Daemonenhunger
erleichtert und schöpfte neuen Mut. »Sie haben mir gesagt, ich solle Ihnen dienen, damit sie mir meine Sünden vergeben«, fuhr er fort und achtete genau darauf, das I von Ihnen auch wirklich als Großbuchstaben auszusprechen. »Sie haben mir befohlen, in den Park zu gehen und nach den Handlangern des Bösen Ausschau zu halten.«
Vincent spürte ein leises Zwicken in der Nase. Das war eindeutig eine Warnung, schließlich hatte er strengs te Anweisung, die Elfen nicht zu erwähnen. Immerhin hatte ihm niemand verboten, über kleine, geflügelte Geschöpfe zu sprechen. Diese Wesen waren sozusagen vogelfrei und konnten ihm helfen, sich aus der Affäre zu ziehen.
»Ich bin also in den Park gelaufen«, berichtete Vincent weiter. »Dort habe ich dann einen Haufen winziger Wesen«, seine Kopfschmerzen nahmen urplötzlich zu, »mit kleinen Flügeln auf dem Rücken gesehen.« Die Kopfschmerzen ebbten genauso plötzlich wieder ab. »Sie haben mich angegriffen, gefangen genommen und hoch oben in einen Baum verschleppt.«
»Das ist glatt gelogen.«
Vincent zuckte überrascht zusammen und wirbelte herum. Die beiden Geschöpfe, die er auf dem Straßenschild bemerkt hatte, schwebten direkt hinter ihm. Mit ihren surrenden Flügeln sahen sie aus wie Libellen, und die winzigen Körper schimmerten im Dunkeln.
»Frechheit. Das ist üble Nachrede, Clara«, sagte das männliche Wesen empört zu seiner Begleiterin. »Er redet über uns, als wären wir Elfen.«
»Wie seid ihr denn hier reingekommen?«, fragte Vincent.
»Wir sind dir gefolgt«, erwiderte Clara.
»Du hättest uns um ein Haar zerquetscht, als du die Tür ins Schloss geworfen hast«, sagte ihr Gefährte. »Und jetzt auch noch diese dreisten Lügengeschichten. Ich sollte dir den Kopf abreißen.«
»Ganz ruhig, Nod«, ließ sich Clara vernehmen. »Wahrscheinlich weiß er nicht, wer wir sind.« Sie sah zu Vincent auf. »Du hast noch nie postepochale Wesen gesehen, nicht wahr?«
»Post was?«, fragte Vincent ratlos.
»Mit wem sprichst du da?«, wollte Max wissen.
»Mit diesen beiden«, erklärte Vincent und trat beisei te, damit sein Bruder sie ebenfalls sehen konnte.
»Welchen beiden?«, fragte Max.
»Komm schon, sie leuchten sogar«, sagte Vincent und machte eine ungeduldige Handbewegung. »Irgendwas musst du doch erkennen.«
»Ich erkenne … überhaupt nichts«, erwiderte Max zögernd, aber sein Blick strafte die Worte Lügen. Irgendetwas nahm er wahr, so viel stand fest, auch wenn er nicht genau wusste, was er davon halten sollte. Max glaubte nämlich, genau wie die Eltern der beiden Jungen, durchaus an die Existenz übernatürlicher Wesen. Das war ein Eckpfeiler der Glaubenslehre des Triumvirats. Oben im Himmel gab es Engel und unter der Erde Dämonen. Welchen Reim machte er sich wohl auf diese Geschöpfe?
»Ich sehe nur deine sündigen Taten«, beharrte Max, blinzelte und schüttelte den Kopf. Er wollte es einfach nicht wahrhaben.
»Max«, sagte Vincent, während Nod und Clara leise aufstöhnten.
»Du denkst dir bloß irgendwelche Märchen über dämonische Wesen aus«, fuhr sein großer Bruder fort, »und wagst es außerdem noch, zu behaupten, das Triumvirat hätte ausgerechnet dich auf eine Mission geschickt. Glaubst du wirklich, ich falle darauf herein?«
»Okay, das war vielleicht ein bisschen weit hergeholt«, gab Vincent zu.
»Dieser Kerl verschwendet bloß unsere Zeit«, sagte Nod und schwirrte blitzschnell auf Max los.
»Stopp!« Vincent hechtete hinterher. Er verstand sich zwar nicht besonders gut mit seinem Bruder, wollte aber auch nicht, dass ihm etwas zustieß.
»Hey«, protestierte Nod, als der Junge ihn an seinem winzigen Bein festhielt.
Vincent war bass erstaunt, als ihn der kleine Mann einfach mit sich zerrte.
»Was machst du denn da?«, wollte Max wissen, der überhaupt nichts mehr verstand.
»Lass ihn los«, befahl Clara. Sie flog auf Vincent zu und trat ihm kräftig mit beiden Füßen in den Rücken.
Ein Stöhnen entfuhr Vincent, dem der Stoß die Luft aus den Lungen presste.
Als Vincent Nod völlig unerwartet losließ, wurde der Feenmann wie ein Katapult gegen Max’ Brust geschleudert.
Der Junge schrie auf, als er gemeinsam mit Nod in den hinter ihnen stehenden Altar krachte, woraufhin dieser unter lautem Getöse umkippte. Max blieb reglos liegen.
»Nod!« Entsetzt sprang Clara von Vincents Rücken und flog zu ihrem Begleiter hinüber.
Vincent ächzte und sackte auf dem Boden zusammen. Ihm tat einfach alles weh, und er
Weitere Kostenlose Bücher