichzutun und sich ebenfalls zu verneigen. Sie ging an den Gestalten vorbei und folgte ihrem Führer, der die Gänge entlang eilte, als könnte er es nicht erwarten, Sariel wieder loszuwerden.
Nachdem sie im zweiten Stock angelangt waren, blieb der rote Turban endlich vor einer Tür stehen, riss sie auf und trat zurück.
„Das ist euer Zimmer. Ich hoffe es gefällt Euch. Darf ich Euch einen Tee bringen oder ein anderes Getränk?“ Noch während er sprach, verbeugte er sich. Seine Hand wies dabei auf das Zimmer, so als wolle er ihr bedeuten einzutreten.
„Danke. Ich hätte gerne einen Kaffee“, sagte Sariel und betrat den Raum. Er war größer, als erwartet. Zu ihrer Rechten befand sich ein Podest mit einem Himmelbett. Die weißen, durchsichtigen Vorhänge hingen bis auf den Boden und ließen dank ihrer Transparenz üppige Polster und eine goldbestickte Bettdecke erkennen.
Zu ihrer Linken war eine Sitzgruppe um einen niedrigen Tisch herum positioniert. Dahinter führten Flügeltüren auf eine Terrasse.
„Es ist wunderschön“, sagte Sariel an den Zwerg gerichtet.
„Freut mich, dass es Euch gefällt. Mein Name ist übrigens Dinarek. Wenn ihr etwas benötigt, könnt ihr Euch jederzeit an mich wenden. Euer Kaffee wird in Kürze gebracht.“ Die Tür schloss sich leise hinter Dinarek. Sariel ließ sich in einen der großen Sessel fallen. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie war.
Mit einem Ruck wachte Sariel auf und sah sich verwirrt um. Für einen Augenblick wusste sie nicht, wo sie sich befand. Dann fiel es ihr wieder ein. Sie war im Goldenen Stern .
Vor ihr auf dem Tischchen stand ein silbernes Tablett auf dem eine ebenfalls silberne Kaffeetasse und eine Kanne angerichtet waren. Sariel schenkte sich ein und nahm einen vorsichtigen Schluck. Der Kaffee war noch heiß, sie konnte also nicht allzu lange geschlafen haben.
Mit dem Getränk in der Hand stand sie auf und wollte gerade die Terrassentüren öffnen, als eine Stimme in ihrem Rücken erklang.
„Hier also seid Ihr!“ Sariel drehte sich so abrupt um, dass etwas von dem Kaffee überschwappte. Aber das war unwichtig. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass jemand unangemeldet ihr Zimmer betreten würde. Was sie noch mehr beunruhigte, war Tamiro. Der Panther sah den Eindringling mit funkelnden Augen an und fauchte. Jeder Muskel des Tieres war angespannt und kampfbereit. Seine Schwanzspitze zuckte nervös hin und her.
Der Dämon, der Sariel um einen Kopf überragte, und einen langen, schwarzen Mantel trug, lachte.
„Die Schmusekatze wird Euch nicht beschützen“, sagte er dann.
„Wer seid ihr? Und was habt ihr hier zu suchen?“, fragte Sariel. Sie hoffte, man konnte ihre Angst nicht hören. Hoffte, der Fremde war nicht hier, um sie zu töten. Mit einem Mal kam sie sich klein und hilflos vor. Sie mochte die Grundzüge des Kalari beherrschen, doch von diesem Dämon ging etwas Gefährliches aus. So, als verspeiste er kleine Mädchen zum Frühstück . Der Gedanke bewirkte so etwas wie eine kleine Rebellion. Ich werde ihm zeigen, wie gut sich kleine Mädchen wehren können.
„Fertig mit den Selbstgesprächen?“
Verdammt. Sie hatte vergessen, dass Dämonen Gedanken lesen konnten. Konzentriere dich , ermahnte sie sich selbst.
„Gute Idee.“ Der Dämon ließ sich in einen der Sessel fallen und lehnte sich zurück, als wäre er zu Besuch. Ohne eine Miene zu verziehen, sah er zu ihr auf.
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